«Dank des Eierskandals in Nordeuropa gehen die Eier weg wie frische Weggli. Die Eier von morgen sind auch schon zur Hälfte weg», meint Therese Baumann lachend. In Mesikon, am Rand des Zürcher Oberlandes, produzieren Therese und ihr Mann Daniel Baumann Eier für den Verkauf ab Hof und beliefern Hofläden, Restaurants und Altersheime.

Anlaufstelle für Sorgen

Baumanns haben anfangs der 80er-Jahre geheiratet und eine Familie gegründet, zu den drei Kindern mit Partnern sind unterdessen auch vier Enkelkinder dazugekommen. Der Ehemann war gelernter Maschinenmechaniker und machte zusätzlich die Ausbildung zum Landwirten. Vor 30 Jahren entschied sich das Ehepaar, auf dem kleinen Betrieb von Daniel Baumanns Familie in die Eierproduktion einzusteigen. Gestartet sind sie mit 400 Legehennen in Bodenhaltung. Der Stall auf der ehemaligen Heubühne über dem früheren Kuhstall war eher ungewöhnlich.
In weiser Voraussicht bauten sie gross genug und konnten dank reger Nachfrage, die gackernde Schar in wenigen Jahren verdoppeln. Später kamen noch 400 Hühner in Freilandhaltung dazu. Während der Ehemann Teilzeit bei einem grossen Eierproduzenten arbeitet, hält die Bäuerin die Stellung auf dem Betrieb. «Viele unserer Kunden schätzen es, dass sie bei mir auch gelegentlich Probleme und Sorgen abladen können. So bin ich manchmal auch Seelsorgerin. Im Gegensatz zu Psychologen und Pfarrleuten arbeite ich aber gratis.»

Klein, aber oho!

Begeistert und mit viel Fachwissen erklärt Therese Baumann die Organisation ihres Eierunternehmens. Ihre Philosophie war und ist die Veredelung und damit die Wertschöpfung auf dem Betrieb zu behalten. «Mehr Legehennen heisst auch mehr Klein- und Brucheier. Darum haben wir vor 20 Jahren in eine Teigwarenmaschine investiert.» Mit Dinkelmehl und Hartweizengriess produziert sie einmal in der Woche etwa 60 Kilogramm Teigwaren in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Für das Verpacken ist die älteste Tochter zuständig, die so zu einem kleinen Nebenverdienst kommt. Die engagierte Bäuerin erklärt, dass zu gewissen Zeiten, wie etwa vor Ostern und Weihnachten, die Nachfrage das Angebot übersteige. «Aber wir haben unsere Grösse erreicht und die Abläufe optimiert. Ein Ausbau würde das Gleichgewicht durcheinanderbringen, würde weitere Investitionen nach sich ziehen und allenfalls auch mehr Personal benötigen. Wir bleiben wie wir sind: klein, aber oho!» Wenn mehr als 1000 Eier pro Tag gelegt, sortiert und vermarktet werden müssen, gebe das ein paar Stunden Arbeit. Therese Baumann färbt pro Woche 500 Eier. Die Einrichtung dazu ist einfach aber funktionell: Damit die Eier immer die gleiche Qualität bekommen, werden nur Eier eines bestimmten Gewichtes in alten Frittierkörben ins kochende Wasser gehängt. Thermometer und Küchenwecker liegen griffbereit neben der Kochplatte. «Ein Teil unserer Kunden steht das ganze Jahr über auf gekochte und gefärbte Eier. An Ostern wächst dann die Nachfrage natürlich auf ein Vielfaches.» Mit Begeisterung engagiert sich Therese Baumann im kleinen, überschaubaren Frauenverein von Mesikon und Umgebung. Auch hier gilt: klein aber oho! So organisieren die Frauen alljährliche einen Buurezmorge für drei- bis vierhundert Leute. Den daraus resultierenden Erlös spenden sie einer wohltätigen Institution. Nachher gibt es natürlich noch ein Helferessen, vielleicht eine Reise oder einen Weihnachtsabend, und Therese Baumann schaut als Kassierin, dass die Finanzen stimmen. «Ich bin ein Zahlenmensch, mir ist es wichtig, dass ich die Abrechnungen jeweils zügig und verlässlich fertigstellen kann», meint sie bestimmt.

Jedem sein Abend

Therese Baumann ist auf einem kleinen Bauernhof in Wädenswil ZH aufgewachsen. Schon früh wusste sie, dass ihr Herz für die Landwirtschaft schlägt. Nach dem bäuerlichen Haushaltungslehrjahr arbeitete sie an der Bäuerinnenschule Wülflingen, absolvierte den Bäuerinnenkurs und arbeitete anschliessend wieder in der Küche und im Service der Bäuerinnenschule. Den Sommer über war sie Familienhelferin bei der ländlichen Familienhilfe. In dieser Zeit lernte sie viele Gleichgesinnte kennen und Freundschaften entstanden.

Nach der Heirat und der Geburt der drei Kinder wurde der Donnerstag «ihr Abend». Mit Begeisterung tanzt sie in einer Volkstanzgruppe im Zürcher Weinland. «Am Donnerstagabend war immer Vatertag. Da war ich nicht zu Hause.» Dafür hatte Daniel Baumann am Montagabend seinen Fussball. Das klappte immer bestens, heute sind die Kinder selbständig – und Baumanns pflegen ihre Hobbys immer noch. 

Reger Tausch und Austausch

«Nach dem Tanzen ist immer Markt: Da öffnen alle den Kofferraum ihrer Autos und es werden die bestellten Joghurts, die Gemüsekisten, Teigwaren und vieles mehr ausgetauscht», erzählt die Bäuerin begeistert. Auch die Kontakte aus der Bäuerinnenklasse pflegen Baumanns rege. Seien das gemütliche Grilltreffen oder eine Betriebsbesichtigung. Herausforderungen wie etwa eine Umstellung oder eine bevorstehende Übergabe werden dabei breit diskutiert. Baumanns schätzen aber auch den gedanklichen Austausch mit Kollegen und Freunden aus nicht bäuerlichen Kreisen. Und dies ergibt sich aus dem Netzwerk von Direktvermarktung, Fussball und Volkstanzen von alleine. 

Margreth Rinderknecht