Höhere Leistung bedeutet mehr Milch, heisst mehr Geld in der Kasse. Diese Rechnung geht nur bedingt auf, denn bei milchbetonten Kuhrassen können die Kosten für Kraftfutterzukauf und Tierarzt steigen. Zweinutzungsrassen sind auch deshalb nach wie vor für die Milchproduktion wirtschaftlich attraktiv, zeigt eine Untersuchung von Agroscope und der HAFL. Dazu wurden Milchviehbetriebe in der Bergregion mit verschiedenen Kuhtypen (Original Simmentaler oder milchbetonte Rassen) in ihrer Wirtschaftlichkeit verglichen.

Weniger Milch, weniger Arbeit, tieferer Milcherlös

Wie man erwarten würde, fahren Betriebe mit Original Simmentaler (OS) eine extensive Strategie. Pro Tier steht eine grössere Hauptfutterfläche zur Verfügung, die Kühe geben fast einen Viertel weniger Milch und die Kosten für Ergänzungsfutter liegen tiefer als bei einem vergleichbaren Betrieb mit leistungsbetonter Rasse. Pro Tier wird aber auch 19 Prozent weniger Arbeit aufgewandt, halten die Forschenden fest, was etwa auf vermehrte Fütterung via Weide zurückgeführt wird.

Zwar liege der Milchpreis für bei OS-Betrieben durchschnittlich 7 Prozent höher, als Folge der kleineren Milchmenge fiel in der Studie der Milcherlös aber 16 Prozent tiefer aus.

Insgesamt trotzdem mehr Geld

Charakteristisch für Betriebe mit OS waren weiter höhere Nebenerlöse. Ins Gewicht fallen insbesondere um 18 Prozent höhere Direktzahlungen, einerseits durch grössere Einnahmen aus Versorgungssicherheits- und Kulturlandschaftsbeiträgen wegen durchschnittlich grösserer Gesamtfläche, andererseits doppelt so hohe Biodiversitätsbeiträge. Insgesamt resultiert so am Ende ein um Fr. 3'791.- höherer Gesamterlös.

Vorteile auf der Kostenseite

Der kleinere Arbeitsaufwand pro OS-Kuh schlägt sich in tieferen Personalausgaben nieder. Auf der Kostenseite zahlen sich bei der Zweinutzungsrasse ausserdem geringere Kosten für Tierarzt, Medikamente, Tierzukauf und v.a. Futter (22 Prozent tiefer) aus. Je kg produzierte Milch liegen laut Agroscope und HAFL OS-Betriebe und solche mit milchbetonter Kuhrasse in etwa gleich auf, was die Direktkosten angeht.

Unter dem Strich kamen die Forschenden auf ein höheres Hektareinkommen (+34 Prozent), eine höhere wirtschaftliche Arbeitseffizienz (+76 Prozent) und eine um 14 Prozent günstigere Milchproduktion für die OS-Höfe.

Die Erlösstruktur diversifiziert

Man könnte sagen, in der Studie wurden nicht nur Betriebe mit unterschiedlichen Kuhtypen verglichen, sondern auch unterschiedliche Ausgestaltungen der Milchproduktion. Landwirt(innen) mit OS haben ihre Erlösstruktur breiter diversifiziert, schreiben Agroscope und HAFL. Die höheren Nebenerlöse können den tieferen Micherlös mehr als wettmachen und der höhere Milchpreis kompensiert die Mindermenge teilweise. Der Alpkäseverkauf oder allenfalls ein höherer Anteil Käsereimilch im gesamten Verkaufsvolumen dürften zu einer höheren Wertschöpfung beitragen. Gleichzeitig verfüttern OS-Betriebe offenbar weniger Milch an ihre Kälber, die Jungtiere brauchen pro kg Zuwachs weniger davon und eine hohe Eigenremontierung senkt die Kosten für den Tierzukauf.

Selbst wenn beide verglichenen Betriebstypen denselben Milchpreis erhielten, würde laut Studie das Einkommen des OS-Betriebs um 21 Prozent und die Arbeitsverwertung um 39 Prozent höher liegen.

Liegt das am Kuhtyp?

Die Mehreinnahmen aus Beiträgen für die Biodiversität bringen die Autoren durchaus in Zusammenhang mit der Kuhrasse: «Tiefere Einzeltierleistungen erlauben eher eine Extensivierung der Futterflächen». Das sei vor allem dann der Fall, wenn eine bessere Fruchtbarkeit die saisonale Abkalbung ermögliche und damit qualitativ schlechteres Futter von extensiven Mähwiesen gezielter eingesetzt werden kann. «Milchbetonte Betriebe erkaufen sich die höhere Produktivität und damit den höheren Milcherlös mit mehr Ergänzungsfutter, aber auch mit höheren Begleitkosten im Bereich Gesundheit, Fruchtbarkeitsmanagement (Besamung) und Tierzukauf».

Das Erfolgsrezept: Standortgerecht

Im Falle von OS-Betrieben im Berggebiet sei die Milchleistung der Tiere an die Futterbasis angepasst, halten die Forschenden fest. Ein wichtiges Erfolgsrezept ihrer wirtschaftlicheren Produktion liege daher in der Anpassung an den Standort. Simmentaler seien überdies geländegängig, weidetauglich und mit Körperreserven auch für karge Zeiten gut gerüstet. Gute Gesundheit und Fruchtbarkeit nennt man als weitere Pluspunkte der Zweinutzungsrasse. Mit extensivem Futterbau, Weidehaltung und saisonaler Abkalbung könnten die lokalen Ressourcen offensichtlich wirtschaftlich erfolgreicher in Wert gesetzt werden.

Eine milchbetonte Rasse trage heute nicht mehr per se zu einer besseren Wirtschaftlichkeit bei, so die Schlussfolgerung.

Die vollständige Studie «Bergmilchproduktion mit Zweinutzungskühen – alter Zopf oder wieder rentabel» finden Sie hier.

So ging man vor
Agroscope und HAFL haben von 19 zufällig ausgewählten Betrieben mit Original Simmental anhand von mehrjährigen Buchhaltungsdaten (2018-2020) und Interviews eine detaillierte Betriebszweigsanalyse erstellt. Als Vergleichsgruppe dienten 56 Betriebe aus der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten.