Nur gerade vier Tramstationen liegen zwischen dem Bellevue im Zentrum der Stadt Zürich und dem Hegibachplatz. Dort stauen sich zu den Hauptverkehrszeiten jeweils die Fahrzeuge, die sich von der Forch-autobahn her kommend ins Stadtzentrum quälen. Vom belebten Hegibachplatz dauert es zu Fuss gerade einmal eine knappe Viertelstunde bis zum Quartierhof Wynegg. Dieser liegt in einer grünen Oase der Ruhe, etwas oberhalb des botanischen Gartens der Universität Zürich. Er ist umgeben von einem gepflegten Bestand an älteren Wohnhäusern – abseits vom Verkehr, aber doch an zentraler Lage im angesagten Quartier Riesbach.


Im Jahr 1931 erbaut


Erbaut wurde der heutige Quartierhof im Jahr 1931 auf einem Grundstück des Kantons Zürich. Die Pächter betrieben auf dem Bauernhof Weinegg, der nach dem neuesten Stand der damaligen Landwirtschaftstechnik erstellt worden war, Milchwirtschaft und Obstbau. Gut 60 Jahre später, im Jahr 1995, ging die letzte Pächterfamilie in Pension. Während der Kanton auf dem Grundstück des Bauernhofs Pläne hinsichtlich einer Wohnnutzung hegte, engagierte sich der Quartierverein Riesbach zusammen mit anderen Organisationen für die Errichtung eines quartiernahen Hofbetriebs. Dieses Projekt wurde auch sofort gestartet und wuchs in den folgenden 20 Jahren kontinuierlich.  

Langfristig gesichert

An der Sitzung des Stadtzürcher Gemeinderats vom 25. Mai 2016 stimmte das Parlament einem Tausch von mehreren Liegenschaften und insgesamt 36 00 Quadratmetern Land mit dem Kanton einstimmig zu. Neben dem Quartierhof Wynegg tritt der Kanton auch drei Wohnateliers und einen Rebberg im Quartier Riesbach ab. Im Gegenzug erhält er von der Stadt fünf Häuser im Hochschulquartier. Beide Teile dieses Tauschpakets werden auf 20,37 Millionen Franken geschätzt. Damit wurde die langfristige Sicherung dieses auch soziokulturell wichtigen Quartierprojekts erreicht (vergl. Kasten).


Von Kindesbeinen an dabei


Lena Hochuli kennt den Quartierhof seit dem Jahr 2002. Sie ist im Seefeld aufgewachsen. Ihre Familie war Mitglied des Trägervereins. Und so trat sie im Alter von neun Jahren der Ponygruppe bei. Jetzt, da sie aus dem Pony-Alter etwas herausgewachsen ist, engagiert sie sich im Vorstand des Trägervereins Quartierhof Wynegg, in dem sie für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Zusammen mit Hofbetriebsleiter Hanspeter Landert erläutert sie, wie der Quartierhof Wynegg organisiert ist.

Vielseitige Aktivitäten

Basis des Quartierhofs sind elf Arbeitsgruppen, die weitgehend autonom funktionieren. So bewirtschaften zum Beispiel die rund 30 Mitglieder der Gartengruppe die ihnen zugeteilten Beete in eigener Regie. Für den Kräutergarten des Betriebs sind sie als Gruppe verantwortlich.

Die Naturschutzgruppe ist für die Förderung der Biodiversität auf dem Hof zuständig und pflegt den Hochstammobstgarten. Sie sorgt dafür, dass die wild wachsenden Brombeeren nicht überhand nehmen.


17 Mädchen und ein Knabe im Alter zwischen zehn und 23 Jahren betreuen die vier Ponies, drei Haflinger und das Freibergerpferd auf dem Hof.

Die Gruppe «Wynegg macht Schule» als weiteres Beispiel ermöglichte im vergangenen Jahr über 800 Kindern einen moderierten Besuch des Quartierhofs.

Rund 500 Personen beteiligt

Über ein Jahr gesehen beteiligen sich rund 500 Personen an den Arbeiten und Aktivitäten, die auf dem Quartierhof zu erledigen sind. Hofbetriebsleiter Hanspeter Landert ist der Einzige, der gegen Geld arbeitet. In einem 50-Prozent-Pensum koordiniert er die anfallenden Arbeiten und und übernimmt jene Tätigkeiten, welche die einzelnen Arbeitsgruppen nicht selber leisten können: Etwa die Fütterung der Tiere am Morgen. Oder die Bewirtschaftung von Gülle und Mist. Er sorgt auch dafür, dass der Hof nach den Grundsätzen der biologischen Landwirtschaft betrieben wird. Eine Bio-Zertifizierung des Quartierhofs wäre allerdings zu aufwendig, da eine solche für jede Arbeitsgruppe einzeln erfolgen müsste.


In einem 20-Prozent-Pensum ist Landert ausserdem für die Bewirtschaftung und die Vermietung der Remise zuständig. Diese ist an Wochenenden und zahlreichen Wochenabenden regelmässig für Feste vermietet. Sie wird zudem von einer benachbarten Schule als Mittagstisch genutzt. Am Mittwoch wird jeweils ein Mittagstisch für das Quartier angeboten.


Leistungsnachweis erbracht


Neben den Mitgliederbeiträgen und der Vermietung der Remise sind das jährliche Moschtfäscht und der Verkauf von Hofprodukten weitere Einnahmequellen des Quartierhofs. Diese Erträge übersteigen laut Hanspeter Landert die Beiträge der Stadt, welche der Hof für seine soziokulturellen Leistungen für das Quartier bezieht.

Hanspeter Landert und Lena Hochuli sind beide erstaunt und erfreut, dass der Landabtausch im Zürcher Stadtparlament einstimmig zustande kam. «Das zeigt, dass wir in den letzten Jahren einen Leistungsnachweis erbracht haben», sagt Hanspeter Landert. Er ist überzeugt, dass der Quartierhof auch einen Beitrag dazu leistet, den Leuten den wahren Wert von Lebensmitteln zu vermitteln.

Christian Weber