Tanja Spren-ger-Wenger heiratete am 2. Februar 2016 ihren ehemaligen Lehrmeister und ist jetzt daran, sich auf dem Hof Breitfeld in Wintersingen BL als Bäuerin zu etablieren. Freilich kann ihre reizvolle Liebesgeschichte nicht in einem Satz abgehandelt werden und wir beginnen von vorn.
Auf Augenhöhe diskutieren
Tanja Wenger wuchs in der Stadt Basel auf. Sie verlor ihren Vater mit sechs Jahren und ihre Mutter zog sie und ihren Bruder alleine gross. Die junge Frau studierte Biologie und fand eine Traumanstellung bei Syngenta. Sie schwärmt: «Ich durfte attraktive Projekte erarbeiten, besonders für die bäuerliche Bevölkerung in Afrika.»
Von ihrem kleinen Büro aus hoch oben im Syngenta-Turm in Kleinbasel sah sie ins Grüne und dachte, es müsse neben der Büroarbeit noch etwas anderes geben. Überhaupt fragte sie sich, wie sie Bauernfamilien beraten könne, wenn sie selbst von deren täglicher Arbeit im Stall und auf den Äckern nichts verstehe. So entschloss sie sich im Alter von 30 Jahren für die Lehre als Landwirtin. Nach der Ausbildung würde sie zurückgehen in ihren ursprünglichen Beruf, und könnte dann mit Bäuerinnen und Bauern auf gleicher Ebene diskutieren.
Eine passende Lehrstelle zu finden erwies sich als Herausforderung, obwohl ja Lehrlinge gesucht seien. Sie spürte, dass Bauern nicht gegen sie als Frau waren, aber Vorurteile hegten gegen eine Studierte aus der Stadt. Schliesslich fuhr sie eines Tages mit dem Velo die 24 km von Basel nach Wintersingen
für ein Vorstellungsgespräch. Nachdem sie sich noch verfahren hatte, erreichte sie den Hof Breitfeld nach gut zwei Stunden, wo sie der junge Betriebsleiter zusammen mit seinen Eltern empfing.
Motiviert und lernwillig
Der Vater schaute kritisch, die Mutter schien zu denken: «Was will das Tüpfi aus der Stadt,
das nicht mal Autofahren kann?» Doch der Sohn, Beat Sprenger, der den Hof 2009 übernommen hatte, erkannte, dass sie bereit war zu lernen und sich einzu
setzen. «Und stellte mich grad ein!», sagt die Städterin mit leuchtenden Augen, die überdies zu jenem Zeitpunkt auch bereits den Fahrausweis hatte.
Tanja Wenger radelte zurück und googelte Beat Sprenger im Internet. «Da erfuhr ich», sagt sie schmunzelnd, «dass er zurzeit der berühmteste Wettpflüger der Schweiz ist.» Obwohl sie sich auf ihr neues Abenteuer freute, kündigte sie wehmütig ihre Stelle, die ihr in Kürze ein Projekt in Kenia erlaubt hätte. Sie zog aufs Breitfeld, wohnte bei Beats Eltern und spürte immer mehr eine tiefe Zuneigung zu ihrem Chef.
Im Frühling sagten Sprengers und alle Freunde, sie müsse unbedingt an der Fasnacht im Dorf, die weitherum als ausserordentlich bekannt ist, teilnehmen. «An diesem Anlass, weg vom Hof und vom Alltag, fanden wir heraus, dass wir füreinander bestimmt sind», blickt Tanja Sprenger zurück. Sie hielten ihre Liebe geheim und machten bis Ende des Lehrjahres als Chef und Lehrling weiter.
Freizeit geniessen
Das zweite Lehrjahr absolvierte Tanja auf dem Biohof Steffen-Sutter in Reigoldswil. Nach dem erfolgreichen Abschluss nistete sie sich ein im Stöckli bei Beat und versuchte, sich an den bäuerlichen Alltag zu gewöhnen. «Denn», hält sie fest, «die Umstellung vom Büroleben zur körperlichen Arbeit war anfangs nicht einfach für mich.» Zudem will Tanja Sprenger sich überall einbringen: Sie melkt die Kühe, schneidet Bäume, sitzt auf dem Traktor und ist daran, ihren Garten anzulegen. Die meisten Arbeiten erledigt sie inzwischen mit der sieben Monate alten Mila, die sie im Tragtuch mitnimmt.
Was ihr am meisten Mühe bereite, sei Freizeit zu geniessen. Früher hatte sie vier Wochen Ferien, die standen ihr zu. «Jetzt habe ich schon ein schlechtes Gewissen, wenn wir drei Tage weggehen, denn es gibt doch so viel zu tun daheim», erklärt sie. Noch diesen Monat zügelt die junge Familie vom Stöckli ins Bauernhaus, weil sie nun die Bäuerin sei auf dem Hof, wie ihre Schwiegermutter sage. Doch auch in Zukunft ist die junge
Familie dankbar für Mithilfe und Wissen der erfahrenen
Generation.
Benildis Bentolila