Ende letzten Jahres habe ich in einer landwirtschaftlichen Zeitschrift einen Artikel über das «Kontrollierte Ausschalten von Genen» gelesen. Im Zentrum stand das Crispr/Cas-Verfahren, das erlauben soll, kontrolliert Gene auszuschalten. Um damit einen neuen und «weniger» kritischen Weg der genmanipulierten Saatgutzüchtung zu begehen. Auch in der Schweiz wird versucht, diese Methode gesellschafts-, sprich bewilligungsfähig zu machen.

Diese Technologie verspricht die Lösung aller Probleme bis hin zum Klimawandel. Was aber steckt wirklich hinter dem Druck, den Agrarsektor mit diesen und ähnlichen «neuen» Züchtungsmethoden zukunftstauglich zu machen?

Die Macht der Finanzmärkte 

Die Globalisierung hat vieles, unter anderem auch die Bedeutung und Funktion der Finanzmärkte, verändert. Grosse Vermögensverwalter mit ihren Fonds werden immer mehr zu wichtigen Anteilseignern der grossen Agrounternehmen. Die Interessen des Finanzkapitals gehen jedoch klar in Richtung Gewinnaussichten und Dividendenausschüttung. Die Agrounternehmen werden getrieben, in Technologien zu investieren, die diese Bedürfnisse befriedigen. Die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung der Landwirtschaft interessiert dabei nicht, im Gegenteil, sie soll abhängig und kontrollierbar werden.

Ein erster grosser Schritt war die Gentechnologie und damit die Möglichkeit der Patentierung von Saatgut. Auch wenn gerne geschrieben wird, dass sich die Bio-Branche nicht einig ist über die Crispr/Cas-Technologie, Fakt ist, dass auch diese Technologie zu Patenten und uns in eine Abhängigkeit der Agrounternehmen und damit letztendlich der Finanzwirtschaft führt. Mittlerweile sind wir so weit, dass auch konventionell gezüchtete Pflanzen über Patente geschützt werden können. Und unser Patentgesetz (selbstverständlich mit der EU-Gesetzgebung harmonisiert) erleichtert der konventionellen Züchtung die Ausgangslage nicht, mit möglichst vielen Ausgangssorten neue Züchtungen zu lancieren.

Die Züchtungshoheit zurückgewinnen

Und damit schliesst sich der Kreis wieder. Die Züchtung und damit die Hoheit über die Saatgutproduktion sind der Schlüssel für eine unabhängige Land- und Agrarwirtschaft. Unsere Richtlinien beschreiben diesen Schlüssel auf wunderbare Weise. Die biologische Pflanzenzüchtung und Sortenentwicklung ist nachhaltig, ermöglicht genetische Vielfalt und vor allem, sie basiert auf der natürlichen Vermehrungsfähigkeit und respektiert natürliche Kreuzungsbarrieren. Sie basiert auf fruchtbaren Pflanzen, die eine funktionsfähige Verbindung mit dem lebendigen Boden herstellen können.

Wir tun gut daran, alles daran zu setzen, die Züchtungshoheit wieder vermehrt in unsere Hände zu nehmen und damit die Zukunft und Unabhängigkeit unserer Agrarwirtschaft eigenständig zu gestalten.