Ob beim Einkaufen im Dorfladen, während der Schulzeit oder im Jodlerklub: Wir treffen überall auf Menschen. Wir gewinnen neue Freunde – manchmal ohne es gross zu bemerken. Wir flechten ein Netzwerk aus Kontakten und das fühlt sich gut an. Wir wissen, dass wir dazugehören, dass sich Leute für einen interessieren und dass wir jemanden haben, dem wir auch unsere Probleme erzählen können. Genau ein solch ungezwungenes Netzwerk will Andrin Schulthess fördern. Der 26-Jährige hat vergangenen Frühling das Projekt YAN ins Leben gerufen. Er will damit ein Young Agronomist Network, also ein Netzwerk für junge Agronomen aufbauen. Die Idee dazu entstand aus einer Situation am Arbeitsplatz heraus: «Ich wusste bei einem Problem nicht weiter. Ich kenne so viele Leute, etwa vom Studium her, die mir helfen könnten», erzählt Schulthess. Aber er habe lange nichts mehr von ihnen gehört. Er wusste nicht recht, ob tatsächlich jemand seiner Kontakte aktuell auf dem Gebiet der Problemstellung arbeitet und ihm weiterhelfen könnte.
Ungezwungenes Programm
Schulthess studierte an der ETH in Zürich Agrarwissenschaften und schloss mit dem Master ab. Wie er kommen Studenten aus der ganzen Schweiz nach Zürich, um sich landwirtschaftliches Wissen anzueignen. Während des Studiums hat man Freunde aus der West-, Ost- und Südschweiz, vom Land und aus der Stadt. Nach dem Studium verstreuen sie sich aber wieder in alle Himmelsrichtungen und den Kontakt zu halten kann schwierig werden. Schulthess selbst arbeitet heute im landwirtschaftlichen Beratungsbüro Walter Jucker AG. Dabei beschäftigt er sich insbesondere mit rechtlichen Fragestellungen rund um das bäuerliche Bodenrecht und das landwirtschaftliche Pachtgesetz sowie mit Liegenschaftsverkäufen. Er möchte nun ehemalige und neue Bekannte aus dem Agrarsektor zusammenbringen und Freundschaften wiederaufleben lassen. Zu dem Zweck organisiert YAN – bestehend aus Schulthess und sechs weiteren OK-Mitgliedern – ein Wochenende in einem Lagerhaus im Berner Oberland. Eingeladen sind ehemalige Studierende der ETH und HAFL, die in den letzten Jahren abgeschlossen haben. Das Programm liest sich ungezwungen und locker. «Es geht darum, dass sich junge Leute, die im Leben etwa an der gleichen Stelle stehen, kennenlernen und austauschen können. Nicht ein 'Du nützt mir etwas, also spreche ich mit dir.' Sondern Kontakte, die freundschaftlich und wohlwollend aufgebaut werden, durch gemeinsame Erlebnisse und gute Gespräche», erklärt Schulthess. Kontakte die bestehen bleiben und in späteren beruflichen Situationen helfen können.
Scheitern ist erlaubt
Neben Wanderung und Spielenachmittag stehen zwei Vorträge auf dem Programm. Die Referenten sollen die Agronomen ermutigen, eigene Ideen umzusetzen. «Wenn die Leute sich nicht getrauen, Ihre Idee anzugehen und zu verwirklichen, ist das schade», sagt Schulthess. Es sei in Ordnung, wenn es mit einem Projekt einmal nicht klappt: «Scheitern ist halb so schlimm und darf dazugehören.» Wie zum Beispiel bei YAN. Er sei sich noch nicht sicher, ob das Wochenende wirklich stattfindet, so Schulthess. Bis jetzt ist nämlich nur die Hälfte der Plätze besetzt. «Vor allem ehemalige HAFL-Studierende dürfen sich gerne noch anmelden. Von ihnen nehmen aktuell nur zwei teil», erzählt der Organisator. Dabei wäre doch grad die Verbindung von HAFL und ETH eine gute Sache. «Schliesslich studieren wir die gleiche Fachrichtung, lernen uns aber kaum je kennen. Dabei wäre es wertvoll Vorurteile abzubauen und die Zusammenarbeit zu stärken », so Schulthess.
Gewinn für alle
Auch wenn Scheitern nicht so schlimm wäre, hofft Schulthess natürlich auf eine erfolgreiche Durchführung des Wochenendes. «Wenn das zu einem besseren Netzwerk im Agrarsektor beiträgt, freut es mich. Ich bin sicher, das kommt der ganzen Branche zugute. Wir könnten das Potential besser nutzen, wenn wir unser Wissen teilen.»
Deborah Rentsch