Die heute üblichen Konzepte für Laufställe haben zwei Nachteile, wie das FiBL-Merkblatt «Laufställe für horntragendes Milchvieh» feststellt: Zum einen würden sie das natürliche Verhalten der Tiere zu wenig berücksichtigen und seien andererseits ganz auf hornlose Kühe ausgerichtet. Dass Kühe mit Horn auch im Laufstall gehalten werden können – und vor allem wie – erklären die Fachleute auf 28 Seiten im Detail.
Genügend Platz in allen Bereichen
Hornkühe haben eine grössere Individualdistanz, halten ihre Artgenossen also weiter auf Abstand als Tiere ohne Horn. Um Verletzungen, Unruhe oder mangelnder Leistung rangniederer Tiere vorzubeugen, sei daher der Laufstall entsprechend grosszügig zu dimensionieren. Das Merkblatt nennt folgende Punkte:
- Eine Trennung der Funktionsbereiche (Fressen, Schlafen, Laufen) ist sinnvoll.
- Grosszügige Durchgänge ohne Sackgassen und Hindernisse, um Ausweichmöglichkeiten zu bieten.
- Überzählige Liegeboxen sowie mindestens 1-2 zusätzliche Einzelbuchten pro 25 Kühen einplanen
- Boxengrösse mindestens 2,5 x 4 Meter.
- Stützen und Heuraufen dürfen weder die Bewegungsfreiheit noch die Übersicht einschränken.
- Tränken, Viehbürsten usw. sollten von drei Seiten frei zugänglich sein.
Fressgitter sind sinnvoll, aber nicht alle geeignet
Um für Ruhe und Sicherheit während der Hauptfütterungszeiten zu sorgen, empfiehlt man beim FiBL verschliessbare Selbstfanggitter. Die Abmessungen müssen zur Körpergrösse der Kühe passen und im Kopfbereich für die Hörner möglichst viel Platz bieten. Weiter sollten die Tiere einen ungehinderten Blick nach hinten haben, um auf mögliche Bedrohungen reagieren zu können.
Im Merkblatt finden sich drei Fressgitter-Empfehlungen aus der Praxis: «Typ Eidgenoss», entwickelt von Landwirt Christian Müller, «Typ Rondo» von B+M Haus- und Agrotech AG sowie «Typ Donau» von der Zimmermann Stallbautechnik AG.
Liegebereich mit Boxen oder flächig
Im Gegensatz zur Norm nennt das FiBL pro Kuh eine Liegefläche von 8 statt 5 m2 als empfehlenswert. Vor- und Nachteile haben sowohl Liegeboxen als auch freie Liegeflächen mit Tiefstreu oder Kompost, letztere kann man aber mit geeigneten Massnahmen umschiffen. So bestehe das Problem fehlender Ausweichmöglichkeiten nach vorne bei klassischen Boxen ohne Sperriegel nicht. Da ein vorderer Boxenausgang in der Regel nur von wenigen Kühen oder im Notfall benutzt werde, sei nicht mit arbeitstechnischen oder hygienischen Schwierigkeiten zu rechnen. Flexible Boxenbügel ermöglichen zusätzlich die seitliche Flucht. Auf der anderen Seite können überlegt platzierte Strukturelemente verhindern, dass einzelne Kühe alle anderen aufjagen oder aber ganze Bereiche besetzen.
Was für Hornkühe nicht funktioniere, sei das System Tretmist, da es eine gewisse Besatzdichte voraussetzt und mit dem grösseren Platzbedarf horntragender Tiere daher nicht vereinbar ist.
Besser im Einzelmelkstand
Beim Melken gilt wie in allen anderen Stallbereichen das Ziel, möglichst viel Ruhe zu ermöglichen. Im Warteraum verhelfen eine quadratische statt schlauchige Form sowie Sichtbarrieren oder Beschäftigungsmöglichkeiten dazu, weil die Kühe einander so besser aus dem Weg gehen können. Beim Melkstand gelten Einzel- statt Gruppenmelkstände als besser für Hornkühe geeignet. Möglich ist auch das Melken im Fressgitter, in der Anbindung oder mit dem Melkroboter.
Der Umgang ist mitentscheidend
Neben vielen technischen Hinweisen zur Gestaltung von Ställen für horntragendes Milchvieh bietet das Merkblatt auch Tipps zum Management. Damit lässt sich eine ruhige Herde fördern. «Bei sehr gutem Management und intensiver Betreuung sind die Tiere ruhiger und etwaige Probleme werden sofort erkannt», halten die Fachleute fest. Daher könne man in diesem Fall auch mit einem geringeren Platzangebot arbeiten.
Das Merkblatt «Laufställe für horntragende Milchkühe» finden Sie hier