Die Bauern wollen nicht jammern, aber sie wünschen sich endlich besseres Wetter. Langsam aber sicher bedroht der Dauerregen die Ernte der Kartoffelbauern. Die Böden sind durchnässt, viele Felder sehen schlecht aus. Das satte Grün der Kartoffelstauden, lässt dieses auf sich warten.
Erst kürzlich gepflanzt
Auch Ernst Marti aus Kallnach BE schaut besorgt zum Himmel. «Erst vor vierzehn Tagen konnte ich meine letzten Kartoffeln pflanzen. Das Feld war einfach zu nass, nicht befahrbar», sagt er nachdenklich. Fast drei Hektaren der Sorte Agria. Ob daraus etwas werde, könne er erst im Herbst sagen. «Wenn sich das Wetter endlich von der guten Seite zeigen würde, kann man den zeitlichen Rückstand noch aufholen», ist Marti überzeugt. «Die Kartoffeln brauchen zirka 100 Tage bis man sie ernten kann, das wäre Mitte Oktober, was noch im Rahmen wäre.» Insgesamt pflanzen Martis auf 12 ha Kartoffeln an. Die Sorten Agria, Agate, Fontana, Challenger und Annabelle. Rückblickend betrachtet haben die Kartoffeln dieses Jahr einen Rückstand von zirka vier Wochen.
Viele denken ans Aufgeben
Vielen seiner Berufskollegen im Berner Seeland und im Limpachtal im Bucheggberg SO gehe es gleich, ihre Felder liegen bei diesem andauernden Regen zum Teil schon lange unter Wasser. «Die Kartoffeln verfaulen regelrecht», sagt der Kartoffelprofi. Liegen die Knollen nur 24 Stunden im Wasser, seien sie bereits verloren. «Sie bekommen einfach keine Luft mehr und ersticken», hält Ernst Marti fest. Auch bei ihm seien zirka 10% der zwölf Hektaren «ersoffen». Es gebe auch Betriebe, die einen Teil ihrer Kartoffelfelder aufgegeben haben und die Knollen mit der Egge ausarbeiteten. «Es tut einem im Herzen weh, wenn man das teure Saatgut gekauft hat, es pflanzt und sieht, dass das Wetter alles kaputt macht.» Nur schon 4000 Franken kosten die Saatkartoffeln für eine Hektare. Dazu kommen noch die Dünge- und Spritzkosten. «Bis man im Herbst die Kartoffeln graben kann, hat man schon Tausende von Franken investiert. Da kann es einem bei einer schlechten Ernte schon die Motivation nehmen», hält Marti fest. Daher kann er sich gut vorstellen, dass viele Betriebe nach der miserablen Ernte 2015 und der zu erwartenden Ernte 2016 den Kartoffelanbau endgültig an den Nagel hängen werden.
Die Stauden grün zu halten
Die grosse Herausforderung für ihn besteht jetzt darin, die Stauden gesund und grün bis zum Herbst zu erhalten. «Der Befall von Kraut- und Knollenfäule wie auch von Alternaria ist dieses Jahr besonders gross», sagt der Kartoffelbauer. Einmal pro Woche muss er deshalb mit der Feldspritze ausrücken, um den Fungizidschutz zu erneuern. «Hat man einmal einen Krautfäuleherd entdeckt, ist es bereits zu spät. Da heisst es nur, diesen nicht ausbreiten zu lassen.» Nicht nur der Infektionsdruck sei dieses Jahr besonders hoch, auch die plötzlichen Wachstumsschübe durch das wechselhafte Wetter täten der Kartoffel nicht gut. «Sie werden unförmig und bekommen Risse – einfach unverkäuflich», fast Ernst Marti zusammen. Zudem eigne sich auch nicht jede Kartoffel zu jedem Boden. «Auf schweren Böden pflanze ich nur runde Kartoffeln wie die Sorte Challenger. Diese habe mehr Kraft und könne sich beim Wachstum gegen die Erdknollen durchsetzen und werde dementsprechend auch nicht missförmig», empfiehlt der Profi. Hingegen pflanze er bei leichteren Böden eher die länglichen Sorten wie die Annabelle. Da Ernst Marti auf seinen 40 ha nicht nur Kartoffeln, sondern auch Zuckerrüben, Bohnen, Karotten und Zwiebeln anbaut, hat er einen strickten Fruchtfolgeplan. Dank Landabtausch pflanzt er nur alle vier Jahre auf dem gleichen Feld Kartoffeln an. «So kann ich den Krankheitsdruck tief halten», sagt er. Für eine Aussage, wie die Ernte diesen Herbst schlussendlich ausfallen werde, sei es noch zu früh. So hat Ernst Marti schon mal am Mittwoch zusammen mit dem Besucher der BauernZeitung eine «Probegrabung» bei seinen Fontana durchgeführt. Zirka zehn schöne, aber noch kleine Kartoffeln kamen zum Vorschein. «Die müssen halt jetzt noch wachsen.» Den Mut hat der Landwirt sowieso noch nicht verloren und wird auch in Zukunft weiterhin Kartoffeln produzieren. Schliesslich hatte er letzten Herbst, trotz der Trockenheit, eine gute Ernte einfahren können.
Peter Fankhauser