Die grosse Kammer hat am Dienstag eine weitere Teilrevision des Raumplanungsgesetzes mit 108 zu 83 Stimmen bei 6 Enthaltungen abgelehnt. Sie folgte dem Antrag der vorberatenden Raumplanungskommission (Urek), nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Urek sieht zwar Handlungsbedarf, hält die Pläne des Bundesrats aber für den falschen Ansatz.

Planungs- und Kompensationsansatz sei nicht umsetzbar

Sie hält insbesondere den vom Bundesrat vorgeschlagenen Planungs- und Kompensationsansatz für nicht umsetzbar. Dieser sieht unter anderem vor, dass eine Baubewilligung für einen nicht zonenkonformen Bau nur dann erteilt werden darf, wenn gleichzeitig Kompensations- und Aufwertungsmassnahmen ergriffen werden.

Zum Beispiel soll ein Bergrestaurant erweitert werden können, wenn im gleichen Gebiet ein störendes, nicht mehr genutztes Gebäude abgebrochen wird. Damit soll dem Grundsatz der Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet Genüge getan und gleichzeitig regionalen Bedürfnissen und Besonderheiten Rechnung getragen werden können.

Die Vorlage sei ein "absolut theoretisches Modell"

Die Vorlage des Bundesrats sei nicht praxistauglich, sagte Kommissionssprecher Mike Egger (SVP/SG). Es sei zum Beispiel fraglich, ob immer entsprechende Abbruchobjekte zur Verfügung stehen würden. Christian Wasserfallen (FDP/BE) sprach von einem "absolut theoretischen Modell", das nicht einmal innerhalb einer Gemeinde funktionieren würde.

Die Rückbaupflicht beim Wegfall der Baubewilligung stiess wegen der befürchteten Zusatzkosten vor allem bei den Bauernvertretern auf Kritik. Die Mehrheit hielt auch die geplanten Speziallandwirtschaftszonen für unzweckmässig, da aufgrund der Nähe zu Siedlungen neue Probleme entstehen könnten.

 

Der SBV zeigt sich zufrieden

Der Schweizer Bauernverband (SBV) zeigt sich mit dem Entscheid des Nationalrats zufrieden, wie er in einer Mitteilung schreibt. "Die Vorlage ist so dürftig und unausgereift, dass auf dieser Basis kein brauchbares Resultat erreicht werden kann", so der Verband.  Für den SBV sei vor allem die vom Bund vorgeschlagenen Strafbestimmungen, die Speziallandwirtschaftszonen für die Tierhaltung, die Beseitigungspflicht mit Grundpfand und der Planungs- und Kompensationsansatz nicht vertretbar.

 

"Arbeitsverweigerung" im Rat

Links-Grün setzte sich vergeblich für die Vorlage ein. Ohne neue Regelung steige der Druck auf die Kantone, Bauten ausserhalb der Bauzone zuzulassen, sagte Martin Bäumle (GLP/ZH). Das ebne den Weg für radikale Initiativen. Für die Landschaftsinitiative, die die Zahl von Gebäuden ausserhalb der Bauzone einfrieren will, werden derzeit Unterschriften gesammelt. SP-Sprecher Beat Jans (BS) warf dem Rat Arbeitsverweigerung vor. Schon heute gebe es 43 Ausnahmen für das Bauen ausserhalb von Bauzonen. Die Landschaft verschwinde unter Bauten und Anlagen. Es sei am Parlament, schwierige Fragen zu beantworten und Lösungen zu finden, sagte auch Bastien Girod (Grüne/ZH).

Offene Fragen

Weitgehende Einigkeit besteht im Nationalrat aber darüber, dass das Bauen ausserhalb von Bauzonen neu geregelt werden muss. Die Urek versuchte in den vergangenen Monaten, eine Motion als Basis für einen neuen Ansatz auszuarbeiten. Bisher ist das nicht gelungen. Das möge beunruhigend scheinen, bilde aber den Spagat ab, der zur Lösung des Problems gemacht werden müsse, sagte Stefan Müller-Altermatt (CVP/SO). Klar ist bisher lediglich die Stossrichtung einer Revision des Raumplanungsgesetzes. Die Revision von 2014 und die Zweitwohnungsinitiative haben zahlreiche neue Einschränkungen gebracht. Vor allem die Bergkantone, die über viele leerstehende Maiensässe, Ställe und Scheunen verfügen, wollen wieder mehr Spielraum. Im Parlament haben sie dafür erheblichen Rückhalt. Mit der vorgeschlagenen Revision möchte der Bundesrat diese Begehrlichkeiten in geordnete Bahnen lenken. Sonst werde man irgendeinmal nicht mehr sehen, wo ein Dorf beginne und wo das Land, sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Spätestens bei der Diskussion über die Landschaftsinitiative werde die Bevölkerung Antworten vom Parlament erwarten. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.