Sie sind neugierig, mitteilsam und würdevoll: Die Truten auf dem Bühlhof in Greppen LU treten selbstsicher auf. Besonders die Herren der Gattung sind deutlich begeistert von sich selbst. Ihr fettarmes Fleisch wiederum begeistert gesundheitsbewusste Esser – der Grund, warum Seniorbäuerin Agnes Muheim-Büeler schon vor 35 Jahren die Schweine zur Selbstversorgung durch Truten ersetzte.


1999 übernahm Sohn Christian Muheim den Hof in Pacht und führt ihn gemeinsam mit seiner Frau Luzia. Die Trutenmast ist ein Betriebszweig geblieben. «Ich konnte mir das zwar zunächst nicht so richtig vorstellen», erklärt Christian Muheim. «Aber dann sahen wir, dass die Nachfrage da war, und wir machten weiter.»

Mittlerweile werden jährlich rund 250 Tiere in Freilandhaltung gemästet und auf dem Hof geschlachtet. Das Fleisch vermarkten Muheims selbst an Institutionen der Region, Gastronomiebetriebe sowie Privatkunden.

Viele Hürden mussten genommen werden


Doch der Weg zum Erfolg war steinig. «Vor einigen Jahren haben Wildvögel Geflügeltuberkulose in den Bestand eingeschleppt», erzählt Christian Muheim. «Für Menschen ist diese Krankheit nicht gefährlich. Aber den Vögeln hat sie zugesetzt. Die Herde schien gesund, doch jeden Abend hatten wir ein totes Tier auf der Weide. Erst in Labortests konnte die Ursache festgestellt werden. Für uns bedeutete das, Stallung und Weidegelände zu verlegen, da der Erreger über Jahre im Boden aktiv bleibt.» Füchse machten dem Geflügel und damit auch der Bauernfamilie zu schaffen.

Und das Wetter am Ufer des Vierwaldstättersees hat ebenfalls seine Tücken. Nachdem Christian Muheim in Handarbeit den Prototypen für einen mobilen Stall errichtet hatte, musste er kurz darauf zusehen, wie ein heftiger Föhnsturm den «Gaden» zusammenklappen liess wie ein Kartenhaus. «Der Sturm war einer der stärksten, den wir je erlebt haben. Da die Truten draussen waren, verletzten sie sich nicht. Doch die Idee der mobilen Ställe erlebte damit einen Rückschlag.»

Wieder stellte sich für Muheims die Frage, ob sich die Trutenmast weiterhin lohnen würde. Wie sollten die Tiere künftig untergebracht werden? Auch für die Schlachtung auf dem Hof waren grössere Investitionen nötig. Doch Lösungen fanden sich: Heute übernachten die Hühnervögel in Polyester-Iglus, die im untersten Bereich windsicher in den Boden eingegraben sind. Als das Wohnhaus ausgebaut wurde, liess sich ein Schlachtraum integrieren.


Zusammengestellt wird nach Kundenwunsch


Besonderes Glück aber hatte die Familie, dass sie eine Occasionskühlanlage in einer Fertiggarage übernehmen und auf den Hof bringen lassen konnte. Die Anlage ist stark genug, die Temperatur selbst dann tief zu halten, wenn bis zu dreissig Vögel nach der Schlachtung eingelagert werden. Im Sommer finden Beeren Platz darin. Denn neben Trutenmast und Milchwirtschaft sind mehrjährige Beerenkulturen ein weiteres wirtschaftliches Standbein. Die Ernte gelangt unter anderem im betriebseigenen Hofladen in den Verkauf.

Das Trutenfleisch hingegen wird auf Bestellung hin abgegeben und nach Kundenwunsch zusammengestellt. Auch ganze Poulets verkaufen sich, meist an gebürtige US-Amerikaner oder Kanadier. «Bei ihnen gehört gefüllter Truthahn zu Thanksgiving oder Weihnachten auf den Tisch», schildert Muheim (s. Kasten). «Schweizer Kunden beziehen jedoch ebenfalls ganze Truten. In meiner Familie war gefüllter Truthahn über Jahre das Weihnachtsmenu.»

Bei acht Kilogramm wirds eng


Vögel mit einem Schlachtgewicht bis zu 8 kg passen in einen Schweizer Backofen. Doch nicht alle Bezüger möchten ein solches Riesentier. Damit verschiedene Grössen zu verschiedenen Zeitpunkten angeboten werden können, ist eine durchdachte Planung nötig. Zu sechs verschiedenen Terminen im Jahr werden Küken angeliefert. «Im Schnitt sind sie dann sechs Wochen alt, aber das ist nicht immer gleich», beschreibt Christian Muheim.

«Entsprechend müssen wir den Schlachttermin bestimmen. Wir wissen auch nicht, wie das Verhältnis von Männchen und Weibchen pro Lieferung aussieht. Die Männchen setzen besser an. Deshalb mästen wir sie länger. Doch zur Erhaltung der Masse brauchen sie mehr Futter, und die Ausfallquote kurz vor der Schlachtung kann höher sein. Die Rendite ist nicht deutlich besser.» Das Schlachtgewicht der Tiere zeigt allerdings eindrückliche Unterschiede: Hennen werfen bis zu 11 kg ab, Hähne bis zu 20 kg.

Zurzeit läuft alles rund. Doch es drohen Wolken am Betriebshorizont. In nördlichen Ländern mussten Geflügelbetriebe wegen der Vogelgrippe gesperrt werden. Macht Christian Muheim der Erreger H5N8 Sorgen? «Nein», meint er, «wirklich Sorgen macht uns die Kirschessigfliege. Wir hatten diesen Sommer grosse Ausfälle bei den Beeren. Gut, haben wir zum Ausgleich die Trutenmast.»

Sanna Bührer-Winiger