LID: Für den Auftritt haben die Eidgenössischen Räte 23 Millionen Franken gesprochen. Man war sich einig, dass die Ausstellung vor allem auch genutzt werden muss, um die Aktivitäten der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft darzustellen und über Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Ernährungsbereich sowie über den Tourismus zu informieren. Welche Rolle spielt die AMS beim Schweizer Auftritt?


Urs Schneider: Agro-Marketing Suisse AMS ist die Vereinigung zur Förderung des Absatzes von landwirtschaftlichen Produkten aus der Schweiz. Die AMS ist "Presenting Partner" des Restaurants im Schweizer Pavillon. Das ist die geeignetste Form, um Schweizer Produkte der Land- und Ernährungswirtschaft in Szene zu setzen und zu bewerben.

Warum will die AMS an der Expo Milano teilnehmen?

Das Durchführungsland Italien ist einer der wichtigsten Absatzmärkte für Schweizer Käse. Weitere Spezialitäten und verarbeitete Produkte, wie Schokolade, werden in Italien verkauft. Italien und insbesondere Norditalien sind interessant für den Aufbau neuer Exportmärkte für Produkte aus der Schweiz, insbesondere im Zuge zunehmend offener Grenzen. Die Nähe zum Austragungsort bietet, im Gegensatz zu den letzten Austragungsorten in Asien, schon von der Logistik her grosse Vorteile.
Für die auf Qualität und Nachhaltigkeit setzende Schweizer Landwirtschaft ist das Motto "Den Planeten ernähren, Energie für das Leben" hervorragend geeignet, um sich mit einem Auftritt auch thematisch einzubringen. Ein Auftritt an dieser Ausstellung ist auch für Werbung im Heimmarkt interessant, da sehr viele Besucher aus der Schweiz erwartet werden. Der Anlass bietet der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft eine einmalige Möglichkeit, sich als innovativen, zukunftsorientierten Teil der Schweizer Wirtschaft zu präsentieren.

Welche Partner sind beim Restaurant mit im Boot?

Die Gesamtverantwortung für den Schweizer Auftritt obliegt Präsenz Schweiz. Von Seiten AMS wird eng mit Switzerland Cheese Marketing zusammengearbeitet, da dem Käseexport eine wichtige Bedeutung zukommt. "Operating partner" für den Betrieb des Restaurants ist die Palexpo SA, ein renommiertes Cateringunternehmen aus Genf, das beispielsweise die Restauration am Autosalon betreibt.

Gibt es konkrete Zahlen zum AMS-Engagement?


Das Engagement der AMS betrifft das Restaurant und einen Informationsstand über Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft und deren Produkte. Dahinter steht ein Promotionsziel. Das finanzielle Engagement der Landwirtschaft liegt bei 1,6 Millionen Franken. Für die Vorbereitung und Umsetzung des Projekts wird eine Projektleiterin oder ein Projektleiter angestellt.Dieser wird vor Ort die Funktion eines Supervisors ausüben, Anlässe organisieren und den Informationsstand betreiben. Für dessen Betrieb kommen für die Dauer der Ausstellung drei Personen dazu. Es wird noch Verhandlungen geben über weitere Partner die einbezogen werden. Das Personal für den Betrieb des Restaurants wird Palexpo anstellen. Das werden wohl rund 50 Leute sein.

Nachdem sich die Schweiz bereits im Jahr 2010 als erstes Land für eine Teilnahme angemeldet hatte, dauerte es vier Jahre bis diesen April ein gültiger Vertrag unterzeichnet werden konnte.


Lange war vieles unklar und es gab immer wieder Konzeptanpassungen. Deshalb war Präsenz Schweiz erst dieses Frühjahr in der Lage einen Vertrag für die Zusammenarbeit mit der AMS und Palexpo SA zu unterbreiten. Dieser ist nun aber bereinigt und unterschrieben. Die Wünsche der Landwirtschaft wurden erfüllt. Es wird im Restaurant nur Schweizer Produkte geben, die weitgehend von Schweizer Personal serviert werden und das Design des Restaurants kann die AMS bestimmen.

Das Motto der Weltausstellung "Expo Milano 2015" lautet "Den Planeten ernähren. Energie für das Leben." Warum geht die Schweiz dahin? Wir haben ja kaum kostengünstige Kalorien, um die Welt zu versorgen – zudem importiert die Schweiz ja -–je nach Berechnung – 40-50 Prozent der im Inland konsumierten Lebensmittel.


Die Schweiz will ja nicht die Welt ernähren – aber die weltweite Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln ist ein Thema, das auch die Schweiz beschäftigt, wie beispielsweise die sehr erfolgreiche Unterschriftensammlung für die Initiative für Ernährungssicherheit zeigt. Mit einem angemessenen Selbstversorgungsgrad und dem Export von Spezialitäten kann die Schweiz durchaus einen Beitrag leisten. Im thematischen Teil können weltweit tätige Schweizer Unternehmen und Organisationen auch spannende Beiträge zum Thema einbringen und das Konzept mit den Türmen aus denen sich die Besucher bedienen können, finde ich sehr spannend. Wenn die Besucher in den ersten Wochen alles leeren, bleibt für die nachfolgenden nichts mehr übrig. Da wird Nachhaltigkeit verständlich vorgeführt.

Ausser Käse werden wenige Produkte der Branchen in Italien verkauft. Auch wenn das Nachbarland Italien interessant für den Aufbau neuer Exportmärkte für Produkte aus der Schweiz ist, fragt es sich welche Produkte besonders in Frage kommen würden?


Im Vordergrund steht natürlich auch in Zukunft Käse. Die Expo bietet die Gelegenheit den Export in Italien wieder zu beleben und auf neue Sorten auszudehnen. Neben Käse dürften es vor allem verarbeitete Produkte, wie Schokolade, und aussergewöhnliche Spezialitäten sein. Der Auftritt ist auch als proaktive Aktion zu verstehen. Sollte es eintreffen, dass die Weltmarktpreise steigen und es eine Nivellierung von Lebensmittelpreisen geben, steigt die Konkurrenzfähigkeit von Schweizer Produkten und es ergeben sich Chancen für neue Produkte.

Wie schätzen Sie die Ausstrahlung über Milano und Italien hinaus ein?

Die Weltausstellung – nomen est omen – wird Besucher aus der ganzen Welt anziehen. Auch bei diesen wollen wir positive Eindrücke hinterlassen. Man rechnet auch mit sehr vielen Schweizer Besuchern, welche die Nähe nutzen werden, um einmal eine Weltausstellung zu besuchen. Von daher ist der Auftritt auch Werbung für den Heimmarkt.

Wie schafft es die Schweiz, sich gegen die zahlreichen weiteren Länderpavillons in Szene zu setzen?

Die Schweizer Ausstellung mit den Türmen und dem Holzbau wird eine besondere Ausstrahlung und Anziehungskraft haben und auch gewollte Diskussionen auslösen. Das Restaurant wird durch hervorragende Qualität zu einem günstigen Preis und ein spezielles Ambiente überzeugen.

Besteht bei Messen nicht grundsätzlich die Gefahr, dass die Besucher zwar gerne alles degustieren, aber danach gleich zum nächsten Stand ziehen, ohne dass nachhaltige Wirkung erzielt wurde?

Es besteht ein Unterschied zwischen Messen und einer Ausstellung. Dort wo es interessant ist und wo man sich wohl fühlt, wird man verweilen. Wir hoffen, dass das auf dem Schweizer Pavillon und im Restaurant der Fall sein wird.

Als Schweizer Thema der Expo sollen gross dimensionierte Türme aufgebaut werden und mit Lebensmitteln aus der Schweiz einmal gefüllt, aber nicht nachgefüllt werden, um die Endlichkeit der Ressourcen zu zeigen. Da werden wohl die Schlüsselprodukte der Schweiz im Export wie Käse oder Schokolade eingefüllt werden?


Das läuft über Präsenz Schweiz. Käse oder Schokolade sind aus klimatischen Gründen im Sommer nicht möglich. Es müssen haltbare Produkte sein, welche die Konzeptidee, der sich leerenden Türme, erfüllen und für die sich auch Partner finden lassen. Nachdem wir unsere Produktvielfalt über das Restaurant zur Darstellung bringen können, ist es für uns nicht entscheidend, was in den Türmen ist.

Als OK-Präsident des Eidg. Schwingfest 2010 und langjähriger Projektverantwortlicher des Schweizer Auftritts an der Internationalen Grünen Woche Berlin haben Sie Erfahrungen mit der Organisation von Grossevents oder von Messeauftritten im Ausland. Mit welchen bisherigen Engagements kann Milano 2015 verglichen werden?


Das ist wieder etwas völlig Neues. Bei einem Projekt das vom Bund gemanagt wird, reden viele drein, was die Sache bei der Planung erschwert. Für die Umsetzung stellen sich zum Beispiel grosse Herausforderungen bezüglich Sprache und im Umgang mit der Mentalität der Menschen. Frauenfeld ist nicht Berlin und Berlin ist nicht Mailand. Gewisse organisatorische Grundsätze bleiben aber immer gleich.

Das Motto der Weltausstellung "Expo Milano 2015 lautet "Den Planeten ernähren. Energie für das Leben." Wie lautet das Motto der AMS und Ihr persönliches Motto für Milano?

Emotionen wecken! Wir wollen aufzeigen, dass die Schweiz ein Land ist, aus dem eine grosse Vielfalt hervorragender Produkte kommen und wo man unbedingt hingehen sollte.

Interview Markus Rediger und Jonas Ingold, LID