Der Obstbau befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen Produktion, Umwelt und Pflanzenschutz. Die Güttinger-Tagung 2017 nahm sich dieser Thematik an. An drei Posten wurden den Besuchern die neusten Trends zur nachhaltigen Obstproduktion vorgestellt. Darunter eine neue Methode zur Verwirrung von Apfelwicklern.
Pheromone bewähren sich
Die Verwirrungstechnik mittels Pheromonen wird im Obstbau seit über 20 Jahren angewendet. Dabei werden grossflächig Duftstoffe (Pheromone) über die Obstanlage abgegeben. Die künstliche Duftspur führt dazu, dass die Männchen die Weibchen nicht mehr finden. Es findet keine Befruchtung der Eier statt. Bei der herkömmlichen Methode werden in jeder Reihe der Obstanlage in regelmässigen Abständen Pheromondispenser aufgehängt. Ab dem Moment des Aufhängens geben diese Dispenser Wirkstoffe ab. Menge und Zeitpunkt lassen sich nicht steuern. Die Pheromonmenge pro Dispenser nimmt über die Saison ab.
Geeignet für grosse Anlagen
Seit einigen Jahren wird in verschiedenen europäischen Ländern eine neue Methode mit sogenannten Aerosol-Sprayern angewandt. Das System besteht aus einer Spraydose und einem Steuerungskopf mit Uhr. Bertrand Gentizon von Andermatt Biocontrol erklärte: «Die Sprayer sprühen die Pheromonlösung aktiv in regelmässigen Sprühstössen über die Obstanlage aus. Dies geschieht nur während der kritischen Phasen; wenn die Falter aktiv sind, also vorwiegend abends und bei Temperaturen über 14 Grad Celsius.»
Mit handapplizierten Dispensern sind auf der 6,8 Hektaren grossen Versuchsanlage 5400 Dispenser nötig. Bei den Sprayern rechnet Bertrand Gentizon mit zwei bis drei Punktquellen pro Hektare. Ränder sollten für einen optimalen Schutz weiterhin mit herkömmlichen Dispensern abgedeckt werden. «Entscheidend für eine ganzflächige Wirkung sind die Windrichtung und die entsprechende Ausrichtung der Sprayer.» Wie hoch die Kosten sind, konnte Gentizon nicht sagen. Als Nachteile zählte er auf, dass sich die Sprayer nur für grosse Flächen lohnen (ab zehn Hektaren). Die höhere Dosierung pro Sprühstoss kann zudem Verbrennungen auf Blättern und Früchten verursachen. Daher wurden die Sprayer in Güttingen in der Mitte der Fahrgassen und oberhalb der Hagelnetze aufgehängt.
In der Schweiz finden seit 2014 Versuche mit Aerosol-Sprayern statt. Einer auf einem Obstbaubetrieb im Kanton Waadt und einer im Kanton Wallis. In der Versuchsanlage in Güttingen wurde die Methode zum ersten Mal getestet. In der Schweiz befindet sich diese Art der Pheromonausbringung im Zulassungsverfahren.
Barriere-Effekt ist da
Eine weitere Möglichkeit zum Schutz der Kulturen vor Wicklern und anderen Schädlingen ist die Volleinnetzung von Obstanlagen. Diana Zwahlen, Agroscope, bestätigte, dass die Volleinnetzung einen Barriere-Effekt habe. Sie räumte allerdings ein, dass die Erforschung diesbezüglich noch lückenhaft sei. «Bei Wicklern haben wir gute Erfahrungen gemacht. Es waren aber mehr Bäume von Blutläusen befallen; allerdings nicht so stark, dass es ein Problem darstellte.»
Erhöhte Luftfeuchtigkeit
Auch zum Mikroklima fanden Auswertungen statt. So habe man festgestellt, dass die Luftfeuchtigkeit innerhalb der Anlage um drei bis vier Prozent höher ist, da es weniger Wind hat. «In Bezug auf Krankheiten konnten wir bis jetzt keine negativen Einflüsse ausmachen», so Zwahlen. Auch auf die Qualität der Früchte habe die Volleinnetzung keine Auswirkungen gehabt. Für die Praxis rät die Agroscope-Mitarbeiterin, sich bereits vor der Errichtung Gedanken zu Farbe, Maschenweite und Toren zu machen. Zwahlen wies zudem auf die kantonalen Richtlinien hin. Im Kanton Zürich beispielsweise ist für die Volleinnetzung einer Obstanlage ein Baugesuch nötig.
Stefanie Giger