Da wo das Tal eng ist und die Berge steil in den Himmel ragen, wohnt und arbeitet Fridolin Luchsinger. Sein Biobauernbetrieb liegt im Thon ob Schwanden auf etwa 600 Metern über Meer und umfasst 22 Hek­taren landwirtschaftliche Nutzfläche. Die höchste von ihm bewirtschaftete Parzelle befindet sich auf rund 1400 Metern. Nebst zehn Aufzuchtrindern leben fünfzehn Hinterwäldertiere und fünf Skudden-Schafe, zwei Pferde und ebenso viele Enten auf dem Hof.

Der Betrieb wird laufend optimiert


Schon früh hat Fridolin Luchsinger auf Bio gesetzt. Bei den Gegebenheiten seines Betriebs sei nur diese Bewirtschaftungsart in Frage gekommen, erklärt er. Kunstdünger in die steilen Wiesen zu bringen habe für ihn keinen Sinn. Heute profitiert er dank zahlreichen Trockenmauern und Stauden von der aktu­ellen Bundespolitik. Ausgeruht wird deshalb noch lange nicht. Der aktive Schaffer optimiert seinen Betrieb laufend. Zurzeit steht ein Gerüst um den Stall. Die bestellte Photovoltaikanlage soll jeden Moment geliefert werden. Der Betrieb ist «stotzig» und verlangt viel Handarbeit.

Für Luchsinger ist das kein Problem. Sportliche Herausforderungen liebt er. Als begeisterter Langläufer liess er sich sogar zum Trainer «Leistungssport Swiss Olympic» ausbilden und arbeitete viele Jahre als Nachwuchsbetreuer bei Jugend und Sport.


Das Potenzial des Kantons wird nicht voll genutzt


Es sei keine Seltenheit, dass er nach einem kräftezehrenden Heutag noch in Turnschuhen durch die Gegend jogge, erzählt Fridolin Luchsinger. Die Sprüche der Berufskollegen seien dabei stetige Begleiter. «Häsch nonig gnueg gwärchet», heisse es dann, erzählt Luchsinger schmunzelnd. Am 24. Juni dieses Jahres erlebte er in seiner politischen Karriere einen Höhepunkt. Seine Landratskollegen wählten den vielseitig talentierten Landwirt zum Präsidenten des Glarner Parlaments.  


Ein Jahr lang sitzt der BDP-Politiker nun auf dem höchsten Stuhl des Landrats. «Die Hauptaufgabe in diesem Amt sind repräsentative Pflichten», erklärt Fridli Luchsinger und fährt fort: «Das Potenzial des Kantons Glarus wird nicht voll genutzt. Mein Ziel ist, dies zu verbessern.» Rund sechzig Anlässe bieten ihm die Möglichkeit dazu.


Für seine Landratspräsidentenfeier wählte der vielseitige Glarner einen ganz besonderen Ort. Er lud die Gäste ins Zirkuszelt ein. In Betschwanden (Glarus Süd) ist ein solches dauerhaft stationiert. Politiker Luchsinger verrät: «Bodenständigkeit und doch in Lüften schwebend, offen für Neues sein, das ist ganz nach meinem Sinn.» An der Feier wurde er von Politikgrössen gelobt. Wurde als einsatzfreudig, beharrlich und zäh eingestuft. Eigenschaften, die ihm schon als Langstreckenathlet nützlich gewesen waren.  

Nebst seiner Tätigkeit als Landratspräsident amtet Luchsinger im Gemeinderat Glarus Süd. Bei der Aufgabe als Departementchef Werke und Umwelt kann er aus dem Vollen schöpfen. Fridli ist ein Macher. Einer der gerne zupackt und Dinge zum Besseren verändert. Müsste er sich für eines der beiden Ämter entscheiden, wäre das schnell geschehen. Das Herz des Glarners schlägt für die Funktion als Gemeinderat, wo er etwas erarbeiten kann, eindeutig ein wenig stärker.  

Der Doppelbelastung gewachsen


Politik und Landwirtschaft seriös zu betreiben bedeutet eine Doppelbelastung. Dies meistern die Luchsingers als Familie. Junior Marc ist auf dem elterlichen Betrieb angestellt und ist für den Vater eine wichtige Stütze. Auch Ehefrau Anna hilft neben ihrem Beruf als Krankenschwester auf der Notfallstation im Kinderspital Zürich tatkräftig mit. Dass Marc die Ausbildung zum Landwirt am Plantahof abschliessen konnte, ist nicht selbstverständlich. Da er bei der Geburt die Nabelschnur um den Hals hatte, lebt er heute mit einem Handicap. Doch der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm. So erstaunt es nicht, dass Marc mit genügend Ausdauer und Einsatz sein Ziel, die Berufslehre Landwirt, erreichte.

Fridolin und Anna sind ein eingespieltes Team. Arbeitet sie auswärts, ist es für Fridli selbstverständlich, dass er die Fäden im Haushalt übernimmt. «Dann führen Marc und ich einen Männerhaushalt», stellt er mit einem Augenzwinkern fest. Da liege schon mal ein Pulli in der Stube rum, wenn Anna heim komme.


Ein offenes Haus ist den Luchsingers wichtig. Auch die an­deren drei Kinder sind öfter 
zu Hause anzutreffen. Berufsbedingt sind sie nicht mehr immer daheim stationiert. Je nachdem, ob der nächtliche Ausgang die Jugend ins Glarnerland führe, könne es aber sein, dass am Morgen auf einmal sämtlicher Nachwuchs mit Freunden hinter dem gemütlichen Eckbank in der Küche anzutreffen sei.


Und wenn es hart auf hart komme, ziehen alle am selben Strick. «Unser Arbeitsalltag kann nur seriös bewältigt werden, wenn alle miteinander arbeiten», stellt Tausendsassa Luchsinger richtig. Seine Erfolge in Politik, Beruf und Sport beweisen es.

Barbara Schirmer