Gehen Stuckis mit ihren Tieren an eine Ausstellung, ist das meistens ein Familienprojekt. Das fängt schon bei der Anmeldung an und hört erst auf, wenn alle Tiere wieder gesund zurück im Stall sind. «Eine Kuhausstellung ist für uns wie Ferien, dafür nehmen die Kinder gerne schulfrei», sagen Susanne und Ruedi Stucki aus Schangnau. Ihre vier Kinder Christof, Nadja, Tamara und Alina habe man nie gezwungen mitzumachen. Sie seien einfach da hineingewachsen – und diese Begeisterung zahlt sich aus. An der Junior Expo in Thun vor ein paar Wochen holten sie mit ihrem Swiss-Fleckvieh-Rind Hanova den Championtitel. Die Kinder haben die Tiere allein an der Junior Expo betreut und vorgeführt. Dass sie am Schluss mit einem ihrer Tiere den Titel ins Schangnau holen konnten, löste nicht nur bei den Kindern Freudentränen aus, auch bei den Eltern auf der Tribüne waren Gänsehautmomente garantiert.
Mit tadellosem Fundament
Wir treffen die Familie Stucki auf ihrem Betrieb auf 1085 m ü. M. in der Bergzone II in Schangnau. Das Wohnhaus liegt etwas abseits von der Scheune, mit grandiosem Blick auf den Hohgant. Alle sitzen am Küchentisch, erzählen, warum ihr Herz für die Viehzucht schlägt. «Wir leben hier vom Verkauf von Zuchtvieh», sagt Ruedi Stucki. Und wenn es dazu noch eine schöne Kuh ist, habe man auch nichts dagegen, das zahle sich auch im Portemonnaie aus.
So ist der reine Milchwirtschaftsbetrieb angewiesen auf eine problemlose Kuh. Denn diese müsse während der Vegetation das Futter auf den Weiden selbst suchen, im Stall wird nur noch mit wenig Heu nachgefüttert. «Die SF-Kuh ist daher die richtige für uns», sagt Susanne Stucki. Alle nicken dabei und schwärmen von der Rasse. Da der Betrieb seit 1996 nach Biorichtlinien bewirtschaftet wird, könne man hier oben schlecht einer Holsteinkuh gerecht werden. «Warum die Rasse wechseln, wenn man damit zufrieden ist?», so der einhellige Tenor. Beim Stallrundgang wird klar: Stuckis suchen eine rahmige Kuh, mit tadellosem Fundament und guter Euterform. «Natürlich müssen sie auch was leisten können», sagt der Züchter. Ihre Zuchterfolge sprechen für sich. Zurzeit stehen sieben 98-punktige Kühe in ihrem Stall.
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Viele Stiere im Natursprung
Der grösste Teil der Tiere wird im Natursprung mit den eigenen Stieren besamt. «Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht», sagt der 17-jährige Sohn Christof. Auch «sein» Rind, Stuckis Leonard Hanova, das an der Junior Expo Thun für Furore sorgte, stammt von einem Natursprungstier ab. «Es hat, neben viel Ausdruck, auch eine starke obere Linie, ist tief in der Brust und breit im Becken», schwärmt er von seinem Schützling. Der Natursprungstier Leonard, den sie eingesetzt hätten, sei ein Tom-Sohn aus einer Orlando-Tochter aus der Zucht von Heinz Schenk vom Knubel in Eggiwil BE gewesen. «Wir haben einige schöne Rinder von ihm im Stall, und ich bin gespannt, wie sich Hanova weiterentwickelt, wenn sie im April zum ersten Kalb kommt», so Ruedi Stucki. Heute stehen zwei Stiere in ihrem Stall: zum einen der rassige Tommy-P-Sohn Dorion aus ihrer schönen Kilian-Tochter Moser’s Kilian Doria und zum anderen der eindrückliche Unternaehrer Madison Osiris P, ein Vollbruder zur Mutter des bekannten Stiers Tommy P. «Von beiden Stieren erwarten wir sehr viel, nicht zuletzt auch wegen ihres Vaters Tommy P», so der Landwirt.
Einander gerne unterstützen
Sohn Christof hat das Rind Hanova an der Junior Expo in Thun selber am Halfter zum Sieg geführt. «Ich habe meine Schwestern gefragt, ob es eine von ihnen präsentieren wolle», so der Jungzüchter. «Nein, nein, da haben wir selten ein ‹Gstürm›», sagt seine Schwester Nadja. Man freue sich gemeinsam über den Erfolg. Und schliesslich durfte jedes von Stuckis Kindern ein Rind in Thun präsentieren. «Wir unterstützen sie dabei natürlich gerne, und wir müssten lügen, wenn wir sagen würden, wir hätten keine Freude daran», sagen Susanne und Ruedi Stucki zufrieden.
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Klauenpfleger auf 80 Betrieben
Da Ruedi Stucki viel als Klauenpfleger unterwegs ist, ist es seine Frau Susanne, die mit den Kindern oft die Stallarbeit übernimmt. Es sind rund 80 Betriebe mit ihren Kühen, wo Ruedi Stucki im Frühling und Herbst die Klauenpflege übernimmt. Das Nebeneinkommen nehme man sehr gerne und biete dem Betrieb mehr Investitions-Freiheit, sagt er. «Doch ohne meine Frau Susanne würde es nicht gehen», meint der Landwirt anerkennend. «Ja, am Morgen mache ich vielfach den Stall fertig und fange am Abend damit an», sagt Susanne Stucki.
Sie, die auch künstlerisch sehr begabt ist, ist in der Region als Holzschnitzerin bekannt. «Es ist vielmehr ein Hobby», beschwichtigt sie. Geschnitzte Spiegelumrandungen mit verschiedenen Sujets sind ihre Passion. Seit über 20 Jahren fertigt sie diese Kunstwerke an. «Es kommen Anfragen von Privaten wie auch von Schwingfesten oder Vereinen», erzählt die Bäuerin.
Natürlich mit Milchkühen
Wie der Betrieb in zehn Jahren aussehe, könne man zurzeit nicht sagen: «Unser Sohn Christof ist im letzten Lehrjahr als Landwirt unterwegs», sagt die Familie. «Danach lerne ich noch Elektriker», ergänzt der Junior selbstbewusst. Einmal bauern will er auf jeden Fall, das sei klar, hält er fest. Natürlich mit Milchkühen, etwas anderes komme nicht infrage. Vielleicht könne man den Betrieb von heute 30 Hektaren noch etwas vergrössern, warum auch nicht?
Ob die Familie Stucki in zehn Jahren ihren Betrieb dann noch nach den Biorichtlinien bewirtschaften wird, sei aber nicht garantiert. «Die nächsten Jahre werden es zeigen. Doch eines bleibt bei uns erhalten: die Viehzucht und die Freude an einer schönen SF-Kuh.»