Der Klimawandel lässt sich in der heutigen Zeit nicht mehr abstreiten. Die Landwirtschaft ist stark davon betroffen – auch in der Schweiz. Aber sie ist auch Verursacherin von Treibhausgasen. Die Schweiz ist im Juni dem Pariser Klimaabkommen beigetreten. Doch was bedeutet das für Schweizer Landwirte? Diese Ziele, der aktuelle Stand der Umsetzung sowie die Revision des CO2-Gesetzes waren die Themen an der Agro-Clean-Tech-Tagung vom letzten Dienstag.
Anpassen und reduzieren
Die Ziele des Pariser Klima- abkommens sind:
- Globale Erwärmung auf deutlich weniger als 2°C begrenzen.
- Verstärkte Anpassung an die negativen Auswirkungen, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu bedrohen.
- Klimaverträgliche Ausrichtung der Finanzflüsse.
Diese Ziele präsentierte Andrea Burkhardt vom Bundesamt für Umwelt (Bafu). Die Schweiz ist im Juni als 149. Land von insgesamt 170 dem Pariser Abkommen beigetreten. Konkret seien die Ziele der Schweiz, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent zu senken. Wovon 30 Prozent im Inland und 20 Pro- zent im Ausland zu senken seien. Ausserdem soll man sich national besser an den Klimawandel anpassen lernen. Der dritte Beitrag, um die internationalen Ziele zu erreichen, ist die klimaverträgliche Ausrichtung der Finanzflüsse. «Paris ist nicht der Schlusspunkt, sondern erst der Anfang eines neuen Prozesses», erklärt Andrea Burkhardt.
Keine Preisvorteile
Die Landwirtschaft macht bei den Emissionen aktuell 13,5 Prozent aus. Den grössten Anteil trägt der Verkehr (32,1%), ihm folgen die Gebäude (26,4%) und die Industrie (20,3%). Die Landwirtschaft soll ihre Emissionen um zwei Drittel senken. Bei der Umsetzung dieser hochgesteck- ten Ziele für die Landwirtschaft gibt es jedoch einige Knacknüsse: Viele Massnahmen, um die Emissionen zu senken, bringen den Landwirten keine direkten Kostenvorteile. Daher müssten der Bund oder die Marktteilnehmer Anreize schaffen über Preise. Die Landwirtschaft funktioniert tendenziell marktgetrieben. Das ist problematisch, denn weltweit nimmt der Konsum von tierischen Produkten zu. Dazu müsste man zuerst die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung ändern. Weltweit wird rund ein Drittel der Lebensmittel weg- geworfen, auch in der Schweiz. Daher sollte die Reduktion von Food-Waste zu den Zielen gehören. Für die Landwirtschaft hat das Bafu keine Massnahmen formuliert. Das ist nun die Aufgabe des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW). «Beim BLW kocht es momentan. Es ist stark gefordert. Der USB-Stick mit der Präsentation drauf hat bis gestern Abend noch geglüht», leitete Simon Gisler, Geschäftsführer von Agro-Clean-Tech, die Rede von Eva Reinhard, stellvertretende Direktorin des BLW, ein. Das Thema Klimawandel ist besonders für die Landwirtschaft hochaktuell. Sie ist einerseits selber stark betroffen vom Klimawandel: Trockenheit, Spätfröste und andere Wetterextreme sowie Probleme mit Unkräutern, Schädlingen und Krankheiten sind Auswirkungen davon. Von der Landwirtschaft verlangt die Klimastrategie des Bundes, dass sie sich einerseits an den Klimawandel anpasst. Andererseits sollen Bauern zwei Drittel weniger Treibhausgase verursachen.
Tierwohl gegen Umwelt
Die neue Agrarpolitik, welche ab 2022 gelten soll, weist einige Zielkonflikte auf. Je mehr Landwirte das Tierwohl fördern, zum Beispiel Richtung mehr Weidehaltung, desto mehr Emissionen entstehen. «Die Agrarpolitik muss sich diesen Konflikten annehmen, sie darf die Landwirte nicht alleine lassen», sagt Eva Reinhard. Landwirte sind heute von vielen Anforderungen und Vorschriften umgeben. «Wir müssen dieses Korsett öffnen und das Unternehmertum fördern», vertritt Reinhard die Ansicht des BLW. Es gehe auch darum, den Konsumenten die Anstrengungen, die die Landwirtschaft unternimmt, bewusster und bekannter zu machen. Das BLW testet aktuell viele verschiedene Massnahmen, mit denen man Emissionen senken könnte. Zum Beispiel könnte die Suisse-Bilanz durch eine Hoftor-Bilanz ersetzt werden.
Landwirtschaft hilft mit
Mit dem Sektorenziel zeige die Landwirtschaft, dass sie Verantwortung übernehme im Schutz des Klimas, fasste die Vertreterin des BLW zusammen. Aber nicht nur die Landwirte hätten eine Umstellung vor sich. Auch die Konsumenten sollen besser aufgeklärt werden über eine ressourcenschonende Ernährung. Jacques Bourgeois, Direktor Schweizer Bauernverband (SBV), sagte, dass der SBV das Klimaziel unterstütze. «Generell finden wir, dass dort reduziert werden soll, wo es am effizientesten machbar ist: zum Beispiel mit erneuerbaren Energien, Industrie, Freizeitverkehr (Flüge) und Massnahmen in der Landwirtschaft.
Jasmine Baumann