Aufgrund der herrschenden niederschlagsarmen Wetterlage zeichnet sich auf einigen Alpen im Kanton Glarus eine Wasserknappheit ab. Am 22. Juli 2022 musste eine erste Wasserlieferung per Helikopter auf die Alp Bodmen geflogen werden, berichtete die Staatskanzlei. Fritz Waldvogel, Präsident des Glarner Bauernverbands, spricht im Interview von einer angespannten Lage, aber grossen Unterschieden auf den einzelnen Alpen.

Wie ist die Situation auf den Glarner Alpen in Bezug auf die Wasserversorgung und die Futterverfügbarkeit?

Fritz Waldvogel: Die Wasserversorgung ist allgemein angespannt. Einzelne Alpen mussten Wassertransporte organisieren, mittels Fahrzeug, Pumpen oder sogar mit dem Helikopter. Beim Futterangebot ist die Menge zurzeit noch gut, die Qualität ist allerdings mässig. Das Problem ist, dass wenig Futter nachwächst.

«Die Futterqualität ist gut, aber es wächst zu wenig nach.»

Fritz Waldvogel zur Futterversorung auf den Glarner Alpen

In welchem Masse ist Ihr Betrieb betroffen?

Wir haben selber keine Alp. Wir geben zwei Drittel unserer Tiere auf drei verschiedene Alpen, die zum Glück alle genügend Wasser und Futter haben. Auf unserem Betrieb ist der Futterertrag im Durchschnitt und das Wasser kommt von der öffentlichen Wasserversorgung. Da haben wir nebst der Aufforderung, sorgsam mit dem Wasser umzugehen, keine Einschränkung.

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Ist eine frühzeitige Abalpung auf gewissen Alpen ein Thema?

Um hier eine Aussage zu machen, ist es noch zu früh. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Abalpung kein Thema. Wir hatten in den letzten Tagen vereinzelt Niederschläge, so dass sich die Wiesen in tieferen Lagen erholen dürften. Eine Abalpung wegen Wassermangel wird nötig, wenn kein Wasser mehr transportiert werden kann.

«Eine Abalpung wird erst zum Thema, wenn kein Wasser mehr auf die Alpen transportiert werden kann.»

Fritz Waldvogel zu einer möglichen frühzeitigen Entladung der Alpen

Wie steht es um die Wasserversorgung auf den Glarner Alpen allgemein?

Wir haben in der Regel viel Niederschlag in unserem Kanton. Darum würde ich sagen, dass die Wasserversogung auf unseren 120 Alpen eigentlich gut ist.

Haben die Betriebe seit dem Hitzesommer 2018 vorsorgliche Investitionen in die Wasserversorgung getätigt?

Die Sanierung von Wasserleitungen etc. ist auf den Alpen ein Dauerthema. Es werden auch entsprechende Investitionen gemacht von den Eigentümern. Das sind in unserem Kanton vor allem die Gemeinden. Aber auch die Bewirtschafter resp. Pächter selber ergreifen entsprechende Massnahmen.

Wie unterstützt der Glarner Bauernverband Sömmerungsbetriebe, die mit Wasserknappheit zu kämpfen haben?

Wir stehen im engen Austausch mit der Abteilungen Landwirtschaft und der Abteilung Umweltschutz für allfällige Ausnahmegenehmigungen wie zum Beispiel Wasserentnahmen aus Seen. 

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Aufgrund des Klimawandels wird angenommen, dass Trockenperioden öftersvorkommen werden. Gibt es eine Strategie, wie man damit auf den Alpen umgehen soll?

Eine allgemeine Strategie gibt es nicht. Die Situation auf unseren Alpen ist sehr unterschiedlich. Auch dieses Jahr gibt es die ganze Breite – von kein Problem bis prekär. Die Wasserversorgung hat höchste Priorität, aber die Massnahmen dafür sind sehr unterschiedlich. Wir sprechen da von Investitionen in Wasserfassungen und -leitungen und Zisternen, das Management der Weideführung oder die Art der Bewirtschaftung.

«Die Wasserversorgung hat höchste Priorität, aber die Massnahmen dafür sind sehr unterschiedlich.»

Fritz Waldvogel zur Strategie, die Wasserversorgung sicherzustellen

Lassen Sie uns noch über ein anderes Thema sprechen, den Wolf. Zu Beginn der Alpsaison hatte der Kanton Glarus innert kurzer Zeit eine grosse Anzahl gerissener Nutztiere zu beklagen. Wie ist die momentane Situation mit dem Wolf?

In den Monaten Mai bis Juli wurden rund 50 Schafe und Ziegen gerissen. Zehn Tiere wurden ­verletzt, 17 werden vermisst. Grossvieh wurde bisher nicht angegriffen. Die angegriffenen Nutztiere wurden in geschützten Herden oder auf nicht schützbaren Weiden gerissen. Nur wenige Herden waren ungeschützt. Ein Wolf wurde zum Abschuss freigegeben. Beim Kärpfrudel wurde ein Gesuch zur Regulierung gestellt.