Anfang August einigten sich die Bauern, Tierschützer und Kälberhändler, dass seit Sonntag dieser Wochen nur noch Kälber vom Milchkühen – das sind Tränkekälber – gehandelt werden, die mindestens 21 Tage alt ist.
Umfrage zeigt ein erfreuliches Resultat
Eine Umfrage bei den Kälberhändlern auf den Kälbermärkten vom Montag dieser Woche zeigt: Die neue Vereinbarung wird offensichtlich fast lückenlos eingehalten.
Niklaus Scheuner vom Kälbermarkt Thun BE weiss, dass die 21-Tage-Regel auf dem Markt in Thun BE kontrolliert und auch eingehalten werde. Nur ein einziges aufgeführtes Kalb sei am vergangenen Montag jünger als 21 Tage gewesen.
Der Händler Bruno Rüttimann von Handelsfirma ASF in Sursee LU erklärt, dass die neue Regel auf dem Kälbermarkt Buttisholz LU «zu 99 Prozent» eingehalten werde.
Auch Beat Mühlethurnen von der Univo in Herzogenbuchsee BE meldet eine «99-prozentige» Einhaltung der neuen Regel.
Auch die Gefu AG, eine der grössten Kälberhändlerin in der Schweiz, kauft laut Geschäftsführer Jürg Oberle seit dem 1. ovember nur noch Tränkekälber im Alter von mindestens 21 Tagen.
Oft gilt ein Maximalgewicht von 75 Kilo
Im Kälberhandel gilt die Regel, dass die Tränkekälber von Milchrassen maximal 65 kg wiegen dürfen, bei einigen Händlern dürfen sie maximal 70 kg schwer sein. Bei Tränkekälbern aus Kreuzungen von Milchrasse (Mutter) mal Fleischrasse (Vater) gilt im Handel oft ein Maximalgewicht von 75 kg. Die Kilos über dieser Grenze werden den Milchbauern vom Handel nicht bezahlt.
Das passierte am 2. November einem Milchviehhalter aus dem Kanton Luzern, und er beschwerte sich per Telefon bei der «BauernZeitung» darüber mit den Worten, «wenn der Handel schon keine jüngeren als 21 Tage alten Kälber mehr kaufen will, soll er mir auch jedes Kilo bezahlen».
Kälber von grossrahmigen Milchkühen und grossen Fleischrassenstieren könnten dank einem hohen Geburtsgewicht von 50 kg und mehr und bei Tageszunahmen von rund einem Kilo im besten Fall im Alter von 21 Tagen mehr als 75 kg wiegen.
Auf den Kälbermärkten erhält man zum Problem «Übergewicht» folgende Kommentare:
Niklaus Scheuner vom Kälbermarkt Thun zählte am Montag dieser Woche nur drei Kälber mit mehr als 75 kg. Bezahlt würden jeweils nur 75 kg.
Bruno Rüttimann vom Markt in Buttisholz schätzt, dass nur «ein Prozent» der Kälber mehr als 75 kg wiegen.
Beat Mühlethurnen von der Univo hat beobachtet, dass Gewichte von über 75 kg bei den Tränkekälbern nur «gelegentlich» vorkommen. Auch die Univo zahlt bis zu einem Gewicht von 75 kg, die Kilos darüber jedoch nicht.
Jürg Oberle von der Gefu AG will zuerst den Markt zwei Monate lang beobachten. Wenn in dieser Zeit viele über 75 kg schwere Kälber auf dem Markt auftauchten, wäre er für eine Lösung «gesprächsbereit».
Martin Rufer ist Leiter des Departements Produktion, Märkte und Ökologie beim Schweizer Bauernverband. Er war in der Arbeitsgruppe «Tränkergesundheit und Tränkerschlachtungen», welche die 21-Tage-Mindestregel einführte. Er ist erfreut, dass das 21-Tage-Mindestalter offensichtlich eingehalten wird.
Er weiss, dass der Handel das Mehrgewicht über den Grenzen von 65 und 70 kg (Kuhkälber) oder 75 kg (Stierkälber) nicht bezahlt. Rufer: «Hier muss eine Lösung her. Eine abgestufte Bezahlung der Kilos über den Obergrenzen wäre ein Schritt in die richtige Richtung.»
Die 21-Tage-Regel wurde seinerzeit einvernehmlich beschlossen,
- damit junge Kälber auf dem Milchviehbetrieb in den ersten drei Wochen ihres Lebens optimal versorgt werden,
- das Immunsystem der jungen Kälber nach der Geburt dank Biestmilch gestärkt wird,
- und am Ende die jungen Kälber grösser und robuster auf die Mastbetriebe kommen.
Generell wird der Handel im laufenden November die Rindviehzüchter, welche zu junge Kälber liefern, erst mal darüber informieren, dass generell ein Mindestalter von 21 Tagen gilt.
Dreiwöchige Tränker sind gesünder und kräftiger
Der Ostschweizer Händler Linus Silvestri von der Linus Silvestri AG kontrolliert «bei jedem gelieferten Tränker», ob er wirklich 21 Tage alt ist. Ohnehin gelte bei ihm im Handel ein Mindestgewicht von 60 kg bei Milchrassen und 70 kg bei Mastrassentränkern. Deshalb erreichten die von ihm gehandelten Kälber «praktisch zu 100 Prozent» die Alterslimite von 21 Tagen.
Aber auch er bezahlt die Kilos jenseits der Obergrenze von 75 kg nicht, aber das sei ein «Randproblem». Silvestri handelt lieber ältere Tiere. «Generell empfehle ich den Milchbauern, Mastrasse-Biotränker auf dem Geburtsbetrieb abzutränken und als rund 200 kg schwere Biomastremonten zu verkaufen», betont Silvestri.
Jürg Oberle hat Erfahrung mit der 21-Tage-Mindestalterregel, denn für das Label Coop Naturafarm kauft er schon längere Zeit mindestens 3-wöchige Kälber. «Diese Kälber sind robust, kräftig und wachsen schneller als jüngere und haben keine oder selten Gesundheitsprobleme», weiss er. Die neue 21-Tage Regel für Tränker werde ein Erfolg, ist Oberle sicher.
Hans Rüssli