Herr Rufer, herzliche Gratulation zur Wahl. Hatten Sie diesen Posten schon länger im Visier?
Martin Rufer: Ich bin schon lange beim SBV, die Arbeit gefällt mir natürlich. Der Rücktritt von Jacques Bourgeois war jetzt eine Gelegenheit, die ich wahrgenommen habe. Es ist eine sehr spannende Aufgabe, auf die ich mich freue.

Wo müssen Sie sich noch weiterbilden, um den neuen Job gut zu machen?
Ich traue mir die neue Aufgabe zu, sonst wäre ich nicht ins Rennen gestiegen. Aber es ist schon so, dass man in allen Bereichen besser werden kann und muss.

Dem SBV wird gerne vorgeworfen, er sei zu bewahrend und reagiere zu langsam auf neue Entwicklungen. Sind Sie vom Typ her eher konservativ oder ein Reformer?
Vielleicht wird der SBV so wahrgenommen, weil wir uns für Rahmenbedingungen engagieren, unter denen die Landwirtschaft erfolgreich sein kann. Stabilität ist dafür ein wichtiges Element. Verlässliche Rahmenbedingungen sind grundsätzlich positiv. Das heisst nicht, dass man sich darin nicht bewegen kann. Wo wir aber sicher noch zulegen können, ist in den Marktthemen. Neue Ernährungstrends und erneuerbare Energien können durchaus Chancen bieten. Dort müssen wir schauen, dass wir dabei sind.

Wie meinen Sie das?
Beispielsweise müssen wir sicherstellen, dass die pflanzlichen Rohstoffe für Fleischersatzprodukte aus der Schweiz kommen. Auch im Bereich Klimadienstleistungen könnte es aus Wertschöpfungs-Optik spannend sein. Das sind Trends, die wir nicht  verpassen sollten.

Die AP 22+ kommt demnächst ins Parlament, wo sehen Sie die grössten Schwachpunkte?
Es sind drei Elemente, die aus meiner Sicht problematisch sind. Erstens wird es komplizierter bei gleichzeitig steigendem administrativem Aufwand. Zweitens wird der Selbstversorgungsgrad laut Botschaft um 5% sinken. Und drittens – auch das steht in der Botschaft – sinken die Einkommen um 265 Mio. Fr.

Geht es vor allem um Korrekturen bei den Produktionssystembeiträgen?
Ja, hier müssen wir sicherstellen, dass sie am Schluss mit vernünftigem Aufwand umsetzbar sind. Ebenso besteht eine Herausforderung darin, dass die Lebensmittelproduktion nicht stetig an Bedeutung verliert.

Ihr Präsident will eine stärkere Zusammenarbeit mit den Grünen, teilen Sie diese Stossrichtung?
Es ist ein Erfolgsgeheimnis des SBV, das wir keine Berührungsängste haben und in verschiedenen Allianzen zusammenarbeiten. Es gilt je nach Thema die richtige Allianz zu suchen und da haben wir mit den Grünen schon heute Berührungspunkte. Stichworte dazu sind Gentechnologie, Deklarationsfragen oder Anforderungen an Importe.

Ihr Vorgänger hat gesagt, die FDP wisse, dass für ihn immer zuerst die Bauern kommen und dann die Partei, ist das bei Ihnen auch so?
Ja, das ist klar. Meine Aufgabe ist es, die Interessen der Bauernfamilien zu vertreten und das steht immer im Vordergrund.

Die FDP hat bezüglich Bauernfreundlichkeit noch einige Baustellen, werden Sie versuchen, das zu ändern?
Es gibt auch in der FDP Kreise, welche die Landwirtschaft verteidigen. Letztlich geht es darum, die bäuerlichen Anliegen in alle Parteien reinzubringen, so dass es am Schluss Mehrheiten gibt.

Gibt es Bereiche, die Sie verbandsintern für reformbedürftig halten?
Ich habe das Gefühl, dass der Verband auch organisatorisch gut aufgestellt ist und ich sehe gegenwärtig keinen grundlegenden Reformbedarf. Wir werden die Strukturen aber überprüfen.

Das Machtzentrum des SBV verlagert sich nun stärker in die Deutschschweiz, wie wollen Sie das kompensieren?
Ich glaube wir haben einen relativ guten Ausgleich. Im Präsidium haben wir mit Anne Challandes und Fritz Glauser zwei Westschweizer Vertreter. Zudem wird Francis Egger zum Vizedirektor befördert und meine Nachfolge soll ein Vertreter aus der lateinischen Schweiz sein.

Jacques Bourgeois hat sich in Sachen Geschäftsführung eher zurückhaltend gezeigt, da Präsident Markus Ritter hier auch eine wichtige Rolle spielte, wollen Sie die Rolle aktiver interpretieren?
Ich will natürlich den Kurs des SBV mitbestimmen, das ist ja auch Aufgabe des Direktors. Ich werde meine Überlegungen einbringen und eine aktive Rolle spielen. Markus Ritter und ich kennen einander ja und haben bereits zusammengearbeitet. Ich bin sicher, dass wir gut harmonieren werden.

Wie wichtig ist der Einzug in den Nationalrat bei den nächsten Wahlen?
Das Nationalratsmandat ist für meinen Job nicht Grundvoraussetzung. Dass ich nicht im Parlament bin, hat Vor- und Nachteile. Bei den Wahlen 2019 habe ich nicht kandidiert. Ob ich 2023 antrete, werde ich zu gegebener Zeit analysieren.