Metzger schlachtet Schweine vor Publikum
Dass einer, der seit Tagen die Leserbriefspalten füllt und teilweise übel beschimpft wird, bestens gelaunt ans Telefon geht, erstaunt. Doch Rolf Häring von der Metzgerei Häring GmbH ist ein positiver Mensch. Und es wird ihm auch nicht zu viel, ein weiteres Mal zu erklären, warum er öffentlich zwei Schweine schlachten will. «Es ist gut, haben wir die Diskussion lanciert und denken die Leute darüber nach, woher ihr Essen kommt», fasst er zusammen. Ausserdem sei die grosse Mehrheit der Reaktionen sehr positiv. Eine Familie reise sogar aus dem Wallis an, um die Hausmetzgete mitzuerleben.
Ein fauler Kompromiss
Rolf Häring ist es ein Anliegen, das alte Handwerk der Hausmetzgete weiterzugeben. Viel Wissen von damals sei bei den Metzgern noch vorhanden. Was die Jungen dann daraus machen, will er ihnen überlassen. Aber er möchte zeigen, dass es einen anderen, eine respektvolleren Tod gibt, als anonym im Grossschlachthof vergast zu werden. Günstig für den Konsumenten, machbar für das Tier, finanzierbar durch den Bauern, das sei die Devise der heutigen Marktwirtschaft. Oft ein fauler Kompromiss, der jedoch auch vom gemässigten Tierschutz mitgetragen werde. Ein respektvoller Umgang mit dem Tier sei anders und koste etwas mehr, gibt Häring zu bedenken. Es gehe nicht, dass der Konsument die Ver-antwortung an den Bauern abschiebe. «Wenn der Landwirt nicht genug für seine Tiere bekommt, kann er ihnen keine besseren Lebensbedingungen bieten», gibt Häring zu bedenken. Dem Tier in die Augen schauen, dem Metzger in die Augen schauen, das sieht er als ersten Schritt für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln. Er will weg von möglichst viel und möglichst günstig. «Wir sollten weniger Tiere halten, sie dafür gut halten, den Bauern einen kostendeckenden Preis bezahlen, respektvoll schlachten und das ganze Tier essen, nicht die Hälfte wegwerfen», so Häring. Es gäbe dadurch nicht weniger Bauern, aber Tiere und Bauern, denen es gut gehe. Und Konsumenten, die den Tieren vor der Schlachtung wieder mit gutem Gewissen in die Augen schauen könnten.
Schnell und günstig
Transparenz als ersten Schritt zu mehr Menschlichkeit und Tierwohl, will Rolf Häring erreichen. Die Leute zum Nachdenken bringen. Ihnen die Realität hinter den schönen Bildern in der Werbung zeigen. Heute soll Schweinefleisch nicht mehr nach Schwein, Ziegenfleisch nicht mehr nach Ziege und Rind nicht mehr nach Rind schmecken. Bei den Schweinen werde dieses Problem mit der schmerzhaften Kastration gelöst. Dies sei schnell und günstig. Das Wohl des Tieres stehe an zweiter Stelle. Denn mit etwas mehr Aufwand und Kosten könne man auch unkastrierte Schweine schlachten und verarbeiten. Aber heute sei der Konsument nicht bereit, dies zu bezahlen. Eben, weil er dem Schwein nicht in die Augen schauen müsse. «Töte schonend, so wie du einst sterben willst» fasst Häring seine Philosophie zusammen. Intoleranz und Kritik erlebe er vor
allem bei Leuten, die nicht hinschauen, woher die Nahrung kommt, die nicht nachfragen, die weit weg von der Lebensmittelproduktion sind und Respekt vor Mensch und Tier nicht bewusst leben.
Daniela Joder