Die Morgenstimmungen auf dem Längenberg liebt Rosmarie Ruchti sehr und solche bekommt sie bei ihrer Tätigkeit als Milchkontrolleurin öfters zu sehen. Die guten Gene, sich für die Landwirtschaft und Viehzucht zu interessieren, bekam die aktive Bäuerin schon mit ins Blut. Etwas stolz meint sie lächelnd auf die Foto ihrer beiden Grosskinder blickend «u mir gäh se o dr nächschte Generation scho witer».
Den Wunschberuf in die Wiege gelegt bekommen
Die Bauerntochter wuchs im Berner Mittelland auf. Schon als kleines Mädchen war Rosmarie Ruchti im Stall anzutreffen und half bald bei den Arbeiten mit. So war auch die Berufswahl klar, vor vierzig Jahren war das weibliche Geschlecht aber noch kaum in der Ausbildung zum Landwirt anzutreffen. Darum absolvierte die junge Frau ein Haushaltungslehrjahr, besuchte die Handelsschule, sowie die Bäuerinnenschule, die sie 1982 als eidgenössisch diplomierte Bäuerin abschloss. «Leider habe ich nie Lehrtöchter ausgebildet, damals war kein Platz im Haus und die Umstände passten nicht», meint Rosmarie Ruchti rückblickend.
Glückliche Alpsommer als junge Familie
Durch die Heirat mit Peter Ruchti wurde der Naturpark Gantrisch, die Region zwischen Bern, Thun und Freiburg, zu ihrer Heimat. Mit den vier Kindern Katrin (1981), Susanne (83), Martin (84) und Christian (89) entstand eine glückliche Familie. Auf der Alp Selibühlvorsass am Gurnigel waren die jungen Ruchtis während acht Sommer tätig. «Wir genossen die schöne Zeit mit den drei kleinen Kindern am Berg», erinnert sich Rosmarie Ruchti glücklich. Als für die Kinder die obligatorische Schulzeit begann, wurden die Rollen mit den Schwiegereltern am Berg und Hof getauscht. Zuerst als Pächter und ab 1999 als Eigentümer bewirtschafteten das Ehepaar Ruchti-Junker den rund zwanzig Hektaren grossen Betreib (inkl. Pachtland) in Niedermuhlern. Mit dem Bau des neuen Stalls 2008 wurde mit dem Nachbarbauern eine Betriebszweiggemeinschaft gegründet. Nun arbeitet auch Sohn Martin als ausgebildeter Agrotechniker HF mit und so entstand 2014 die Generationengemeinschaft auf dem Betrieb.
Ein Gespür für die Befindlichkeit der Bauern
Seit 1994 ist Rosmarie Ruchti als Milchkontrolleurin tätig. Sie schätzt die Kontakte auf den Bauernhöfen sehr. «U de, gits nüt Nöis, Milchwägere», ist etwa zu hören, wenn sie unter die Stalltüre tritt. Manchmal weiss sie eine Neuigkeit aus dem Dorfleben, sie ist sich aber auch der Schweigepflicht in ihrer Tätigkeit bewusst. So ist zum Beispiel die Milchmenge der Kühe ein Tabuthema. Es braucht auch ein gutes Gespür, denn nicht jeder Melker ist am Morgen schon frisch und munter. Auch musste die «Frau Milchwägerin» wegen ihrer Vergesslichkeit schon zusätzliche Wege machen und die Probefläschchen daheim holen. «Es gäbe über die Milchkontrollen viele kleine Geschichten und Anekdoten zu erzählen», sinniert Rosmarie Ruchti. Vielleicht werden diese einmal in Buchform zusammengefasst, denn sie schreibt gerne. Ihr macht auch der «Schreibkram», der wie überall in der Landwirtschaft stetig zugenommen hat, keine Mühe. Seit 2013 ist Rosmarie Ruchti Präsidentin der Vereinigung bernischer Milchkontrolleure VBMK. Nur in den Kantonen Bern und Waadt sind die Milchkontrolleure organisiert. Mit Ausdauer und Hartnäckigkeit setzt sich Rosmarie Ruchti für ihre «Berufskollegen», beispielweise bei den Lohnverhandlungen ein. Wichtig sind ihr aber auch die Vernetzung und der Austausch mit den anderen Milchkontrolleuren.
Viele Kontakte und ein starkes Netzwerk
Neben der Mithilfe im Betrieb und den Milchkontrollen hegt und pflegt Rosmarie Ruchti auch ihr soziales Umfeld. Viele Geburtstagskarten erfreuen durchs ganze Jahr ihre Verwandten, Freunde und Bekannten. Einen speziellen Platz haben die vierjährige Anina und der zweijährige Flurin im Herzen ihrer Grossmutter. Als aktive Landfrau besucht Rosmarie Ruchti gerne Kurse und Anlässe im Verein. Singen und Tanzen kann die Bäuerin in der Trachtengruppe Oberbalm und die körperliche Fitness wird regelmässig im Damenturnverein trainiert. Dort gehören auch die Geburtstagstorten fest ins Programm. Backen ist ebenfalls ein Hobby von Rosmarie Ruchti und so bedeutet es für sie auch Freude, alle vierzehn Tage früh aufzustehen und für den Markt in Wabern feines, knuspriges Brot herzustellen. Die Freude frühmorgens aufzustehen den Teig zu kneten, oder zu den Bauern und Kühen in die Ställe zu gehen, hat sie bisher nie verloren. «Wow, isch das schön, was ig cha mache», ist die fröhliche Bäuerin überzeugt.
Barbara Heiniger