Vor knapp drei Wochen riefen zwei Milchbauern zum Migros-Boykott auf. Vor zwei Wochen wurde eine Migros-Delegation im Bundeshaus von Bauernpolitikern empfangen. Und am Mittwoch fand nun das zweite Treffen statt. Erwartet wurde nicht weniger als ein klares Zeichen zugunsten der Milchbauern in der Schweiz (wir berichteten). Das Resultat fällt dürftig aus: eine kurze Medienmitteilung unter dem Titel «Milchpreis: Migros pflegt den Dialog» und ein weiterer Auftrag.

Doch kein Prügelknabe

Dass sich die Migros versöhnlich zeigt, hat einen einfachen Grund: die Migros-Molkerei Elsa hält den A-Richtpreis von 65 Rp. je Kilo Milch franko Rampe ein. Den Boykottaufruf konnte man nutzen, um medienwirksam darauf hinzuweisen, dass man eben nicht der Prügelknabe in der Milchbranche sei. 

So schreibt die Migros weiter: «Ihre Verbundenheit mit der Schweizer Landwirtschaft unterstreicht sie nicht nur mit überdurchschnittlich hohen Preisen, sondern auch mit langfristigen Verträgen mit ihren Produzenten und Lieferanten.» Den schwarzen Peter hat man damit elegant an andere Milchhändler und Verarbeiter weitergegeben, die selbst den A-Richtpreis nicht bezahlen.

Der Berner SVP-Nationalrat Andreas Aebi hat die beiden Sitzungen geführt und ist mit dem Resultat mässig zufrieden. «Die Migros sagt, dass sie bezüglich A-Richtpreis die Regeln einhält. Was sie im Zweitmilchkauf aber bezahlt, das können wir nicht überprüfen», sagt er. Er fügt an: «Ausserdem goutieren wir das Verhalten an der BOM-Sitzung überhaupt nicht.»

Untragbares Verhalten

Andreas Aebi meint damit das Abstimmungsverhalten der Migros an der Vorstandssitzung der Branchenorganisation Milch. Diese fand am Donnerstag vor drei Wochen statt. Weil der Milchpreisindex keine Preiserhöhung nötig gemacht hat, haben Migros-Vertreter gegen den Antrag der Organisation Schweizer Milchproduzenten (SMP) gestimmt. Sie haben damit mitgeholfen, die von den Bauern geforderte Richtpreiserhöhung um drei Rappen zu verunmöglichen. Zwar haben noch andere Akteure gegen eine Richtpreiserhöhung votiert, aber die Migros erwischte die kalte Dusche der Medienschelte. So erstaunt es auch nicht, dass die Migros in der Mitteilung festhält, dass sie verurteile, «dass die Spielregeln in der Milchbranche von einigen Akteuren nicht eingehalten werden». Es dürfe nicht sein, dass BOM-Mitglieder, die sich an die BOM-Regeln halten, kritisiert werden, während sich andere Vorstandsmitglieder durch Indiskretionen profilieren wollten. Die Migros kritisiert damit indirekt die SMP und Emmi. Beide haben sich im Nachgang zur BOM-Sitzung vor drei Wochen nämlich öffentlich zum BOM-Entscheid geäussert.

Richtpreis auszahlen

Was bleibt, ist eine klare Forderung: diejenige nach dem tatsächlich ausbezahlten Richtpreis. Bauernpolitiker von Links bis Rechts, der Schweizer Bauernverband und nicht zuletzt die Schweizer Milchproduzenten fordern die Verarbeiter auf, die Richtpreise franko Rampe zu bezahlen. Wie die SMP schreibt, sind «Fett»- oder «Euro»-Abzüge nicht länger tolerierbar. Die Migros ihrerseits müsse in einer Woche erneut vorsprechen, sagt Andreas Aebi. Inhalt des Gesprächs wird das Abstimmungsverhalten der Migros-Vertreter in der Branchenorganisation Milch sein.

hja