«Die Alpsaison 2025 war bis jetzt in allen Regionen eine gute Saison.» Diese Bilanz zieht Selina Droz, Geschäftsführerin des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbandes SAV. Auch in Hinblick auf die Produktion von Milch und Fleisch könne bisher von einem guten bis durchschnittlichen Jahr ausgegangen werden. «Derzeit ist die Milchleistung der Tiere wegen des überständigen Grases am Zurückgehen», erklärt Droz.
Früherer Alpaufzug
An gewissen Orten herrsche ein Überangebot. «Die Tiere kommen nicht nach mit dem Fressen.» Auch die Trockenperiode Ende Juni und Anfang Juli habe Einfluss auf die Qualität des Futters. Dieses stand heuer schon früh bereit: «Vor allem auf den Hochalpen hatte es früh keinen Schnee mehr – und viel Gras», sagt Selina Droz. Die Alpaufzüge seien dieses Jahr deshalb wieder eher etwas früher erfolgt als im langjährigen Durchschnitt.
Ausgeblieben sind die Ende Juni befürchteten Versorgungsprobleme mit Wasser. «Daran sind wir noch einmal vorbeigekommen», gibt Droz Entwarnung. Mittlerweile habe es in praktisch allen Regionen ausreichend Niederschlag gegeben. Probleme verursachte dagegen die Moderhinke. «Im Kanton Schwyz konnten zwei Hochalpen wegen positiv getesteter Tiere nicht bestossen werden.»
Im August kommen die Wölfe
«Eher ruhig» sei es in vielen Regionen rund um den Wolf. «Noch», betont Selina Droz. Denn dies sei für die Jahreszeit üblich und sage nicht viel darüber aus, wie die Bilanz im Herbst aussehen werde. «Die meisten Risse müssen jeweils ab Mitte August erwartet werden», führt Droz aus. Denn dann haben die Wölfe Junge. «Die Welpen müssen versorgt werden», sagt Droz dazu. Von Wolfsangriffen betroffen seien derzeit vor allem das Unterengadin, wo sich ein neues Rudel gebildet habe, und die Region Guttannen im Berner Oberland.
Ernst ist die Situation laut SAV im Tessin: Dort wurden bis am 10. Juli bereits 112 Risse gezählt. Das stelle den Fortbestand vieler Tessiner Alpen akut infrage. Viele Älpler und Älplerinnen stellten sich derzeit die Frage, ob sich eine Alpung mit Schafen und Ziegen im nächsten Jahr überhaupt noch lohne. Handlungsbedarf ortet der SAV auch im Kanton Schwyz, wo erstmals ein Rudel gesichtet worden sei. «Die kantonalen Behörden sind dringend zum Handeln aufgefordert», so Droz.
Regional hat die Alpwirtschaft zusehends noch mit einem anderen Problem zu kämpfen: «Es ist gar nicht mehr so einfach, Alptiere zu finden», sagt Selina Droz. In gewissen Regionen mache sich mittlerweile eine gewisse Konkurrenz um die Tiere bemerkbar.
Erste Erfolge mit Drohnen
Können Drohnen auf Alpen eingesetzt werden, um verlorene Tiere wiederzufinden? In einem Pilotprojekt von SAV und Rehkitzrettung Schweiz (RKRS) sollen dazu Erfahrungen gesammelt werden. Einen ersten grossen Erfolg verbuchen konnte das Projekt am 20. Juli auf der Alp Niemet im Kanton Graubünden. Dort wurden 24 Mesen, sieben Rinder und zwei Kälber vermisst. Von Letzteren fehlte bereits seit zwei Wochen jede Spur. Dank einem von der Rehkitzrettung durchgeführten Drohneneinsatz konnten alle Tiere lebendig gefunden und gerettet werden. Die Kälber seien schliesslich mit dem Helikopter aus ihrer misslichen Lage befreit worden, teilt die Rehkitzrettung mit.
Organisiert werden die Einsätze über den SAV. Wer ein Tier vermisst, kann sich per SMS bei der Mobilnummer der Geschäftsleitung melden (079 552 53 80). Im SMS werden neben dem Stichwort «Tiersuche» Name, Adresse, Koordinaten der Alp sowie Art und Anzahl der gesuchten Tiere angegeben. Ein Drohnenpilot der RKRS nimmt dann Kontakt auf. Gemeinsam werde entschieden, ob ein Einsatz sinnvoll und möglich sei, heisst es dazu in einem Merkblatt des SAV. Wichtig sei, dass der Älpler oder die Älplerin während des Einsatzes vor Ort sei. Verrechnet wird vom SAV eine Pauschale von 150 Franken und eine Auto-Pauschale von 70 Rappen pro Kilometer.
Das Projekt soll klären, ob von Seiten der Alpbewirtschafter eine Nachfrage nach Tiersuche mit Drohnen besteht. Analysiert werden soll weiter, wie hoch die Erfolgsquote ist, ob Piloten gefunden werden, wie hoch die Zeitersparnis für die Alpbetriebe ist und inwiefern technische Schwierigkeiten Einfluss auf die Erfolgsquote haben. Wissenschaftlich begleitet wird das mehrjährige Projekt von Agroscope.
Die Suche nach Tieren, die sich auf den weitläufigen Alpweiden von der Herde entfernen und sich in anspruchsvollem Gelände verirren, sei häufig sehr zeit- und personalaufwändig. «Drohnen könnten bei dieser Suche eine wertvolle Hilfe sein», schreibt der SAV. Die rund 80 Drohnenpiloten der RKRS verfügten über eine Zusatzausbildung für die Tiersuche und die nötigen Flugbewilligungen und seien technisch sehr gut ausgerüstet.