Ich mag keine Werbung. Ausser vielleicht die Printwerbung für die neueste Schuhmode oder Kinotrailer, aber ich bin nicht ganz sicher, ob letztere überhaupt unter diese Kategorie fallen...

Es mag nicht sehr österlich sein, sich am Gründonnerstag öffentlich darüber auszulassen - aber besonders Mühe habe ich mit den Werbespots der Schweizer Detailhändler für hiesige landwirtschaftliche Produkte. Diese mit sämtlichen kitschigen Regenbogenfiltern versehenen Hochglanzbilder, untermalt von Zuckergussfahrstuhlmusik, man sieht die Sängerin förmlich vor sich, wie sie im weissen Spitzenkleidchen über eine blühende Blumenwiese hüpft, wie ein kleines glückliches Mädchen ...

Es sind Bilder, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Natürlich weiss ich, dass das bei Werbung selten bis nie der Fall ist. Aber die herzigen Kinder, die im Aldi-Werbespot auf dem Feld von Hand Rüebli ausziehen und diese einem kuscheligen weissen Häsli füttern, sorgen bei mir als Tochter von Gemüsebauern nicht für den Jööööööh-Effekt.

Genauso wenig wie der Bauer, der mit dem schmucken Oldtimer-Traktor und dem Retro-Holzwagen die Äpfel direkt in die Aldi-Filiale fährt.

Trotzdem nehme ich an – oder ich hoffe es doch sehr -, dass Herr und Frau Schweizer wissen, dass unsere Bauern ihr Heu in den meisten Fällen nicht mehr auf Heinzen trocknen und dass Kartoffeln nicht von Hand gegraben werden. Sie sehen ja ihren Nachbarn mit dem grossen Traktor und der Presse durch das Dorf fahren. Die Frage ist, was mit der Familie aus der Stadt ist, die zwar dutzende Nachbarn hat, aber darunter keinen Bauern.

Mir will nicht in den Kopf, warum man die Schweizer Landwirtschaft nicht auf ein bisschen weniger verklärte Weise bewerben kann.

Seit Anfang Jahr läuft zum UNO-Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe die Facebook-Aktion «Mein Bauer. Meine Bäuerin.» – und das auch erfolgreich.

Die Bauernfamilien aus allen Ecken und Winkeln der Schweiz geben der Landwirtschaft ein sympathisches und vor allem echtes Gesicht. Sie berichten über den Kontrolleur, der vorbeikommt, den Papierkrieg, den man heute als Landwirt ausfüllen muss, das fachgerechte Schneiden der Apfelbäume oder auch über das Glück im Stall, wenn beim Tiearztbesuch feststeht, dass alle besamten Kühe tragen. Verschwiegen wird aber auch nicht, dass heute so und so viele Schlachtschweine eingeladen wurden.

Es geht doch! Ich wäre dafür, dass man ab sofort für alle TV-Spots und Plakatkampagnen, die etwas mit der Schweizer Landwirtschaft zu tun haben, nur noch «richtige» Bauernfamilien verpflichtet. Die Entschädigung würde dann erst noch den in vielen Fällen alles andere als rosigen Arbeitsverdienst etwas aufbessern.

Ich wünsche Ihnen frohe Ostern und gutes Eiertütschen (ohne Importeier, aber das ist eine andere Geschichte!)

Jeanne Woodtli