Die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (Ekah) hat den gesetzlichen Auftrag, die Anwendung neuer gentechnischer Verfahren wie Cirspr/Cas in der Landwirtschaft aus ethischer Sicht zu beurteilen. In einer Mitteilung geht sie aber primär auf den Klimawandel ein und kritisiert das vom Bundesrat für den Agrarsektor gesteckte Treibhausgas-Reduktionsziel als «ethisch gesehen unzureichend».
Mehr als 40 Prozent nötig
Nach Ansicht der Ekah muss die Landwirtschaft in der Schweiz ihre klimaschädigenden Emissionen bis 2050 um mehr als die bisher geforderten 40 Prozent senken. Eine genaue Zahl wird in der Mitteilung nicht genannt. Es führe aber nichts daran vorbei, das Reduktionsziel zu erhöhen, sowie gleichzeitig die Anzahl Nutztiere «erheblich» zu verkleinern und mehr pflanzliche Nahrung für den Menschen anzubauen.
Im Übrigen seien die mit einem Verfehlen der Ziele des Pariser Klimaabkommens verbundenen Schadensszenarien «ethisch inakzeptabel».
Entscheidender Beitrag nicht zu erwarten
Im zweiten Teil ihrer Mitteilung geht die Ekah auf neue gentechnische Verfahren (NGV) ein. Es müssten die effektivsten und effizientesten Massnahmen ergriffen werden, um die landwirtschaftliche Produktion an die raschen klimatischen Veränderungen anzupassen. Eine Mehrheit der Kommission halte es aber für unwahrscheinlich, dass NGV in der knappen noch verfügbaren Zeit einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung und Steigerung der Ernteerträge leisten können. In jedem Fall müssten bestehende Technologien genutzt und alternative Lösungsansätze gefördert werden, war man sich einig.
Voreilig Chancen verpasst
Der Verein «Sorten für Morgen», die vom Bundesrat bis 2024 einen Vorschlag für die praktikable Regulierung von NGV einfordert, zeigt sich in einer Mitteilung erstaunt über die Resultate der Ekah. Die Kommission habe – trotz ihres gesetzlichen Auftrags – auf eine Einschätzung der ethischen Vertretbarkeit von NGV in der Landwirtschaft verzichtet. Aus Sicht des Vereins wären diese aber vertieft zu prüfen und sie «voreilig» abzulehnen, sei eine verpasste Chance. NGV könnten nicht nur im Zusammenhang mit dem Klimawandel bedeutsam sein, sondern auch beim Schutz des Trinkwassers, gefährdeter Ökosysteme, in Sachen Bodenverknappung oder bei «zerrütteten Lieferketten».
Ethische Beurteilung wenig hilfreich
Im Weiteren stört sich «Sorten für Morgen» an den Empfehlungen der Ekah bezüglich Reduktionszielen und Nutztierbestand. Damit nehme sich die Kommission Themen an, für die eine ethische Beurteilung wenig hilfreich sei. Ausserdem hält der Verein diese Belange bei den ausserparlamentarischen Kommissionen für besser aufgehoben.
«Nicht durchdachte und kurzsichtige Empfehlungen»
«Schuster, bleib bei deinen Leisten», rät der Schweizer Bauernverband (SBV) der Ekah. Aus der Stellungnahme des Verbands spricht Erstaunen und Entrüstung. Ihr gesetzlicher Auftrag scheine ihrem Ehrgeiz nicht zu genügen und mangels Fachwissen gebe die Ethikkommission nicht durchdachte und kurzsichtige Empfehlungen für Massnahmen in der Landwirtschaft ab. «Das erstaunt uns sehr», schreibt der SBV.
Zu Unrecht als Sündenbock dargestellt
Die Reduktion der Tierbestände nütze dem Klima «nicht das Geringste» heisst es weiter, wenn sich der Konsum nicht verändere. Zudem werde die Landwirtschaft zu Unrecht zum Sündenbock gemacht: «In der letzten 40 Jahren hat sich der Tierbestand um 20 Prozent reduziert, der Rindviehbestand ging sogar um einen Viertel zurück», hält der SBV fest. Ausserdem sei der Agrarsektor für weniger als 15 Prozent der schweizweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich und könne seinen Ausstoss weiter reduzieren. Als Beispiele werden Biogasanlagen oder die Nutzung von Böden als CO2-Speicher als aktiven Beitrag zum Klimaschutz genannt. «Das alles ohne irgendwelche biotechnologischen Methoden.»
Der SBV findet es schade, dass die Ekah versuche, Politik zu machen. Das schwäche ihre Glaubwürdigkeit.
Zwei neue Mitglieder
Zu den Mitgliedern des Vereins «Sorten für morgen» zählen seit neuestem auch der Berner Bauernverband und die Swiss Convenience Food Association (Scfa). Alle Mitglieder sind auf der Website des Vereins aufgeschaltet.