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(Video Tamara Wülser)

«Hobbys?» Sabrina Krebs verdreht ihre blauen Augen zum Himmel, denkt nach, dann schmunzelt sie und meint ohne Bedauern: «Nein, habe ich eigentlich keine». Ihre Mutter Anita bringt Getränke und zupft ihrer Tochter lachend ein paar Strohhalme aus den Haaren. «Nein, in der Küche habe ich Sabrina nur selten gesehen. Wenigstens nicht freiwillig.»

Viel zu gerne sind die drei Krebs-Geschwister im Stall bei den 
Kühen. Und auch jetzt wo die ausgebildete Landwirtin eine Vollzeitstelle als Besamungstechnikerin hat, kennt sie nach Feierabend oft nur ein Ziel, nach Hause in den Stall zum Melken.


Erste Kälber im September


Im Gebiet von Zollikofen bis ins Oberaargau ist Sabrina Krebs jeden Tag für Swissgenetics unterwegs. Ein spannender Job. Nicht nur, dass sie die verschiedensten Betriebe kennenlernt, wenn der Besamer komme, sei das

für den Landwirten positiv. Entsprechend freudig werde sie begrüsst. Auch, dass sie eine junge Frau sei, habe den Betriebsleitern nie eine Rolle gespielt. Sie werde immer ernst genommen und darf bei vielen Be
trieben gar bei der Muniwahl mitreden.

Im September werden die ersten von ihr gezeugten Kälber geboren. Ein spezieller Moment, und dann werde sich auch zeigen, ob die Stierenwahl passend gewesen sei. Obwohl sie in ihrem Gebiet mittlerweile auch die abgelegensten Höfe auf Anhieb findet, möchte 
sie gerne in das Schwandteam wechseln, um abends schneller bei ihren Kühen zu sein. Um flexibler zu sein möchte sie vielleicht später die Arbeitszeit reduzieren und die Betriebsleiterschule in Angriff nehmen.


Viel gelernt


Bereits von klein auf sei ihr klar gewesen, dass sie Landwirtin lernen wolle. Höchstens noch Tierärztin wäre in Frage gekommen. Aber da sehe man die Tiere immer nur, wenn sie krank seien, und die Ausbildung dauere sehr lange.

Darum machte sich Sabrina Krebs in der siebten Klasse auf die Suche nach einem Lehrbetrieb. Einer mit schönen Kühen sollte es sein, und auf Wunsch der Eltern ein Französischsprachiger. Dies fand sie bei Familie Jaques Rouiller in Rossens. Das 2. und 3. Lehrjahr absolvierte sie bei Familie Markus Wyss in Grasswil. Auf den zwei unterschiedlichen Betrieben, silofrei mit Anbindestall und Silobetrieb mit Laufstall habe sie sehr viel gelernt und sei sehr dankbar dafür.


Gerne würde sie auch zuhause einen Laufstall bauen. «Obwohl wir Jungen eigentlich nichts anderes kennen als die miserablen Milchpreise, irgendwann

müssten wir investieren können», gibt Krebs zu bedenken. Sie ist sich bewusst, der Traum vom neuen Laufstall mit Melkstand wird wohl noch eine Weile ein Traum bleiben. Die Unsicherheit auf dem Milchmarkt ist einfach zu gross. Mit 32 Kühen produziert die Familie 300'000 kg silofreie Milch. Mutter Anita ist das Bindeglied zwischen Landwirten und Käserei. Nach dem Melken lädt sie darum auch noch die Milch der umliegenden Bauern in den Bus und fährt sie nach Kirchdorf in die Käserei.


Ausstellungsferien


«Eigentlich habe ich ja in Bätterkinden eine Wohnung», sinniert Sabrina Krebs. Und damit ist auch schon klar, dass sie nicht oft dort ist. Zu gerne steht sie zuhause im Stall und kümmert sich um die Tiere.

Sogar die Autos mussten aus der Garage ausziehen, damit dort zwei Rinder einziehen konnten. Eigentlich sind die Aufzuchttiere auf anderen Betrieben verstellt. Das sei für die Schauvorbereitung natürlich nicht gäbig. Darum lebt die zukünftige Schaudiva jetzt in der Garage. «Nur vorübergehend natürlich», schmunzelt sie mit Blick auf ihre Mutter, die trotz 
aller Liebe zur Viehzucht, gerne wieder das Auto an den Schärmen 
stellen würde.

Das Rind hat Sabrina Krebs zusammen mit einem Kollegen gekauft. Mit ihm will sie nächsten Winter an den Ausstellungen möglichst weit vorne mitmischen – wenn alles gut geht.


Mutterkühe gehen nicht


Aus diesem Grund bezieht Krebs im Sommer auch nur eine Woche Ferien, die sie natürlich Zuhause auf dem Betrieb verbringt. Im Winter wird sie die restlichen

Ferien für Ausstellungsbesuche brauchen.


Und ein wenig zieht es sie doch noch in die Ferne. Nach Kanada möchte sie, um das Kuhstyling zu erlernen und nach Deutschland, wo Sabrina Krebs während dem Besamerkurs die Grösse der Betriebe und deren professionelles Management beeindruckt haben.

«Ich werde am 20. Oktober erst 20 Jahre alt. Zu sehr möchte ich mein Leben noch nicht verplanen», meint sie auf die Frage nach dem elterlichen Betrieb. Übernehmen möchte sie ihn auf jeden Fall. Vielleicht in einer Betriebsgemeinschaft mit dem jüngeren Bruder. Am liebsten wäre ihr eine Geschwister- WG, wo jeder einem Nebenerwerb nachgehen kann. Das Vieh
züchten haben nämlich alle drei Kinder mitbekommen. So ist die abendliche Stallarbeit Teamwork. Alle helfen mit, ein eingespieltes Team, das an einem Strick zieht.


Schauerfolg ist zweitrangig


Auch wenn der Milchpreis schlecht ist, den Betrieb ohne Milchkühe zu bewirtschaften, kann Sabrina Krebs sich nicht vorstellen. Der Gedanke, dass ums Haus Mutterkühe weiden könnten lässt sie mit den Schultern zucken und heftig den Kopf schütteln. Nein das würde ihr keine Freude machen. Zu sehr liebt sie die Viehzucht.

Beim Besamen sehe sie oft schöne Kühe in den Ställen stehen. Doch viele würden damit nicht mehr an Ausstellungen gehen. Der Aufwand sei einfach zu gross

geworden, das Styling zu professionell. Viele könnten sich damit nicht mehr identifizieren. Und auch Krebs hat Mühe damit, dass oftmals die am besten gestylte Kuh und nicht die Schönste gewinnt. Eine Kuh müsse in erster Linie im Alltag und im Stall funktionieren. Der Schauerfolg sei schön, aber zweitrangig, betont sie.

Dass ihr Vater ein bekannter Viehzüchter sei, habe ihr sicher Türen in der Zucht-

szene geöffnet. Doch sie ist auch selbst dabei fleissig Erfahrungen zu sammeln. Auf ihren Besamungstouren, wo sie sieht, welcher Stier auf welchen Kühen funktioniert und welche Kuh auf welchen Betrieb passt. Die Futtergrundlage sei entscheidend dabei und die Philosophie des Betriebsleiters.

Sabrina Krebs würde gerne später in der linearen Beurteilung der Kühe arbeiten. Doch jetzt sei sie dafür noch zu jung. Und um dort als Frau akzeptiert zu werden, brauche es dann doch Einiges. 

Darum geniesst sie es, als Besamungstechnikerin auf den Betrieben willkommen zu sein, von der Erfahrung der älteren Landwirte zu profitieren und auch mal Zeit für einen Schwatz zu haben. Gerade auf den abgelegenen Betrieben sei oft ein Gesprächspartner sehr willkommen, lächelt sie und dann ist sie auch froh, ist sie ihr eigener Herr und Meister und kann die Zeit auf der Tour flexibel einteilen.

Wenn am Sonntagmorgen nach dem Ausgang das Aufstehen nicht so einfach falle, begleite sie oft ihre Schwester auf die Be
samungstour. Dann geniessen die beiden die gemeinsame Zeit und Sabrina Krebs ist froh,

wenn sie dank der Hilfe ihrer Schwester schneller fertig ist und ins Bett kommt.


Die Antwort auf die Frage, ob sie denn nicht lieber gemeinsam shoppen würden, statt Kühe zu besamen, kommt dann wieder ohne nachzudenken. «Ganz

bestimmt nicht», lacht sie, und krault liebevoll ihr Rind am Hals. Viehzucht als Beruf, Hobby und Berufung, mehr braucht es eben nicht.

Daniela Joder