Bach einjähriger Bauzeit war der Stall der 73 ha grossen Ferme des deux sapins in Nonfoux VD Ende 2015 bezugsbereit. Ueli Leibundgut und seine Söhne Amaël und Amaury konnten die rund 100 Kühe einquartieren.
Der Hauptgrund für den Bau war nicht etwa der Wunsch nach mehr Platz, wie der Betriebsleiter erklärt. «Wir wollten vielmehr unsere Melkzeit verkürzen», sagt er und führt das Herzstück der Anlage, ein Melkkarussell von elf Metern Durchmesser und mit 22 Plätzen, vor. Hier melken zwei Personen zusammen die Holsteiner und Montbéliards in etwa einer Stunde. «Früher brauchten wir dafür doppelt so lange», sagt Leibundgut.
Den Überblick behalten
Eigentlich könnte jemand alleine die Arbeit erledigen. Denn viele Schritte laufen automatisch ab: Die Kühe werden durch einen Treibgang geschleust. Vor einem Gatter müssen sie warten, bis die Reihe an ihnen ist. Währenddessen erkennt sie ein Sensor anhand des Bands um ihren Hals.
Wenn sich dann die Tür öffnet und die Kuh in das Karussell eintritt, kann der Melker auf dem Computer sehen, wie viel Milch sie normalerweise gibt. Er putzt ihr das Euter, rüstet an und hängt die Melkmaschine an. Nach der Runde auf dem Karussell hängt die Maschine von selber ab. Hat die Kuh aber noch nicht alle Milch gegeben, stoppt das Karussell, bis auch dieses Tier fertig ist und hinausgehen kann.
Der Melker steht während der ganzen Zeit im Innern des Karussells. Es ist zwar umständlich, von dort aus hinauszugelangen, um beispielsweise eine widerspenstige Kuh anzutreiben. «Daher helfen sich meist zwei Personen», sagt Ueli Leibundgut. Das sei nicht weiter schlimm.
Ihn habe zudem ein grosser Vorteil von diesem Karusselltyp überzeugt: «Im Gegensatz zu demjenigen, bei dem der Melker ausserhalb arbeitet, haben wir bei diesem Karussell den besseren Überblick. Wir können schnell einschreiten, wenn eine Melkmaschine herunterfällt oder ein anderes Problem auftaucht.»
Anstelle des Roboters
Die Kühe haben sich schnell an den neuen Melkstand gewöhnt, wie Ueli Leibundgut zufrieden feststellt. «Der ganze Ablauf ist ruhig. Die Tiere zeigen keinen Stress.» Auch mit der Gesundheit der Herde und der Qualität der Milch ist der Bauer zufrieden. Die Viertel könne er an einer Hand abzählen und die Zellzahlen liegen unter 100'000.
Familie Leibundgut produziert Milch für Gruyère-Käse. Sie muss daher strengere Qualitätsanforderungen erfüllen. So wäre beispielsweise kein Melkroboter infrage gekommen. Dieser ist im Pflichtenheft der Sortenorganisation verboten. Das Karussell sei denn auch seine Alternative zum Roboter, bestätigt Leibundgut.
Eine Million Kilogramm Milch liefert er in die Gruyère-Käserei in Vuarrens VD. Pro Kilogramm erhalte er 80 Rappen. «Nur wegen des hohen Milchpreises lohnte sich der Neubau», sagt Leibundgut. Das Gesamtprojekt kostete 2,8 Mio Franken, 290'000 davon alleine das Melkkarussell.
Ungelegen kommt da eine veranlasste Reduktion der Milchmenge um zehn Prozent. «Das macht bei mir 100'000 Kilogramm Milch, die ich nicht liefern kann», rechnet der Landwirt. Noch sehe er aber keinen Grund zur Besorgnis. «Unser System ist effizient und liefert gute Qualität.» Und nächstes Jahr werde die Produktion hoffentlich wieder erhöht.
Jetzt Betriebsgemeinschaft
Ueli Leibundgut hatte nicht immer so viele Kühe. 2010 baute die Käsereigenossenschaft, deren Präsident er ist, eine neue Käserei. Als zwei Jahre später ein paar Bauern keine Milchkühe mehr halten wollten, suchte man nach Lösungen, um die Milchmenge aufrechtzuerhalten.
Leibundgut erklärte sich bereit, die Kühe zu übernehmen. Bis der neue Stall fertig war, hielt er die Kühe nach wie vor auf den verschiedenen Betrieben seiner Berufskollegen, deren Ställe er gemietet hatte.
Nun führen alle beteiligten Bauern zusammen eine Betriebsgemeinschaft: Leibundgut übernimmt die Kühe und melkt sie. Auf den anderen Höfen findet die Aufzucht statt. «Eine Aufteilung, die allen hilft», meint Leibundgut.
Deborah Rentsch