2020 fiel der traditionelle Zibelemärit in Bern aufgrund der Coronaviruspandemie aus – im Jahr darauf zerstörte der Hagel die Ernte von vielen regionalen Zwiebelproduzentinnen und -produzenten, sodass sie für den Anlass mit Mengenproblemen zu kämpfen hatten. Dieses Jahr sieht es besser aus: Die Ernte liege dieses Jahr mengenmässig leicht über dem Durchschnitt der Vorjahre – 2021 nicht eingerechnet, sagt Stefan Wyss, Fachstellenleiter Gemüsebau am Inforama in Ins.

Hitze sorgt für kleinere Zwiebeln

«Die extreme Hitze im Sommer ist den Zwiebeln allerdings nicht so gut bekommen – so sind die Anteile an grossen Zwiebeln deutlich kleiner als üblich», erklärt er weiter. Bei grossen Zwiebeln sei es deshalb auch bereits zu Importen gekommen. Daneben sei es schwierig zu beurteilen, wie sich die Hitze auf die Lagerfähigkeit auswirke. «So kann trotz guten Erträgen noch nicht abgeschätzt werden, ob die Zwiebeln aus inländischer Produktion bis zur neuen Ernte in 2023 die Nachfrage decken kann», meint Stefan Wyss.

Die gelbe Speisezwiebel belegt gemäss Statistik Platz sieben der beliebtesten Gemüse in der Schweiz. Rund 30’000 Tonnen des Lagergemüses wurden letztes Jahr geerntet – zusammen mit den weiteren gängigen Zwiebelsorten wie Metzger- oder Bundzwiebeln kommen die Schweizer Zwiebeln sogar auf eine Erntemenge von gut 47’000 Tonnen.
Die Anbaufläche von Zwiebeln hat laut Stefan Wyss in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und die gelben Speisezwiebeln inklusive Metzgerzwiebeln kommen dieses Jahr auf eine Anbaufläche von 997 Hektaren.

Für den diesjährigen Zibelemärit vom 28. November dürften die auffahrenden Produzentinnen und Produzenten genügend Ware haben – wenn auch etwas kleinere. Tatsächlich werden laut Verband der Schweizer Gemüseproduzenten an keinem Tag sonst so viele Zwiebeln an einem Ort verkauft und gegessen wie am Zibelemärit in Bern. Der Zibelemärit ist allerdings schon lange kein reiner Zwiebelmarkt mehr: Ausser Zwiebeln wird am Berner Zibelemärit auch anders Gemüse wie Lauch, Sellerie und Rüebli angeboten.

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410 Stände am Zibelemärit

Hinzu kommen Textilien, Schmuck, Keramik und Spielwaren. «Dieses Jahr werden 410 Stände am Zibelemärit aufgestellt – ein Drittel davon sind Zibele- und Gemüsemarktstände», teilt Marc Heeb, Co-Leiter des Polizeiinspektorats des Stadt Bern, auf Anfrage mit. Und bereits frühmorgens werden die kunstvoll geflochtenen Zwiebelzöpfe ausgelegt und die ersten Schaulustigen unterwegs sein. «Wir können die erwartete Besucherzahl immer nur schätzen, gehen aber von mehreren Zehntausend Besucherinnen und Besucher aus – natürlich wird dann auch das Wetter eine grosse Rolle spielen», so Marc Heeb.

Gelebte Tradition
Seinen Ursprung hat der Zibelemärit im 19. Jahrhundert, als Bauersfrauen aus dem Seeland mit Zwiebeln auf der Martinimesse in Bern auftauchten. Seit 2011 gehört der Märit auf die Liste der lebendigen Traditionen der Schweiz – zusammen mit Anlässen wie der Basler Fasnacht oder dem Zürcher Sechseläuten.

Nach wie vor sind die «Zibeletrütsche», die schön geflochtenen Zwiebelzöpfe, am Zibelemärit allgegenwärtig. «Früher oder später wird die schöne Tradition aber wohl aussterben, denn die jüngere Generation habe am Handwerk kaum mehr Interesse», meint Rolf Hediger, der für seinen Stand zusammen mit seiner Familie jeweils rund tausend Zwiebelzöpfe bindet. Tatsächlich sei das Binden der Zöpfe noch die kleinste «Büetz», erklärt er: «Das Kultivieren, Trocknen und Aufbereiten der Trockenblumen sowie die Vorbereitung der Zwiebeln sind weitaus aufwändiger.» So wird jede Zwiebel von Hand einzeln etwas abgeschält, damit sie am Zopf dann auch schön glänzt. Die Zwiebelzöpfe hätten heute auch einen anderen Wert als noch früher: Heute gehe es nicht mehr um das vorrätige Lagern der Zwiebeln – die Zwiebelzöpfe seien heutzutage vielmehr Geschenk- und Dekoartikel.