Der Blick vom «Gusöteli» über den oberen Teil des Zürichsees bis hin zum prägnanten Speer im Alpenkranz ist auch an einem trüben Dezembertag beeindruckend. Bei Gästen auf dem Hof ob Siebnen SZ kommen Feriengefühle auf – für Rita Hegner allerdings schon lange nicht mehr.


Die Bäuerin erwies sich als Multitalent


Denn auf dem landwirtschaftlichen Betrieb mit Restaurant wohnt sie schon seit rund fünfzig Jahren. Als junge Bauerntochter und engagierte Serviceangestellte hatte sie ihren künftigen Mann kennengelernt und schliesslich auf den Hof ob dem Obersee geheiratet. Leicht war der Einstieg in den Betriebsalltag für die junge Frau nicht gewesen. Drei Generationen wohnten unter einem Dach. Erst mit der Hofübernahme durch das junge Paar vereinfachte sich die Situation.

Rita Hegner konnte sowohl ihre landwirtschaftlichen wie auch ihre gastronomischen Erfahrungen gut einbringen. Auf dem hügeligen Wiesland betrieben Hegners schon damals Milchwirtschaft und etwas Futtermaisanbau. Später kamen Schafe dazu. Als Mutter von vier Kindern, Wirtin und Bäuerin war Rita Hegner stark gefordert. Doch viel Arbeit war sie von Haus aus gewohnt. «Als Kind musste ich auf unserem Hof im schwyzerischen Tuggen sehr viel helfen», erzählt sie. Entlastung gab es, als ihre Kinder grösser wurden und ihrerseits die Eltern unterstützten.


Eine enge Vertraute und tüchtige Mitwirtin


Der ältere Sohn entschloss sich, den Betrieb weiterzuführen, und er fand eine Partnerin, die gewillt war, ihn dabei zu unterstützen. Manche Erinnerung an ihre eigenen Anfänge auf dem Hof wurde da in Rita Hegner wach. Für sie war klar: Die Familie ihres Sohnes brauchte eine eigene Wohnung mit separatem Eingang. So würde man sich aus dem Weg gehen können, sollte sich das Zusammenleben allenfalls nicht harmonisch gestalten. Doch in ihrer Schwiegertochter Bettina fand die Seniorbäuerin eine enge Vertraute und tüchtige Mitwirtin im Restaurant.


Die zwei Frauen ergänzen sich auch kulinarisch hervorragend: Rita Hegner kocht, Bettina Hegner hat sich auf kunstvolle Desserts und Kuchen spezialisiert. Zusammen bilden sie ein grossartiges Team. Ein Ausbau der Gastronomie wurde möglich. Der Aussenbereich ist mittlerweile wetterfest eingerichtet. Im Sommer lassen sich auch bei schlechtem Wetter bis zu hundert Leute verköstigen. An einem Apéro wurden heuer gar 170 Gäste bedient. Drei Esel und ein Pony sowie ein Spielplatz bieten Unterhaltung für Kids.

Stubete mit der Hauskapelle


Dass sich Hegners vermehrt auf Gesellschaften konzentrieren, liegt an den sich ändernden Kundenbedürfnissen. «Früher kamen Leute oft mit dem Auto her, wir verpflegten Holzarbeiter und Wanderer. Auch Metzgete und Musikabende boten wir an. Heute ist die Konkurrenz von Freizeitangeboten gross», schildert Rita Hegner. «Musik wird bei uns aber trotzdem wieder mit Erfolg gemacht: Mein älterer Sohn hat

eine eigene Kapelle, die Ländlerkapelle Hegner-Schmidig. Jeweils am ersten Samstagnachmittag im Monat organisieren wir eine gemütliche ‹Stubete› mit unserer ‹Hauskapelle›. Diese ist sehr beliebt.»


Die tüchtigen Frauen auf dem «Gusöteli» schaffen solche Anlässe allein. Nur bei grossen Gesellschaften greifen sie auf Aushilfskräfte zurück.

Für die Zukunft ist noch nichts entschieden


Eine Unterstützung haben die zwei Wirtinnen allerdings schon länger, Enkel beziehungsweise Sohn Daniel: «Bereits als kleiner Junge wollte er mir beim Grillieren helfen und auch allein servieren», freut sich die Grossmutter. «Er hatte einen kleinen Grill, ich betreute den grossen. Später hat er diese Aufgabe für alle Gäste übernommen. Jetzt absolviert Daniel eine Landwirtschaftslehre.»


Dass einer der vier Enkel auf dem Hof wahrscheinlich in die Fussstapfen der Eltern, Gross
eltern und Urgrosseltern treten wird, ist eine schöne Zukunftsaussicht. Aber entschieden ist noch nichts. Einstweilen geniessen die Seniorbäuerin und ihr Mann die Möglichkeit, endlich einmal etwas Ferien zu machen. Seit einigen Jahren locken Ziele im nahen und fernen Ausland nicht nur vielversprechend – Rita Hegner und ihr Mann geniessen auch immer wieder Reisen dorthin.            

Sanna Bührer Winiger