In Sachen Sprachkenntnissen wäre Isabelle Moret bestqualifiziert für den Bundesrat. Die Kandidatin für die Nachfolge des abtretenden Didier Burkhalter parliert problemlos im Deutschschweizer Dialekt und neben ihrer Muttersprache Französisch beherrscht sie nach eigenen Angaben auch das Italienische locker.

Dialekt zu sprechen falle ihr leichter als Hochdeutsch, zuweilen verfalle sie dabei allerdings zurück in die Kindersprache, sagt Moret.

Ihre Erziehung genoss sie nämlich mehrsprachig: Der Vater, ein ehemaliger Bahnarbeiter ist Deutschschweizer, die Mutter eine Jurassierin aus Porrentruy, hat Wurzeln im Calancatal.


Bauern-Schwiegertochter


An dieser Stelle interessiert aber mehr, ob die Nationalrätin mit Bundesratsambitionen auch die Sprache der Bauern spricht. Daran lässt die 46-jährige Anwältin keinen Zweifel: Sie sei als Schwiegertochter einer Waadtländer Bauernfamilie bestens vertraut mit dem landwirtschaftlichen Millieu und den dazugehörigen Sorgen und Nöten.

Jahrelang sei sie mit den Schwiegereltern in Lausanne VD und Bulle FR mit dem hofeigenen Gemüse zu Markte gefahren. «Dabei habe ich hautnah verfolgen können, wie die Preise gesunken sind und wie das Leben der Bauern schwieriger und schwieriger wurde», sagt Moret. Unterdessen ist der Betrieb verpachtet und Moret lebt die Nähe zur Landwirtschaft nur noch politisch aus.

Die Frage, ob sie dabei mit der – milde ausgedrückt – bauernkritischen FDP die richtige Partei gewählt habe, pariert Moret locker: «In der Westschweiz ist die FDP die Bauernpartei», sagt sie und verweist auf ihren Freiburger Parteikollegen Jacques Bourgeois, den Direktor des Schweizer Bauernverbands (SBV) als Beispiel.


Sandoz als Agrar-Mentor


Bäuerlich geprägt hat sie auch ihr Vorgänger Marcel Sandoz, der frühere SBV-Präsident. Er habe ihr zu Beginn ihrer Nationalratskarriere 2006 jeweils erklärt, wie sie zu stimmen habe in bäuerlichen Fragen.

Dies sehr zum Unmut des damaligen Parteipräsidenten Fulvio Pelli, der sie im Saal einmal öffentlich abkanzelte wegen ihres landwirtschaftsfreundlichen Stimmverhaltens. «Isabelle, Du hast ja einen Bauernschatz», habe Pelli sie gescholten. Damit geriet er an die falsche Adresse: «Ich habe eine ganze Familie, ein ganzes Dorf, einen ganzen Kanton zu vertreten», habe sie ihm vor versammeltem Plenum geantwortet.  


Interessenkonflikt mit Fial?


Doch ganz überzeugt sind wir noch nicht von Morets Nähe zu den Bauern. Eines der Ämter, das Moret bekleidet, ist das Präsidium des Fial, des Dachverbands der Nahrungsmittelindustrie, der den Bauern nicht immer grün ist.


Darauf angesprochen, räumt die kandidierende Nationalrätin ein, dass es Konflikte gebe, die gemeinsamen Interessen von Produzenten und Verarbeitern stünden aber im Vordergrund: Möglichst viel Rohstoff einheimischer Provenienz müsse zu konkurrenzfähigen Preisen in den Produkten verarbeitet werden.

Keine klassische Lobbyistin

Was heisst das etwa mit Bezug auf den Milchpreis? Der Richtpreis für die Industriemilch sei schon tief, gibt sie zu, aber man dürfe die noch tieferen Preise auf internationalem Niveau nicht vergessen. Hier gehe es um die Konkurrenzfähigkeit von Landwirten und Verarbeitern.

Fazit: Moret ist zwar keine klassische Landwirtschaftlobbyistin, kennt aber die Verhältnisse in der Branche und die Sorgen aller Beteiligten. Für den Bundesrat wäre die Kandidatin aus Sicht der produzierenden Landwirtschaft wohl nicht die schlechteste Wahl. 

Adrian Krebs


Weitere Informationen:  www.isabelle-moret.ch