Wenn man als Journalist bei Christian und Theres Aeschlimann zu Besuch ist, muss man einen dicken Notizblock dabei haben. Die Palette der landwirtschaftlichen und nichtlandwirtschaftlichen Aktivitäten ist selbst für den vielseitigen Schweizer Primärsektor überdurchschnittlich und man fragt sich, wie das alles auf lediglich 12,5 Hektaren LN Platz hat.
Quinoa als neueste Kultur
Fangen wir einmal mit dem landwirtschaftlichen Kerngeschäft an. Neben der Mutterkuhherde betreibt man auf dem Betrieb im Weiler Hermandingen etwas Ackerbau und hier findet sich eine erste Innovation. Für die Fütterung des Milchviehs baute Aeschlimann sogenannte Silo-Quattro an, bestehend aus einem Weizen-, Hafer-, Ackerbohnen- und Eiweisserbsen-Gemisch, das dann im grünen Zustand siliert wird. Der gelernte Schreiner und Landwirt hat damit gute Erfahrungen gemacht, für die Fütterung der mittler-weile auf Mutterkuhhaltung umgestellten 15-köpfigen Herde sei der Eiweissgehalt aber zu hoch, so Aeschlimann.
Neu eingestiegen sind die vielseitigen Aeschlimanns in die Produktion des Modegetreides Quinoa, das heute im Speiseplan keines städtischen Körnlipickers fehlen darf. «Wir sind mit unseren bescheidenen drei Aren Teil einer Projektgruppe von Biofarm», erklärt der Landwirt. Das
Erfahrungswissen von Kollegen sei angesichts der noch kurzen Anbautradition hilfreich.
Tochters KV führt zu Bio
Die Biofarm im nahen Kleindietwil BE hat den Betrieb auf anderer Ebene noch viel grundsätzlicher geprägt. Eine der Töchter hat beim Biogetreide- und Ölsaatenvermarkter, der auch in der Verarbeitung tätig ist, die KV-Lehre absolviert. Ihr Einfluss habe dann massgeblich zur Umstellung auf Bio beigetragen, «wobei wir schon länger darüber diskutiert haben», so Theres Aeschlimann.
Zurzeit läuft das zweite Umstellungsjahr. Anpassungen brauchte es relativ wenige, wie der Landwirt berichtet: «Ich musste nur noch die Düngersäcke wegräumen». Sorgen bereitet habe ihm vor der Umstellung das Güllen der Weiden. «Ich hatte Befürchtungen, dass die Kühe das Gras nicht mehr fressen». Allerdings haben sich diese als unbegründet herausgestellt.
«Spinnerei» wurde Realität
Dass aus dem seit 1993 verheirateten Paar noch im selben Jahr eine Bauernfamilie entstehen würde, war nicht von Anfang an vorgezeichnet. Christian Aeschlimann, in Aarwangen BE aufgewachsen, hat Schreiner gelernt, hatte allerdings schon immer eine Nähe zur Landwirtschaft: «Ich habe immer auf dem Betrieb meines Göttis gearbeitet», erzählt er.
Theres Aeschlimann war als gelernte Bäuerin ebenfalls nahe an der Scholle. Als dann der Betrieb, auf dem die Mutter des Bewirtschafters Verdingkind war, zum Verkauf stand, griffen Aeschlimanns zu: «Wir waren in der Erbfolge der Familie die Ersten, da es keine direkten Nachkommen gab, die in die Landwirtschaft einsteigen wollten».
Im Nachhinein sind die damaligen Jungbauern froh, dass sie erst im Alter von 29 Jahren einsteigen konnten. «Mit 20 wären wir überfordert gewesen». Dank seiner Erstausbildung musste Aeschlimann nur ein Lehrjahr absolvieren. Gut erinnert er sich an die Aussagen des damaligen Waldhof-Direktors Meier: «Bereitet euch vor, warnte er uns, es kommt mehr Markt auf die Landwirtschaft zu». Die meisten Schüler hätten das damals noch im Kapitel Spinnerei abgelegt, «aber er hat recht behalten».
Teurer Rasenschäler
Aeschlimanns beherzigten die Empfehlung. Zehn Jahre nach Betriebsübernahme stiegen sie ins Wintersportgeschäft ein und eröffneten entgegen dem Rat vieler Branchenkenner einen Skiservice. Dieser Betriebszweig ist stark gewachsen und im Winter zum Fulltime-Job geworden.
Die Skiservice- und Verkaufs-Dienstleistungen des umtriebigen Paares sind mittlerweile weitherum bekannt und ein wichtiges Standbein des Betriebs (siehe Kasten).
Doch dabei liessen sie es nicht bewenden. 2009 stiegen Aeschlimanns nach Inspiration durch einen Zeitungsartikel in die Rollrasen-Produktion ein. Erneut waren kräftige Investitionen im mittleren fünfstelligen Bereich nötig. Diese konnte man sich allerdings teilen. Gemeinsam mit zwei Kollegen beschaffte sich der Betriebsleiter einen Rasenschäler, die Ernte der Grasnarbe von Hand sei eine Knochenbüetz, so Aeschlimann.
DfE vergleichbar mit Gemüse
Die Rollen sind jeweils zwei Meter lang und 40 Zentimeter breit und sind bei Gartenunternehmen gefragt für die Gestaltung des Umschwungs von Eigenheimen. Beim Schälen gehe etwas Humus verloren, so der Rasenproduzent, diesen ersetze er nach der Ernte durch die Ausbringung von Kompost und eine Gründüngung.
Der DfE aus Rasenproduktion sei interessant, man könne das in etwa mit Gemüse- oder Kräuteranbau vergleichen. Die Fruchtfolge gestalte man besser nicht zu umfangreich, «sonst holst Du Dir nur Unkraut rein», erklärt Aeschlimann. Der gute Preis verlangt im Gegenzug einiges an Bewirtschaftung. Der Rasen, eine Spezialmischung der Eric Schweizer AG, muss nicht weniger als zweimal wöchentlich gemäht werden.
«Video ist anspruchsvoll»
Neuestes Standbein ist nun die Drohnenfotografie, bei der sich Aeschlimann vom technikaffinen Sohn hat inspirieren lassen. Sie haben sich auf Hofluftbilder und Videos spezialisiert. «Fliegen kannst du schnell, aber Video ist anspruchsvoll», fasst er die bisherigen Erfahrungen zusammen. Bereits stehen zwei Drohnen im Stall und es würde einem nicht erstaunen, wenn dieser Bestand weiter anwachsen würde, auch wenn man die Aeschlimanns erst seit zwei Stunden kennt.
Adrian Krebs
Weitere Informationen: www.ski-aeschlimann.ch
Drohnen-Video aus der Werkstatt von Familie Aeschlimmann
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