Die Tierschutzverordnung schreibt vor, dass ausschliesslich gesunde Tiere zur Zucht zugelassen sind. Eigentlich logisch, möchte man meinen. Doch Kritik wurde laut, dieser Grundsatz werde im Gesetz zu wenig widerspiegelt.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) schickte deshalb die Verordnung über den Tierschutz beim Züchten von Tieren in die Anhörung. Die Anhörung ging am 28. Juli zu Ende, über 100 Stellungnahmen sind eingetroffen. Die Landwirtschaft schickt diesen Entwurf
zurück an den Absender.
Einteilungskriterien sind nicht objektiv messbar
Die neuen Bestimmungen seien «zu bürokratisch, nicht nachvollziehbar, realitätsfremd und nicht nötig» lautet das vernichtende Urteil des Schweizer Bauernverbands (SBV).
Kernelement des Entwurfs ist eine Skala, mit deren Hilfe beurteilt werden soll, ob mit einem Tier gezüchtet werden darf oder nicht. Kriterien zur Einteilung sind dabei Schmerzen, Schäden, Leiden, Angst usw. Schnell wird klar, konkret messbar sind diese Kriterien kaum.
Übermässig ausgebildete Euter sollen verboten werden
Viele der aufgeführten Beispiele betrifft Heimtiere. Ganz unauffällig finden sich aber auch für die Rinderzucht relevante Merkmale. «Übermässig ausgebildete Euter» führen laut Verordnung zur Behinderung der Fortbewegung und sind somit züchterisch zu vermeiden.
Das sorgt nicht nur beim SBV auf Unverständnis. «Bei der Eutergrösse handelt sich um ein quantitatives Merkmal, welches durch viele Gene vererbt wird», erläutert Lucas Casanova von der Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter (ASR). Es sei daher faktisch gar nicht möglich, Vererber für ein solches Merkmal auszuschliessen.
Ausserdem, so Casanova, würden im Bereich Erbfehler schon seit Jahrzehnten Tiere aus der Zucht ausgeschlossen. Die Spinnengliedrigkeit sei beispielsweise inexistent.
Nutztierzucht aus der Verordnung ausschliessen
Ebenfalls ein Dorn im Auge ist der Landwirtschaft das Beurteilungskriterium «Übermässige Instrumentalisierung». Eine Zucht, die in erster Linie der Nutzung durch den Menschen dient, soll – geht es nach dem Willen des BLV – verboten werden. «Das ist eine Gratwanderung», kommentiert Lucas Casanova, «denn die Nutztierzucht dient per se dem Interesse der Menschen.»
Der SBV und die ASR fordern daher, dass auf die geplanten Änderungen verzichtet wird.
Dazu SBV-Präsident Markus Ritter: «Die Grundsätze zum Züchten von Tieren sind in der
Tierschutzgesetzgebung ausreichend detailliert geregelt.»
Die ASR teilt diese Auffassung. «Wir fordern, dass die Rindviehzucht nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung fällt», so Casanova. Allenfalls solle die Nutztierzucht aus der Verordnung ausgeschlossen werden.
Julia Schwery