Der schönste Tag in einigen Appenzeller Gemeinden ist der 13. Januar. Urchige Gestalten – als Silvesterchläuse verkleidet – ziehen mit viel Lärm von Haus zu Haus und feiern den alten Silvester. Zweimal im Jahr gehen die Chläuse, am 31. Dezember (neuer Silvester) und am 13. Januar (am alten Silvester) von Haus zu Haus und wünschen den Leuten ein gutes neues Jahr. Wenn der alte oder neue Silvester auf einen Sonntag fällt, findet der Brauch am Samstag statt. Das alleinige Interesse am Chlausen reicht nicht aus, um diesen Brauch auszuüben. Bedingung ist, dass man zauren (singen) kann. Als Kinder dürfen noch die Mädchen mitgehen, im Erwachsenenalter ist das Chlausen allerdings ein reiner Männerbrauch.
Fraue spielen wichtige Rolle im Hintergrund
Trotzdem spielen die Frauen eine wichtige Rolle im Hintergrund. Sie helfen bei der Anfertigung der sehr anspruchsvollen schönen Chlauskostüme, zudem führen die Frauen den Betrieb auf dem Bauernhof, wenn die Männer als Silvesterchläuse unterwegs sind. Verschiedene Gruppen (Schuppeln) von Chläusen ziehen gleichzeitig von Haus zu Haus. Von Weitem sind die Schellen, Glocken und ihre Zäuerli zu hören.
Die Vorbereitungen zum Chlausen beginnen bereits sehr früh. Wenn man etwas Schönes in der Natur findet (z. . Wurzeln, Flechten, Tannzapfen, Silberdisteln) werden diese Dinge beiseite gelegt, damit sie später für das Chlauskostüm verwendet werden können. Besonders die schönen Chläuse haben sehr viel Arbeit. Mit einem unglaublichen Aufwand wird mit der ganzen Familie nur für dieses Kostüm gearbeitet. Jeder entscheidet selbst, ob er schön oder wüst geht, danach bleibt man in der Regel der gewählten Art des Chlausens über Jahrzehnte treu.
Der Ursprung des Chlausens liegt im Dunkeln. Die Wurzeln des Brauches dürften wohl in eine Zeit zurück reichen, als man noch an Naturgeister glaubte.
Die Chläuse ziehen von Haus zu Haus
Gerade die wüsten Chläuse, die ausnahmslos aus Naturmaterialien wie Tannästen, Stroh, Stechpalmen usw. angefertigt sind und Larven mit Hörnern tragen, sollten ursprünglich mit ihrem schaurigen Aussehen und dem Lärm die bösen Geister in der winterlichen Dunkelheit vertreiben. Indem man in die Rolle der bösen Geister schlüpfte, hoffte man, diese wieder vertreiben zu können.
Heute ziehen die Silvesterchläuse von Haus zu Haus und wünschen den Leuten ein gutes neues Jahr an. Wahrscheinlich kam das Chlausen aus der Landwirtschaft, denn früher gab es ja fast nur Bauern. So zeigen die schönen Chläuse auf ihrer Kopfbedeckung in verkleinerter Form viele landwirtschaftliche Szenen aus dem Alltag.
Schöne, Wüeschte, Schön-Wüeschte
In liebevoller und sehr aufwendiger Arbeit werden die Menschen bei bäuerlichen Tätigkeiten, Kühe auf der Weide und Bauernhöfe im Kleinformat hergestellt. Diese kleinen Welten tragen vor allem die schönen Chläuse, teilweise auch die schön-wüsten Chläuse auf ihrer Kopfbedeckung.
Es existieren drei Gruppen von Chläusen: die Schönen, die Wüeschte, und die Schön- Wüeschte. Während die schönen Chläuse kunstvolle Kleider und eine Kopfbedeckung tragen, die reich verziert ist, erscheinen die Wüeschte in Kleider aus Naturmaterialien wie Tannreisig oder Moos. Besonders interessant ist die Kopfbedeckung der Schönen. Darauf sind Motive aus dem Leben der Bauern angefertigt wie etwa die Alpfahrt, eine Viehschau oder bäuerliche Szenen aus dem Alltag.
Auch wenn einige Chläuse Frauenkleidung tragen, stecken in allen Kostümen Männer, denn das Tragen der Glocken und Schellen erfordert viel Kraft. Eine Zwitterstellung nehmen die Schön-Wüeschte ein, die mit denselben Materialien wie die Wüeschte ausgestattet sind, jedoch nicht so hässlich erscheinen sollen. Auch diese tragen Kopfbedeckungen mit bäuerlichen Szenen aus dem Alltag.
Andreas Walker