Vreni Senn vom Organisations-Team gab ihrer Freude darüber Ausdruck, dass eine grosse Schar von Menschen an den Tag der Bäuerin geströmt war. Der Saal des OLMA-Forums war bis auf den letzten Platz besetzt. Auf dem Programm standen ein Referat von Mental- und Motivationstrainer Manfred Gehr-Huber und Kurzreferate der beiden Bäuerinnen Claudia Schwizer und Tanja Müller-Studhalter. Wer mit Herzblut bei der Sache sei, dem falle die Arbeit leichter, betonte SRF-Redaktor Claudio Agustoni, der den Tag der Bäuerin moderierte, in seinen Begrüssungsworten.
Das Beste aus der Situation machen
«Motivation kann von sich aus kommen, von anderen, durch Belohnungen oder die Aussicht auf einen guten Lohn», erklärte Manfred Gehr. Während seiner beruflichen Tätigkeit habe er erkannt, dass die Menschen dem Leben gegenüber ganz unterschiedliche Haltungen hätten. «Die einen sehen die Hindernisse, andere sagen, da hat es viel Platz und es gibt viele Wege.» Wer sich frage, warum etwas nicht funktioniere, halte sich unnötig mit Gedanken über das Scheitern auf. «Die Frage muss lauten, was brauche ich, damit es gelingt.»
Motivation habe viel mit der Sichtweise zu tun und dem Herausfinden, was man wirklich wolle, betonte der Mentaltrainer. «Wer weiss, was er will, kann sich auf den Weg konzentrieren. » Ganz gleich in welcher Situation man sich befinde, sei der Versuch immer möglich, das Beste daraus zu machen. Dies treffe auch auf Situationen zu, die alles andere als leicht seien. Bei seiner Arbeit habe er die Erfahrung gemacht, dass sich die Menschen oft mit dem Drang nach Perfektion das Leben schwer machten. Deshalb sei es wichtig, sich und seine Fähigkeiten so zu akzeptieren, wie sie sind. Der Mensch verfüge über viel Erinnerungskraft, Phantasie und Kreativität. Aus den positiven Erlebnissen lasse sich Kraft und Motivation schöpfen.
Schwere Krise überwunden
Claudia Schwizer berichtete in ihrem Kurzreferat über ihre schwere Zeit, als sie nach der Krankheit und dem Tod ihres Mannes die Führung des Haushalts und des Landwirtschaftsbetriebs unter einen Hut bringen musste. Zwei Jahre lang habe sie viele Hochs und Tiefs erlebt, bis sie in eine schwere Krise geraten sei. Ihren beiden Kindern und den Mitarbeitenden habe sie darauf ihren Entschluss unterbreitet, den Hof aufzugeben. Sie alle hätten sehr überrascht und auch mit Unverständnis reagiert. Sie strahle doch stets soviel Kraft aus, da könne sie sich doch nicht in einer Krise befinden, habe man ihr gesagt. Die Bäuerin aus Walenstadt erzählte wie die Menschen in ihrem Umfeld ihr Unterstützung gaben, die Motivation zurückkehrte und sie sich entschloss, den Landwirtschaftsbetrieb doch nicht aufzugeben. Sie habe lernen müssen, vieles loszulassen, ihre Mitarbeitenden selbständiger arbeiten zu lassen und zwischendurch kleine Auszeiten zu nehmen. Auch habe sie erkannt, dass jeder Mensch im Leben Krisen habe, ob er von Schicksalsschlägen getroffen werde oder nicht. Ein älterer Mann habe einmal zu ihr gesagt, sie solle sich nicht mit der Frage aufhalten, warum gerade sie von einem Schicksalsschlag gestraft werde. Das Nachdenken darüber bringe keine Antworten, sondern verbrauche nur Kraft. Heute sei sie stolz darauf, den Weg weitergegangen zu sein.
Die Herausforderungen annehmen
Tanja Müller, gelernte Bankfachfrau, Bäuerin und Mutter von zwei Kindern, stand kurz vor den Abschlussprüfungen einer Weiterbildung, als sie vor zwei Jahren erfuhr, dass sie an Schilddrüsenkrebs erkrankt ist. Sie berichtete, wie sie dazu fand, das Schicksal anzunehmen und trotzdem weiterzukommen. Nur ganz kurz habe sie sich mit der Frage beschäftigt, ob sie denn nun die Prüfungen und all ihre Vorhaben überhaupt bewältigen könne. «Danach habe ich mich gefragt, was mich motiviert und bin bald darauf gekommen, das Motivation viel mit positiven Gedanken zu tun hat.»
In der Zwischenzeit baute die Bäuerin aus Ebersecken eine Direktvermarktung für ihre Hofprodukte auf. Zwar habe sich nicht von Anfang an der Erfolg eingestellt, doch hätten ihr die vielen positiven Feedbacks der Kundinnen und Kunden viel gegeben und sie motiviert weiterzumachen. Durch die Arbeit auf dem Markt habe sie grossen Halt und viel Wertschätzung erhalten. Immer wieder halte sie inne und frage sich, was sie im Alltag motiviere. «Für mich ist es vor allem, neue Dinge anzupacken. Ein gewisses Mass an Herausforderung bereichert mich und bewirkt, dass ich mit Leidenschaft dabei bin», betonte Tanja Müller.
Motivation muss nicht immer sein
In der Diskussionsrunde brachte Claudio Agustoni die Frage ins Spiel, wie er sich morgens zum Joggen motivieren könne, wenn er viel lieber im Bett bleiben wolle. Nicht immer müsse man sich zu allem motivieren, erklärte Manfred Gehr. In diesem Falle stehe die Frage im Vordergrund, was man wirklich wolle und einem Freude bereite. Vielleicht mache Tischtennis spielen oder Velofahren mehr Spass und bewirke ebenfalls, fit zu bleiben oder abzunehmen. Ein Zuhörer plädierte für motivationsfreie Tage. Ständige Motivation berge die Gefahr von Überforderung und noch mehr Stress. Manfred Gehr pflichtete ihm bei. Auch er kenne Tage, wo er lustlos, faul und unmotiviert auf dem Sofa liege. «Wichtig dabei ist nur, dass man auch diese Stunden akzeptiert und geniesst.»
Claudia Schmid