Immer mehr Landwirte geben die Milchproduktion auf und halten Fleischrinder. Kann Mutterkuh Schweiz jetzt davon profitieren?

Daniel Flückiger: Trotz der Milchkrise werden wir nicht von neuen Mutterkuhhaltern überflutet. Die Gründe dafür, dass die Umstellung auf Mutterkuhhaltung nicht stärker boomt, sind vielfältig: Die aktuelle Agrarpolitik, die Liquidität oder auch die Finanzen.

Viele Betriebe sind der Meinung, dass sie wegen dem aktuellen tiefen Milchpreis mit der Mutterkuhhaltung weiter kommen. Ist das so?

In den meisten Fällen sinkt mit der Umstellung von Milch- auf Mutterkuhhaltung das Einkommen aus der Rindviehhaltung. Dafür gewinnt man zeitliche Flexibilität, weil die fixen Melkzeiten wegfallen. Das ist vorteilhaft für andere Betriebszweige oder einen Nebenerwerb.

Wenn ein Landwirt von der Milch- auf die Mutterkuhhaltung wechseln will, was muss er dabei beachten?

Das Wichtigste ist, dass er Freude am Vieh und einen geeigneten Betrieb mit genügend Weideflächen hat. Er sollte sich die Umstellung gut überlegen und sorgfältig vorbereiten. Dafür bieten wir Kurse und Erstberatungen an. Hilfreich sind auch Gespräche mit Berufskollegen und Angebote der kantonalen Beratungsdienste, z. B. zu betriebswirtschaftlichen Fragen der Umstellung. Wer sich früh informiert, kann Geld sparen, zum Beispiel beim Aufbau der neuen Herde.

Mit was für Kosten muss ein Landwirt bei der Umstellung rechnen?

Je nachdem, wie die betrieblichen Voraussetzungen sind und wie gut geplant eine Umstellung erfolgt, sind die Kosten sehr unterschiedlich. Die grössten Kostenpunkte sind gewöhnlich die Investitionen in den Stall und in die neue Herde. Zu beachten ist auch die Liquiditätsplanung. In der Mutterkuhhaltung fällt nur einmal pro Jahr und Kuh ein Ertrag an. Am Anfang dauert es deshalb einige Zeit, bis die ersten Schlachttiere verkauft werden können und wieder Geld fliesst.

Welche Rassen boomen bei Mutterkuh Schweiz?

Auf höherem Niveau gewachsen ist bei den Mutterkühen sicher die Anzahl von F1-Kreuzungen mit hauptsächlich Limousin-, seltener auch Angus-Vater, weiter die Zahl der Rassenkühe der Rassen Simmental, Braunvieh, Grauvieh, Angus und Limousin.

Bei welchem Markenfleisch besteht noch Potenzial?

Am meisten Wachstumspotenzial besteht bei Natura-Veal (Kalbfleisch aus Mutterkuhhaltung), wobei die Angebotslücke vor allem in der zweiten Jahreshälfte gross ist. Der Einstieg in die Natura-Veal-Produktion ist anspruchsvoll und muss sorgfältig erfolgen. Wir raten jedoch jedem Umstellungsinteressierten, diese Option mindestens zu prüfen. Bei Natura-Beef können weiterhin Betriebe einsteigen. Bei Swiss-Prim-Beef ist die Situation stabil. Hier ist die Herausforderung, dass künftig weniger sehr schwere Schlachttiere geliefert werden. Swiss-Prim-Beef sollten idealerweise mit 300 kg SG schlachtreif sein. Die Gewichtsabzüge sind diesen Sommer entsprechend angepasst worden. Umstellungsinteressierte sollten Swiss-Prim-Beef mit niedriger Priorität erst nach Natura-Veal und Natura-Beef in Betracht ziehen.

Interview Peter Fankhauser