«Also ich weiss nicht, was es über mich Interessantes zu schreiben gäbe   » Karin Schaub-Wüthrich vom Hof Girlang im Solothurner Jura schaut die Journalistin lächelnd an. Und fährt weiter: «Ich habe drei Kinder (Reto 13, Delia 10, Jonas 7), mache den Haushalt, melke Kühe und helfe dort, wo es grad nötig ist. Das machen doch Tau-sende von anderen Bäuerinnen auch.» Sie zweifelt, ob das genug sei für einen interessanten Bericht.

Oft haben Bäuerinnen die gleichen Bedenken wie Karin Schaub. Sie finden ihr Leben zu wenig aufregend, um es in einem Porträt auszubreiten. Dann beginnen sie zu erzählen, antworten auf Fragen und stellen selbst fest, dass ihr Leben so uninteressant gar nicht ist.



Manchmal gehen die Kinder zuerst zu den Grosseltern

Bis vor Kurzem war das Bauernhaus Girlang in Beinwil SO ein Viergenerationenhaus: Die Urgrosseltern wohnten unter dem Dach, die Grosseltern Erika und Hans Tschan-Schaub in der rechten Haushälfte und die junge Familie in der linken. «Wir betreten das Haus alle durch den gleichen Eingang und teilen die Waschküche», sagt Karin Schaub. Für sie und ihre Kinder sei diese Art zu wohnen immer ein Gewinn gewesen und bleibe es. Manchmal würden halt die Kinder nach der Schule zuerst nach rechts gehen, weil sie dem Grosi, dem Grossvater dringender etwas erzählen müssten als den Eltern.



Kürzlich habe eine Kollegin sie befragt zum Zusammenleben mit den Schwiegereltern. Sie

höre hauptsächlich Negatives darüber. Sie rede wohl nicht mit den Richtigen, antwortete Karin Schaub, denn sie kennt viele, wo es gut läuft wie bei ihnen. Philosophisch hält Karin fest: «Es ist eben ein Geben und ein Nehmen.»



Milchsammelstelle 
im Schulhaus

Karin Schaub wuchs als Zweitjüngste von sechs Mädchen auf, die alle einen Bauern heirateten. Sie kann sich nicht erinnern, dass sich das eine von ihnen je vorgenommen hatte. Es habe sich einfach so ergeben. Ihre Eltern Hanni und Hansuli lebten auf einem Hof in Gambach, später in Aeschi bei Spiez BE. 1982 zogen sie auf den Vorderen Erzberg am Scheltenpass, wo sie von der Alpgenossenschaft Huttwil angestellt waren als Hirtenfamilie, die das ganze Jahr die rund 15 Fohlen und im Sommer die rund 130 Rinder der Genossenschafter betreute.

Gleichzeitig wirteten sie in der dazugehörigen Bergwirtschaft. Die Mädchen mussten draussen und drinnen helfen. Die Schule besuchten sie und die jüngeren Schwestern in Schelten, wohin sie mit einem «Traktorjeepli» mit grüner Nummer fuhren. Morgens nahmen sie grad die Milch mit, denn die Sammelstelle befand sich im Schulhaus. Überhaupt seien sie eher wie «Giele» aufgewachsen und ziemlich wild gewesen. Auch wenn sie abgelegen herangewachsen seien, hätten sie eine fröhliche und überhaupt nicht langweilige Jugend verbracht. Die sechs Schwestern könnten wohl mehr als ein Buch schreiben über ihre Jugend. Sie halten engen Kontakt untereinander und unternehmen jährlich eine ganztägige Reise zusammen mit den Eltern. «Dafür schenken wir uns nichts an den Geburtstagen», erklärt die Bäuerin.



Auf den Lehrling 
ist Verlass

Nach der Schule absolvierte Karin Schaub ein Welschlandjahr in Carouge VD und später die Ausbildung zur diplomier-ten Bäuerin am Wallierhof SO. 26-jährig, heiratete sie Daniel Schaub, der zusammen mit seiner Mutter Erika und Stiefvater Hans Tschan Milchwirtschaft und Rinderaufzucht betreibt. Die Familie hält auf dem Betrieb mit 44 ha Nutzfläche rund 40 Kühe und etwa ebenso viele Rinder und Kälber in Aufzucht. Daneben arbeitet Daniel Schaub als Besamer. Auf ihren Lehrling ­Dani Lisser vom Hof Neuhaus Ramiswil können sie sich voll verlassen. Der junge Mann war schon als Schulbub oft bei ihnen.



Eine grosse Freude ist es für die Eltern, dass Sohn Reto, der selbst zehn Schafe hält und für sie aufkommt, weiss, dass er den Hof eines Tages übernehmen möchte.

Während zwölf Jahren war 
Karin Schaub Vizepräsidentin des Bäuerinnen- und Landfrauen-vereins Lüsseltal, wo sie weiterhin Mitglied ist. Ihr grösstes und liebstes Hobby ist das Volleyballspiel, dem sie seit zwölf Jahren frönt. «Ich kann ja gut weggehen abends, weil es genügend 
Babysitter gibt im Haus», sagt sie 
lachend.

 

Benildis Bentolila