BauernZeitung: Seit rund 100 Tagen ist das Bundesamt für Veterinärwesen im Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) neu organisiert. Wie gut hat der Wechsel geklappt?
HANS WYSS: Grundsätzlich ist bisher alles nach Plan verlaufen. Aber klar ist: den erhofften Mehrwert wird man erst in Zukunft spüren.

Inwiefern kann die Landwirtschaft von diesem Zusammenschluss profitieren?
WYSS: Der Landwirt selber wird vielleicht nicht sofort etwas bemerken. Aber es gibt jetzt neben dem Bundesamt für Landwirtschaft auf Stufe Bund nur noch ein Amt, das für die Tiergesundheit und die Lebensmittelsicherheit entlang der Lebensmittelkette zuständig ist. Das BLV will mithelfen, dass wir noch besser werden in einem Land, in dem wir uns der Qualitätsstrategie verschrieben haben.

Im Bundesamt für Veterinärwesen treffen verschiedene ­Ansprüche aufeinander. Wie findet sich das BLV im Spannungsfeld Tierschutz, Konsumenten und Landwirtschaft zurecht?
WYSS: Wir haben eine Brückenfunktion. Wir versuchen, einen Weg zu finden, der die ökonomischen Interessen der Produzenten, die qualitativ sichere und gute Lebensmittel herstellen sollen, sowie die Ansprüche der Konsumenten an eine hohe Lebensmittelsicherheit berücksichtigt. Das ist nicht immer einfach, und oft üben wir uns im Spagat. Als klassisches Beispiel sieht man das beim Tierschutz. Hier besteht die Herausforderung darin, die richtige Balance zu finden, wie die Tiere genutzt, gleichzeitig aber auch geschützt werden können. Wir müssen beides auf eine Art und Weise machen, die gesellschaftlich akzeptiert wird.

Oft haben Landwirte den Eindruck, dass sie in den Entscheidungen der Behörden zu wenig berücksichtigt werden. Stimmt der Eindruck?
WYSS: Beim Tierschutz hört man diesen Vorwurf schon. Aber gerade dort basieren die Anpassungen eigentlich immer auf sauberen Fakten. Nehmen wir die Kuhgrösse als Beispiel. Die Kuh ist in den letzten 30 Jahren durchschnittlich sicher 10 cm grösser geworden. Dass ein grösseres Tier beim Standplatz im Stall einen grösseren Platzbedarf hat, ist eigentlich logisch. Aber es gibt auch noch einen zweiten wichtigen Punkt, der auch im Parlament bei der Revision des Tierschutzgesetzes stark gewichtet wurde, und das ist der Investi-
tionsschutz. Derjenige, der investiert, soll die Sicherheit haben, während der ordentlichen Abschreibungsdauer die Einrichtung auch wirklich nutzen zu können, ohne weitere Anpassungen machen zu müssen.

Inwiefern hat die BSE-Krise ­Ihre Arbeit geprägt?
WYSS: BSE hat unseren Aufgabenbereich in den letzten 30 Jahren massiv beeinflusst. BSE hat die Bevölkerung sensibilisiert. Man realisierte, wie wichtig eine frühzeitige Erkennung von neuen Gefahren ist und was für Auswirkungen eine Seuche haben kann. In der Schweiz vergessen wir schnell, dass weltweit die meisten neu auftretenden Tierkrankheiten auf den Menschen übertragbar sind. Diese so genannten Zoonosen stellen auch eine grosse Herausforderung für die Zukunft dar.

Seit elf Jahren stehen Sie dem Bundesamt für Veterinärwesen vor, neu auch dem BLV. Was war das bisher einschneidenste Erlebnis für Sie in Ihrer Tätigkeit als Direktor?
WYSS: Da muss ich nicht lange überlegen. Und das hat nichts damit zu tun, worüber wir bis-her gesprochen haben. Ich vergesse den Tag nie mehr, als im Herbst 2005 ein Junge in Zürich von drei Hunden zu Tode gebissen wurde. Dieses tra-gische Ereignis, das mir selber nahe gegangen ist, hat unse-re Arbeit noch monatelang geprägt.

Erinnern Sie sich auch an ein besonders positives Ereignis?
WYSS: Da denke ich an die BVD-Ausrottung. Wie sich die Viehzuchtverbände und der Veterinärdienst gemeinsam für dieses Programm entschieden haben, empfand ich als sehr positiv. Es ist sicherlich das aufwendigste Tierseuchenbekämpfungsprogramm, das in der Schweiz je durchgeführt wurde.

Interview Ruedi Hagmann
und Julia Schwery

Das vollständige Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe der «BauernZeitung».