Die Hofbeiz des Kulturhofs Hinter Musegg in Luzern konnte zwar kürzlich als erster Luzerner Gastrobetrieb mit der Drei-Sterne-Knospe «Bio Cuisine» ausgezeichnet werden. Der Gastronomiebereich ist und bleibt für Bioprodukte aber ein hartes Pflaster. Das bestätigt auch Astrid Burri, die Leiterin des Projektes «Bio Füür Zentralschwiiz».

Fehlendes Angebot

«Bio Füür Zentralschwiiz» wurde von den Zentralschweizer Biovereinen initiiert, um den Absatz von Bioprodukten im Gastrobereich anzukurbeln. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit würden die vier Zielgruppen Gastrobetriebe, Politik, Konsumenten und Produzenten stehen, erklärt Astrid Burri.[IMG 2]

Die erhöhte Nachfrage nach Bioprodukten während der Coronazeit habe gezeigt, dass viele Konsumenten in der Verpflegung auf Bio setzen würden. «Doch vielfach fehlen heute in der Ausser-Haus-Verpflegung noch die entsprechenden Angebote.» Für ein gediegenes Nachtessen mit lokalen und naturnahen Produkten finde man in vielen Regionen und insbesondere in urbanen Gebieten zwar heute schon entsprechende Lokale.

Anders sehe das aber bei grösseren Kantinen aus. Vielfach gehe es in solchen Verpflegungsangeboten mehr um eine schnelle und preiswerte Verpflegung, die positiven Auswirkungen von Bioprodukten würden hier oftmals verdrängt.

Gesunde Ernährung

Grosses Potenzial sieht Astrid Burri in Gesundheits-Institutionen wie Spitälern oder Pflegeheimen. «Auch hier muss ein Umdenken stattfinden. Zu einem umfassenden Gesundheitssystem gehört eine gesundheitsfördernde Ernährung und hier haben Bioprodukte entscheidende Vorzüge. Wenn wir es schaffen, dieses Faktum zu den Entscheidungsträgern zu bringen, haben wir schon viel erreicht.» Es gäbe auch in der Zentralschweiz schon schöne Beispiele wie das Alterszentrum Murhof in St. Urban, die den gesamtheitlichen positiven Einfluss der Ernährung erkannt hätten und Produkte von Biobauern in der Umgebung beziehen würden.

Ein weiteres positives Beispiel sei auch das OYM in Cham (siehe unten). Neben dem Mehrpreis der Bioprodukte sei aktuell auch deren Verfügbarkeit eine grosse Herausforderung. Gastrobetreiber würden es aus logistischen Gründen vielfach vorziehen, ihre Produkte von ein bis zwei Lieferanten zu beziehen. Vermehrt sei aber nun zu beobachten, dass auch grössere Gastrolieferanten Bioprodukte in ihr Angebot aufnehmen

85 Prozent Bioanteil in der Küche des Spitzensportzentrums OYM
Vor rund drei Jahre eröffnete das Spitzensportzentrum OYM in Cham. Auf der Grundlage von neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen trainieren in diesem Sportkomplex Skifahrer, Bobpiloten oder Leichtathleten. Die Verzahnung und das Zusammenspiel von Training, Gesundheitsmanagement, Forschung und Ernährung machen das OYM gemäss Executive Chef Christoph Schär einzigartig.

Aktuell verpflegten sich täglich rund 150 Spitzensportler(innen) im OYM. Der Eishockeyklub EVZ beziehe sämtliche Verpflegung, auch an den Spieltagen, aus der OYM-Küche. Der Anteil der Biolebensmittel liege bei über 85 Prozent, Tendenz steigend. Biolebensmittel in genügender und gewünschter Qualität zu erhalten, sei anfangs sehr anspruchsvoll gewesen. Mittlerweile laufe die Zusammenarbeit mit diversen regionalen Produzenten und Lieferanten erfolgreich. Oftmals sei man aber nur durch Zufall auf Bioproduzenten gestossen. Christoph Schär wünscht sich deshalb eine verbesserte Sichtbarkeit des Bioangebotes. Auch eine Digitalisierung im Bestell-, Liefer- und Rechnungsprozess würde vieles vereinfachen.[IMG 3]

Der Hauptgrund, auf Biolebensmittel zu setzen, war für OYM, dass ihnen das Biolabel die Sicherheit gäbe, keine hormonaktiven Substanzen in den Lebensmitteln der Spitzensportler zu haben.

Schwieriger erster Schritt

Der erste Schritt, vermehrt lokale Bioprodukte direkt vom Produzenten zu beziehen, sei für Gastronomen sicher mit einem Mehraufwand verbunden, erklärt die ausgebildete Gastronomin weiter. Eine engere Zusammenarbeit könne aber für alle eine Chance sein. «Der Landwirt erreicht so eine gewisse Liefersicherheit und der Gastronom bekommt dadurch hochwertige lokale Bioprodukte.»

Vielleicht benötige es zukünftig gar nicht mehr überall ein sehr breites Angebot auf der Menükarte, sondern einzelne Menüs mit frischen Produkten, regt Astrid Burri weiter an. «Auf der Menükarte soll das zu finden sein, was lokal verfügbar ist. Dazu muss natürlich auch beim Gast ein Umdenken stattfinden.» Der Konsument müsse bereit sein, für gesunde Lebensmittel einen fairen Preis zu zahlen.

Massnahmen- und Umsetzungsplanung Klima und Energie 2022–2026 Luzern

Um dieser Entwicklung mehr Schub zu geben, müsse mehrgleisig gefahren werden. Neben Projekten wie «Bio Füür Zentralschwiiz» sei auch die Politik gefordert, in öffentlichen Verpflegungsangeboten wie Schulen und Kitas einen Mindestanteil an biologischen Lebensmitteln verpflichtend vorzugeben. Städte wie Biel, Berlin oder Kopenhagen, wo teils Volksentscheide an der Urne zu mehr Bio in öffentlichen Kantinen führten, zeigten ja, dass dies möglich sei.

Auch im Kanton Luzern gehe es vorwärts. In der Massnahmen- und Umsetzungsplanung Klima und Energie 2022–2026 sei das Sicherstellen einer nachhaltigen Gastronomie und Verpflegung in Mensen und Kantinen explizit aufgeführt . Ab kommenden Sommer würden konkrete Massnahmen ausgearbeitet. Der Austausch mit Politikern sei ebenfalls entscheidend. Der Politik müsse die effektive Kostenwahrheit von Nahrungsmitteln aufgezeigt werden.

Grosses Potenzial im Gastrobereich für Biogemüse

Die zukünftig steigende Nachfrage bedinge, dass mehr Landwirte in die Bioproduktion einsteigen würden. Insbesondere beim Gemüse, welches bei Bio-Konsumenten einen sehr hohen Stellenwert habe, sieht Astrid Burri in der Zentralschweiz noch grosses Potenzial. Für eine erfolgreiche Vernetzung zwischen Bauern und Gastroanbietern sieht sie mehrere Möglichkeiten. Erste Kontakte könnten beispielsweise über Biomondo, den Online-Marktplatz der Schweizer Bio-Landwirtschaft, erfolgen. Auch lokale Wochenmärkte seien eine gute Möglichkeit, auf sein eigenes Angebot aufmerksam zu machen. Entscheidend sei zudem, sein persönliches lokales Netzwerk zu pflegen. Natürlich dürften sich Interessierte auch gerne bei «Bio Füür Zentralschwiiz» direkt melden.

Hoher Anteil an biologisch produzierten Lebensmitteln als Ziel in Luzern
In der Massnahmen- und Umsetzungsplanung Klima und Energie 2022–2026 des Kantons Luzerns wird auch die Thematik Gastronomie und Verpflegung aufgegriffen. Als Ziel wurde definiert, dass in den Mensen des Kantons Luzern eine nachhaltige Verpflegung angeboten wird, welche Nachhaltigkeitskriterien in den Bereichen Klimaschutz, Ressourcenverbrauch, Soziales und Gesundheit erfüllt. Der Treibhausgasausstoss soll reduziert werden und der Anteil an biologisch und nachhaltig angebauten, saisonalen und regionalen Produkten sowie Produkten aus fairem Handel ansteigen. Dies soll mit folgenden Massnahme erreicht werden: Eine nachhaltigen Gastronomie und Verpflegung mit einem hohen Anteil an biologisch produzierten Lebensmitteln in den selbst betriebenen Mensen der Mittel-, Berufs- und Hochschulen sowie in den Verwaltungen soll sichergestellt werden.