Wird ein Pferd vorübergehend ins Ausland geführt, braucht es ein Carnet ATA. Beim Grenzübertritt wird das Carnet «eröffnet», allerdings nur, wenn der Zoll während der öffentlichen Bürozeiten passiert wird.
Geschieht der Grenzübertritt ausserhalb der Bürozeiten, beispielsweise an Sonn- und Feiertagen oder nachts, kann das Carnet auch vor der eigentlichen Reise an jedem Zollamt eröffnet werden. Dann wird man aufgefordert, das Pferd vorzuführen.
Pferd ohne Besichtigung abgefertigt
Das hat auch Alice K. (Name von der Redaktion geändert) so erfahren. Für eine Kursteilnahme in Süddeutschland löste sie ein Carnet ATA. Da sie plante, den Zoll am Karfreitag zu passieren, hiess man sie, sich direkt mit dem Zollamt in Bern in Verbindung zu setzen, da an Sonn- und Feiertagen die Güterabfertigung an Zollämtern geschlossen ist.
Auf dem telefonischen Weg reüssierte Alice K. allerdings nie. Sie schrieb dem Zollamt eine E-Mail mit der Bitte um Rückruf. In einer Antwort erhielt die Pferdebesitzerin die Aufforderung, sich direkt beim Zollinspektorat in Bern zu melden, um das Carnet ATA zu eröffnen und zwar mit Pferd.
In der blauen Parkzone erwies sich das Parkieren des Zugfahrzeugs mit Anhänger allerdings als unmöglich. Alice K. fand sich gezwungen, den Anhänger mitten auf der Durchgangsstrasse abzustellen. Auch die Bedienung auf der Amtsstelle habe sich als äusserst mühsam erwiesen, erläutert Alice K. gegenüber der «BauernZeitung».
So wurde die Kundin erst nach Nachfragen um Bedienung betreut. Die Abfertigung ging rasch über die Bühne. Doch das Pferd, das derweil im Anhänger draussen wartete, einen Stau produzierte und aufgrund der Aufforderung überhaupt mitgeführt wurde, wollte niemand sehen.
Für den Export braucht es den Stempel des Amtstierarzts
Weiter suchte Alice K. nach einem zuständigen Tierarzt, der ihr die Gesundheit ihres Pferdes mittels dafür vorgesehenem Formular bescheinigen würde. Ihre Recherche im Internet führte die Pferdebesitzerin zum Veterinärdienst des Kantons Bern auf den Link «Grenzverkehr mit Tieren und Tierprodukten».
Unter der dort aufgeführten Telefonnummer erhielt sie die Auskunft, dass das Pferd ein Amtstierarzt sehen müsse und erhielt die Adresse des für sie zuständigen Tierarztes, der 38 km entfernt vom Stall praktiziert. Um Kosten zu sparen, fuhr Alice K. nach dem Halt beim Zollamt gleich direkt beim Amtstierarzt vor. Der Arzt, der gerade einer Freizeitbeschäftigung nachging, händigte der Pferdebesitzerin nach kurzer Betrachtung des Pferdes im Anhänger das Zeugnis aus.
Es gab allerdings keinen Untersuch. Stattdessen wollte der Tierarzt die Autonummer und die Anhängernummer wissen und fragte nach der korrekten Impfung, obwohl für den Grenzübertritt im Fall von Alice K. keine Impfungen notwendig gewesen wäre. Nach einem kurzen Augenschein verlangte der Tierarzt bei der Kundin 110 Franken für seine Umtriebe, händigte dafür aber keine Quittung aus.
«Die Abrechnung läuft nach den neuesten Vorgaben über den Veterinärdienst», äussert Marcel Geronimi, Amtstierarzt in Rüegsauschachen, auf Anfrage der «BauernZeitung».
«Als Amtstierarzt gehe ich einer amtlichen
Tätigkeit nach, ich bin Angestellter», erläutert er. Und das seit Anfang Jahr. Sämtliche Exporte muss er Ende Monat mittels Spesenformular abrechnen. Dann teilt er dem Kanton mit, welchen Aufwand er betrieben hat, äussert sich also über die Untersuchung, den Anfahrtsweg und das Bearbeiten der Formulare.
Schweiz reagiert auf den Druck der EU
Das oben beschriebene Beispiel sei ein Vorgehen, wie es bis Ende letzten Jahres üblich war, erklärt Marcel Geronimi auf Anfrage und bestätigt, dass seit dem 1. Januar dieses Jahres keine Abrechnung mehr über den Tierarzt geht. Auf Druck der EU habe man in der Schweiz reagieren müssen.
Ende 2013 wurde im Kanton Bern jeder Auftrag mit den ehemals praktizierenden Amtstierärzten «gekündigt». Am 1. Januar trat die neue Regelung in Kraft. Einige der bisherigen Amtstierärzte wurden nicht mehr weiter beschäftigt. So ist das Gebiet von Geronimi grösser geworden.
Laut Kantonstierarzt Reto Wyss, Leiter des Veterinärdienstes, sind im Kanton Bern neu 30 Amtstierärzte mit unterschiedlichem Anstellungsgrad beschäftigt. Von ihnen werden 14 als Exporttierärzte tätig sein. Nur sie dürfen eine Gesundheitsbescheinigung für Exportpferde ausstellen. Eine allgemein zugängliche Liste gäbe es noch nicht.
Mit Schwierigkeiten und Unklarheiten ist zu rechnen
Das System befinde sich zurzeit noch in Umstellung, die Tierärzte in der Aus- und Weiterbildung. Wyss bestätigt gegenüber der «BauernZeitung», dass die Abrechnung seit 1. Januar dieses Jahres über den Kanton läuft. Zum beschriebenen Fall kann Wyss keine Stellungnahme abgeben, anhand des Beispiels könne er nicht abschliessend beurteilen, was vorgefallen sei. «Die Umstellung ist am Laufen, mit gewissen Schwierigkeiten und Unklarheiten muss man rechnen», so Wyss.
Hat die Umstellung auf das neue
System dann stattgefunden, soll die Abrechnung wie beschrieben, routinemässig über den Kanton abgewickelt werden. Kontrolliert werden soll künftig vom kantonalen Veterinärdienst. Diese Kontrolle sei im neuen System besser möglich, ist Wyss zuversichtlich.
Es scheint aber auch künftig sinnvoll, sich als Tierbesitzer über die Pflichten im Falle eines Exports selber schlau zu machen. Hilfestellung bietet der kantonale Veterinärdienst unter Tel. 031 633 52 70.
Simone Barth