Das Unwetter vom Sonntagabend, das von heftigen Regenschauern begleitet war, führte in Teilen der Ostschweiz zu grossen Überschwemmungen. Im Kanton Thurgau war die Region um Kradolf-Schönenberg, Sulgen und Erlen am stärksten betroffen. Im Kanton St. Gallen führten die sinnflutartigen Regenfälle in Wil zu einem Verkehrschaos, nachdem Schlamm auf die Autobahn gespült wurde. In Zuzwil SG spricht man von einem 50-Jahr-Hochwasser. Die aussergewöhnlich starken Regenfälle liessen die Thur ebenso anschwellen wie kleine Rinnsale, die zu reissenden Bächen wurden.
Gefahr von Pilzkrankheiten ist jetzt gross
Der Kradolfer Landwirt Ruedi Altwegg ist einer der Betroffenen. Auf 37 ha betreibt er Acker- und Gemüsebau. «Bei den Landwirtschaftskulturen wurden die Zwiebeln und Kartoffeln am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Die grössten Schäden entstanden aber an den Infrastrukturen», sagt er. Dass das Wasser im Moment in den Feldern liegt, macht Altwegg weniger Sorgen. «Das hier ist Thurland, da sickert das Wasser irgendwann ab. Ein Riesenproblem ist hingegen die steigende Gefahr von Pilzkrankheiten.»
Was ihm vor allem zu denken gebe, so Altwegg weiter, seien die Erosionen. «Da sind Hänge abgerutscht, die immer bewirtschaftet wurden. Ich setze ein grosses Fragezeichen, wie diese saniert werden sollen.» In den nächsten Tagen werde man vor allem damit beschäftigt sein,
den Schmutz, Schlamm und Kies aus den Kellern und Schöpfen zu putzen.
Kies muss in Lastwagen weggeführt werden
Andreas Widmer, Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbands, war am Dienstag in der Region Wil, um die Situation vor Ort in Augenschein zu nehmen. Viel überschwemmtes Ackerland, Kiesbänke in den Wiesen und zahlreiche Erosionen hätten das Schadensbild geprägt. «Die Pufferstreifen entlang der Bäche sind völlig verschlämmt. Wir empfehlen den Bauern, hier nur noch zu mulchen.»
Im Gespräch mit einem Landwirt habe sich herausgestellt, dass nicht das Wasser in den Feldern das Hauptproblem darstellt. «Die Bäche, die über die Ufer getreten sind, schwemmten Schlamm und Kies in die Felder. Wir besichtigten eine Parzelle, wo Lastwagenweise Kies abtransportiert werden muss. Das muss man sich mal vor Augen führen!» Als weiteres Problem nennt Widmer die Naturstrassen, «die zum Teil regelrecht weggespült wurden».
Hochwasserschutz steht wieder auf der Agenda
Die Schäden an den Infrastrukturen werden bereits jetzt auf mehrere Millionen Franken geschätzt. Wie gross das Ausmass der Schäden an den Landwirtschaftskulturen ist, ist derzeit unklar. Sicher ist aber, dass die Gemeinden nach den heftigen Überschwemmungen Massnahmen zum Hochwasserschutz und zu Bachrenaturierungen neu prüfen werden. Davon dürfte Landwirtschaftsland direkt betroffen sein.
Stefanie Giger