«Fast hätten wir das Jubiläum verpasst», schmunzelte Heinz Brunner, der 20 Jahre als Präsident der Ziegenzuchtgenossenschaft Stechelberg amtete. Doch letztes Jahr habe er die Protokolle der Gründungsversammlung gefunden. Zum Glück, denn die Jubiläumsschau 100 Jahre Ziegenzuchtverein Stechelberg, wie die Genossenschaft seit einem Jahr heisst, bot letzten Samstag neben den aufgeführten Ziegen und Böcken auch genüssliche und musikalische Unterhaltung sowie eine attraktive Tombola.
Leandra brachte an der Schau
ein Gitzi zur Welt
Ziege Leandra liess es sich an der Jubiläumsschau nicht nehmen und brachte ein Gitzi zur Welt. Quasi als Zeichen dafür, dass die Ziegenzucht im Lauterbrunnental lebt. «Während meiner 12 Jahre als Experte habe ich das noch nie erlebt», schmunzelte Roland Bigler, der in Stechelberg zum zweitletzten Mal als Experte auf dem Platz stand.
Die Ziegenzucht
fast am Ende
Dass die Ziegenzucht hier noch lebt, ist nicht selbstverständlich. Denn vor allem die CAE-Sanierung habe Spuren im Ziegenbestand hinterlassen, erklärte Präsident Marius Baeriswyl. «Es gab eine Zeit, da schrumpfte die Anzahl Ziegen auf acht Stück.» Das war vor 100 Jahren anders, als mit 25 Stimmen beschlossen wurde, eine Genossenschaft zu gründen. Zeitweise sei die Mitgliederzahl auf über
30 gestiegen. «Kaum jemand im Dorf hatte früher keine Ziege», erzählte Heinz Brunner. Denn damals sei kein (Kuh-)Schwanz des Sommers im Tal geblieben. Und so hielt man sich wenigstens eine Ziege für die Milch im Kaffee. «Die Ziege wurde dann einfach mit zum Heuen genommen», erzählte Heinz Brunner weiter. Dank der Öffnung der Genossenschaft für andere Rassen – heute stehen neben den Rassen Saanen und Gämsfarbige auch Toggenburger, Nera Verzasca und Bündner Strahlen in den Ställen – ist die Ziegenzahl auf rund 50 angestiegen.
Der Richter war zu
Scherzen aufgelegt
Mit seiner langjährigen Expertenerfahrung richtete Roland Bigler mit Humor und Selbstvertrauen. Die Wahl zur Miss sei auch schon mit mehr Diskussionen verbunden gewesen, schmunzelte er und fügte an, dass er als einziger Experte auf dem Platz auch mit niemandem diskutieren musste. Er hoffe, dass die Züchter mit seiner Wahl zufrieden seien. «Und wenn sie es nicht sind, dann ist mir das auch egal», scherzte er weiter. Zur Miss Saanen und gleichzeitig Miss Stechelberg kürte Bigler Ziege Jris von Katrin und Adolf von Allmen aus Stechelberg. Den Haupterwerbszweig bei der Familie von Allmen bilden zwar die Milch41kühe, doch die Ziegenzucht habe sich in den letzten zehn Jahren stark entwickelt, steht im Züchterporträt des Jubiläumskatalogs. 17 der insgesamt 51 angemeldeten Tiere stammten denn auch von ihnen. Miss Gämsfarbige wurde Pinga von Marius Baeriswyl aus Lauterbrunnen. Aus den restlichen drei Rassen wählte Roland Bigler die Toggenburger Ziege Heike von Ruedi Graf, Lauterbrunnen, als Miss.
Dem jubilierenden Ziegenzuchtverein Stechelberg gehören derzeit sieben Züchter an. Einer von ihnen ist Simon von Allmen aus Lauterbrunnen. Der angehende Forstwart züchtet nicht nur Ziegen. Zusammen mit Ruth Kammer und Dominik Marti sorgte er zugleich als Schwyzerörgelitrio für musikalische Unterhaltung. Ein Ohrenschmaus bot auch das Jodelduo Heinz Feuz mit Tochter Sandrine aus Stechelberg.
Franziska Schwab