«Nach dem Abstimmungsresultat von letztem Sonntag zeigt sich, dass unsere Initiative brandaktuelle Themen aufnimmt», so Bauernverbandspräsident  Markus Ritter an der heutigen Medienkonferenz. Es habe sich gezeigt, dass die Bevölkerung sehr sensibel auf internationale Entwicklungen sei, auf schwindende Flächen und somit den Kulturlandverlust.

Landwirtschaftsartikel ergänzen

Der Landwirtschaftsartikel in der Schweizer Verfassung aus dem Jahr 1996 sei immer noch aktuell und werde vom SBV nicht bestritten, fügte Ritter an. Der Schweizer Bauernverband will diesen aber mit einem neuen Artikel 104a ergänzen.

Denn, so Ritter, die Voraussetzungen hätten sich in den letzten Jahren verändert. Er sprach die Lebensmittelkrisen im Jahr 2008 an, die Finanzkrise, das Landgrabbing, die stark wachsende Weltbevölkerung mit 80 Millionen mehr Menschen pro Jahr.

Auch auf den Märkten habe sich viel verändert: «Heute ist der Protektionismus wieder auf dem Vormarsch.»

Der Bauernverband habe sich letztes Jahr mit den internationalen Megatrends beschäftigt und daraus seine Schlüsse für die Schweiz und seine zukünftige Strategie gezogen.

Auch in der Schweiz sieht der Bauernverband vielfältige Herausforderungen und Probleme: Hierzulande zeige der Zeiger «wegen der Kombination von Kulturlandverlust, Importdruck, tiefen landwirtschaftlichen Einkommen und neuen Anreizen in der Agrarpolitik besonders in die falsche Richtung», steht in der Medienmitteilung zur Unterschriftensammlung.

Den Kulturlandverlust bekämpfen



33’000 Hektaren Landwirtschaftsfläche gingen in den letzten 12 Jahren verloren. Noch bedenklicher ist für den SBV, dass der Löwenanteil davon über 20'000 ha Ackerland sind und die besten Böden betroffen sind. Dies blieb trotz technischen Fortschritten nicht ohne Folgen für den Selbstversorgungsgrad: Der Nettoselbstversorgungsgrad sank in den letzten 20 Jahren um vier Prozentpunkte auf rund 54 Prozent.



Deshalb strebt der SBV mit seiner neuen Strategie «einen Richtungswechsel» an. Die Initiative ist Teil davon, damit habe man eine langfristige Perspektive: «Die Initiative ist auf Generationen angelegt», so Markus Ritter. Weiter wolle man mit der Bevölkerung, dem Bundesrat und dem Parlament diskutieren.

Ausserdem will man gesunde Lebensmittel aus der Schweiz. «Ein verantwortlicher Umgang mit Ressourcen tut not», so Christine Bühler, dritte Vizepräsidentin des SBV. «Gesundes Essen ist nicht selbstverständlich», fügte die oberste Bäuerin an.

«Klischee vom reichen Bauern» revidieren



Sorgen bereiten dem SBV auch die landwirtschaftlichen Einkommen. «Das Klischee vom reichen Bauern muss dringend revidiert werden», forderte Christine Bühler. Sie verwies auf das durchschnittliche Jahreseinkommen von knapp 40'000 Franken pro Arbeitskraft. «Wir wollen unseren Bauernfamilien eine Perspektive bieten», doppelte Markus Ritter in seinem Referat nach.

Klare Worte fand auch der Berner SVP-Nationalrat Rudolf Joder: «Die bisherige Landwirtschaftspolitik genügt der Zukunft nicht!» Rudolf Joder vertrat die Gruppe Joder/Graber, die sich im kürzlich gegründeten «Verein für eine produzierende Landwirtschaft» neu organisiert hat. Er vertrat weiter auch die SVP Schweiz.

Gemeinsame Initiative

Nach drei Verhandlungsrunden hatten sich die Gruppe Joder/Graber und der Bauernverband gefunden und sich auf einen gemeinsamen Initiativtext geeinigt. Nun «startet die Schweizer Landwirtschaft geschlossen die Unterschriftensammlung», wird im Pressecommuniqué betont.

Administrativer Aufwand reduzieren




Besonders am Herzen liegt Rudolf Joder der Schutz der Sömmerungsfläche und die Reduktion des administrativen Aufwands. Und die Produktion: «Für die Produktion müssen wieder Anreize geschaffen werden», forderte er.

«Wir Junglandwirte sind die Lebensmittelproduzenten von morgen», fügte Hansueli Rüegsegger, Präsident der Junglandwirtekommission, an. Aber ohne Kulturland und mehr Planungssicherheit gehe es nicht. Konkret fordern die Junglandwirte einen 8-Jahres-Rhythmus bei der Agrarpolitik.

18 Monate Zeit



Die Initiative wurde am 4. Februar 2014 im Bundesblatt publiziert, womit die 18-monatige Sammelfrist startete. Um die benötigten 100'000 Unterschriften innert möglichst kurzer Zeit zu sammeln, sind unter anderem zwei landesweiten Sammelaktionen geplant. Am kommenden Samstag, 15. März und am 15. März wird in fast jeder Gemeinde der Schweiz gesammelt.

«Wir erhoffen uns auf diese Weise eine starke Strahlkraft», so Kampagnenleiter Urs Schneider. Die Aktionen würden unterschiedlichen ausfallen, in kleinen Gemeinden seien es zum Beispiel von Tür-zu-Tür-Aktionen, in mittelgrossen Gemeinden postiere man sich vor den Dorfläden, so der stellvertretende Direktor des Bauernverbandes.

Auch SVP sammelt

Der «Verein für eine produzierende Landwirtschaft» will laut Rudolf Joder im Laufe der Unterschriftensammlung mindestens 15'000 Unterschriften beisteuern. Auch die SVP Schweiz werde sich an der Unterschriftensammlung beteiligen.

Diese und nächste Woche werden mit der gesamten bäuerlichen Presse Unterschriftsbogen verschickt. Auf der dreisprachigen Webseite www.ernaehrungssicherheit.ch gibt es alle Informationen zur Initiative. Hier kann man auch Unterschriftenbogen herunterladen.

Symbolische Aktion auf dem Waisenhausplatz

Im Anschluss an die Medienkonferenz traten die Junglandwirte auf dem Waisenhausplatz mit einer besonderen Aktion an. Grüner Stoff in den Massen der Fläche, die jeweils innerhalb 30 Sekunden verschwindet, symbolisierte den Kurlandverlust, ein Holzgerüst die rasante Überbauung. Passend zur "Initiative für Ernährungssicherheit" gab es Äpfel und Käse zu essen, ein junges Kalb am Halfter und die Kinder der Beteiligten komplementierten den sympathischen Auftritt. Und natürlich wurden bereits erste Unterschriftsbogen verteilt.

Jeanne Woodtli