Eine aktuelle Studie hat die Regenwurm-Populationen in britischen Landwirtschaftsböden untersucht. Zwar kommt die Arbeit zu dem Schluss, dass die meisten Felder im vereinigten Königreich genügend Würmer beherbergen. Allerdings bereitet ihre Vielfalt mehr Sorgen

Landwirte als Forscher

Für ihre Studie liessen britische Wissenschaftler Landwirte im Frühling 2018 Proben ihrer Böden nehmen. Sie zählten die Würmer in den 20 cm3 grossen Erdwürfeln aus und teilten sie in drei Kategorien ein: tief-, flachgrabende und streubewohnende. In den meisten (77 Prozent) der untersuchten Proben war mindestens ein Regenwurm, durchschnittlich waren es deren neun. Ein Zehntel der Felder zählte sogar 16 Würmer pro Würfel. Insgesamt wurden so 126 Felder untersucht.

Reduzierte Vielfalt 

Streubewohnende (epigäische) Würmer fehlten auf 21 Prozent der Äcker, tiefgrabende (anektische) Arten auf 16 Prozent. Flach- oder horizontalgrabende Regenwürmer wurden häufiger gefunden. In nur 15 Prozent der Felder waren alle drei Gruppen gut vertreten.

Zusammengefasst: etwas weniger als die Hälfte (42 Prozent) der untersuchten Flächen hatten suboptimale Populationen, das heisst es fehlte entweder an streubewohnenden, tiefgrabenden oder horizontalgrabenden Arten.

Ein Grund zur Sorge 

Gerade die Seltenheit der Tiefgraber ist beunruhigend, da diese Arten sich nur langsam vermehren. Daher können sich angeschlagene Populationen nur bedingt erholen. Ausserdem wäre es wichtig, auch bei den Regenwürmern Arten aller drei Gruppen im Boden zu haben, da sie unterschiedliche ökologische Aufgaben erfüllen:

  • Streubewohndende: zerkleinern organisches Material an der Oberfläche, dienen als Vogelfutter
  • Flach- oder Horizontalgrabende: mischen organisches und mineralisches Material und formen stabile Klumpen für das Bodengefüge
  • Tiefgrabernde: arbeiten organisches Material von weiter oben in den Boden ein und unterstützen den Wasserabfluss und die Durchwurzelung

Sind alle drei Gruppen in einem Ackerboden vertreten, können sie im Zusammenspiel die Fruchtbarkeit erhalten.

Ähnlich in der Schweiz

Die Online-Zeitung «InfoSperber» hat beim Agrarökologen Lukas Pfiffner vom FiBL nachgefragt, wie er die Situation in der Schweiz einschätze. Er sieht beim Rückgang der Regenwurmdichte und -vielfalt eine starke Ähnlichkeit zum Insektensterben.

In einem FiBL-Merkblatt zum Thema Regenwurm-Förderung werden die folgenden Massnahmen empfohlen:

  • Schonenden Bodenbearbeitung und sparsamer Pflugeinsatz (Pflug und schnell rotierende Geräte töten die Würmer direkt)
  • Hohen Bodendruck und Verdichtung vermeiden (sonst haben Würmer keinen Platz mehr in der Erde)
  • Düngung verträglich gestalten (Menge, Art und Zeitpunkt der Düngergabe sind wichtig)
  • Vielfältige Fruchtfolge (Sorgt für gute Futterversorgung der Bodenfauna)

Auch gegen Bodenschädlinge

Regenwürmer verbessern die Bodenfruchtbarkeit nicht nur dank der Belüftung durch ihre Gänge und die Einarbeit organischen Materials; sie können auch gegen Bodenschädlinge helfen. So verbreiten die Würmer, vor allem tiefgrabende Arten, insektenabtötende Nematoden und Pilze.

 

Regenwürmer als Plage

Nicht überall kann man sich ob der Würmer im Erdreich freuen. In Nordamerika gibt es keine eiheimischen Arten, da sie die Eiszeit dort und in Kanada nicht überlebt haben. Das Ökosystem im Boden dieser Gegend funktioniert anders: es gibt kaum sogenannte Makrozersetzter, die das Laub im Wald fressen. Deshalb ist die Erde in nordamerikanischen Wäldern normalerweise von einer dicken Laubschicht bedeckt.

Allerdings fanden europäische Regenwürmer ihren Weg auf den Kontinent. Tatsächlich sind sie bei Anglern als Köder sehr beliebt. So breiten sie sich nun unkontrollierbar aus.

Leider ist das Problem nicht auf Nordamerika beschränkt, denn auch in Australien, Afrika und Südamerika wurden verschiedene Wurmarten eingeschleppt und bringen den Boden aus dem Gleichgewicht. Wissenschaftler reden gar vom «global worming» oder von der Büchse der Pandora, die wohl Würmer enthalten habe, wie das Magazin «Spektrum» berichtet.