Das Thema Tierwohl ist zurzeit in aller Munde. Viele setzen sich dafür ein, doch gibt es starke Meinungsunterschiede in den verschiedenen politischen Lagern, ab wann man von «guter Tierhaltung» sprechen kann. Die Diskussionen verlaufen meist emotional – verstärkend kommt hinzu, dass das Tierwohl eine nicht messbare Angabe ist.

Bei der Maturaarbeit von Erika von Euw geht es zwar nicht per se um das Tierwohl, doch aber um die Tiergesundheit, welche im Endeffekt auch Einfluss auf das Tierwohl hat. Genauer gesagt: Bei ihrer Maturaarbeit hat sie sich mit der Frage befasst, welches Aufstallungssystem beim Faktor Tiergesundheit besser abschneidet – der Anbinde- oder der Laufstall (so untersuchte sie den messbaren Aspekt des Tierwohls).

Unvorhergesehene Resultate

Erika von Euw, die in einer Familie mit zwei Brüdern auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Ingenbohl, Kanton Schwyz, aufwuchs, interessiert sich schon seit sie denken kann für die Landwirtschaft. «Am Familientisch geht es sehr häufig um dieses Thema: Wann wird gemäht, wie geht es den Tieren und so weiter», sagt von Euw.

Für ihre Maturaarbeit fragte sie 866 im Kanton Schwyz wohnhafte Landwirte an (153 Umfragebogen wurden ausgefüllt), deren Tiere in Lauf- oder Anbindeställen untergebracht sind. Bei diesen Fragen ging es unter anderem um die Häufigkeit von Klauenerkrankungen, Höhe der Zellzahlen und um die durchschnittliche Anzahl Laktationen der Tiere. So konnte Erika von Euw die beiden Aufstallungssysteme aufgrund von mehreren tiergesundheitlichen Aspekten miteinander vergleichen.

«Als die Resultate herausgekommen sind, war ich sehr überrascht, dass die Anbindeställe besser abschnitten. Das hätte ich nicht gedacht», betont die junge Maturandin. «Ich dachte, als ich mit der Arbeit anfing, dass Anbindeställe sehr wahrscheinlich nicht so schlecht abschneiden werden, wie alle immer denken. Dass sogar das Gegenteil der Fall war, auf das war ich nicht gefasst.» 

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System per se nicht relevant

Ist es möglich, eine objektive Maturaarbeit zu verfassen, wenn man selbst auf einem elterlichen Betrieb mit Anbindestallhaltung aufwächst? Auf diese Frage meint Erika von Euw: «Natürlich hat es einen Einfluss, vor allem, wenn man weiss, wie gut die Tiere hier gehalten werden. Jedoch ist es natürlich wichtig, neutral zu bleiben. Letztlich bin ich fest davon überzeugt, dass jeder Landwirt gut zu den Tieren schaut, egal mit welchem Stallsystem.»

In diesem Zusammenhang, erwähnt sie, dass Landwirte sich immerhin 365 Tage im Jahr um ihre Tiere kümmern und dies nur möglich sei, wenn man mit voller Leidenschaft dabei sei. Laut von Euw komme es nicht auf das System selbst an, sondern darauf, dass man sich richtig um die Tiere kümmere.

Doch zurück zum Tierwohl – auf die Frage, ob die Tiere nicht an Bewegungsmangel leiden würden, wenn sie mehrheitlich im Stall angebunden sind, findet Erika von Euw auch klare Worte: «Natürlich empfehle ich hierbei stark, das RAUS-Programm zu erfüllen, damit sich die Tiere zur Genüge bewegen können.» Dass dies ausreiche, stellt sie öfters durch eigene Beobachtungen fest. «Es gibt immer mal wieder Kühe, die an manchen Tagen lieber im Stall bleiben würden, wenn wir sie auf die Weide treiben», erzählt sie. Zudem habe man im Laufstall ab und an Rangkämpfe, die auch zu Verletzungen führen könnten.

Probleme mit Klauenerkrankungen

Ausserdem sei es schwieriger, Laufställe sauber zu halten. «In meiner Arbeit hat sich gezeigt, dass die Zellzahl bei Laufstallbetrieben höher ist», erwähnt Erika von Euw. Darüber hinaus stellt sie immer wieder fest, dass in Laufställen der Klauenabrieb durch die rauen Böden zu Klauenverletzungen führen könne. Zudem seien im Laufstall sonstige Probleme mit den Klauen öfters eine Herausforderung, was sich auch mit dem Resultat ihrer Arbeit bestätigte: «Trotz häufigem Reinigen durch den Mistschieber ist der Boden stets feucht. Dies begünstigt Klauenkrankheiten, wie beispielsweise Mortellaro.» Zudem sei dadurch, dass die Kühe frei herumlaufen, die Übertragung von Krankheitserregern extrem begünstigt, ergänzt die Schwyzerin.

Ein klares Nein

Gerade in dieser Zeit vor der Abstimmung zur Massentierhaltungs-Initiative ist es jedem ein Anliegen, dass die Tiere genügend Platz haben. Als letzte Frage des Gespräches mit Erika von Euw wollte die BauernZeitung ein kurzes Statement ihrerseits über die Abstimmung hören. Für sie ist es ganz klar, dass sie «nein» stimmen werde. Sie stehe hinter der Schweizer Landwirtschaft. Schliesslich werde alles minutiös kontrolliert. «Deshalb sehe ich keinen Grund, ‹ja› zu stimmen – natürlich muss man sich stets verbessern, jedoch finde ich, dass es hierbei andere Wege gibt als mit solch einer Initiative.»