Im eigenen Garten einen Apfelbaum mit Gala-Äpfeln anpflanzen zu wollen, ist keine gute Idee. Und wer sich in einem Gartencenter nach dieser oder einer anderen gängigen Sorte wie Golden Delicious oder Maigold erkundigt, wird enttäuscht: Für Hobbygärtner sind beliebtesten Schweizer Apfelsorten ungeeignet. Für deren Anbau braucht es Profis.
Wie den 52-jährigen Obstbauern Pius Stäger aus dem sankt gallischen Steinach. Er bewirtschaftet auf einer Fläche von 10 Hektaren – das entspricht etwa 14 Fussballfeldern – rund 50'000 Obstbäume. Derzeit pflückt er täglich gemeinsam mit neun Saisonniers die Früchte, während seine Frau im Hoflädeli hinter Harassen voller frischer Äpfel Kunden bedient. Dieses Jahr sind überdurchschnittliche viele Früchte gereift. Der Mix aus Sonne und Feuchtigkeit hat ihnen gut getan. Die ganze Branche rüstet sich deshalb für eine üppige Ernte, die Stägers rechnen für ihre Plantage mit rund 450 Tonnen.
Die Welt der Gartenpflanzen
Die feinen Unterschiede zwischen Hobbygarten und Plantage kennt Pius Stäger bestens. Denn er ist nicht nur Obstproduzent, sondern auch Baumschulist. Auf einer Fläche von 1,5 Hektaren seines Betriebes zieht er rund 130'000 Gartenpflanzen gross, darunter hauptsächlich Apfelbäumchen aber auch Birnen, Zwetschgen oder Mini-Kiwis. Der Gala-Apfel und andere bekannte Sorten haben in diesem Bereich nichts verloren.
Während Pius Stäger an den Container-Bäumchen vorbeispaziert, die in Reih und Glied dicht beieinander stehen, lässt er seinen Blick zur Obstplantage hinüber schweifen: Die Äpfel seien sein schönstes Hobby, sagt er dann. Vielleicht, weil die Obstplantage etwas weniger arbeitsintensiv sei und weniger Planung dahinterstecke.
Die Arbeit mit den Gartenpflanzen verteilt sich auf das ganze Jahr. Im Sommer steht die Pflege im Vordergrund, im Winter das Eintopfen und Schneiden und fast das ganze Jahr über Auslieferungen an das Obst- und Beerenzentrum Häberli in Neukirch-Egnach, das die Pflanzen schliesslich an Hobbygärtner weiterverkauft.
Pinova oder Topaz statt Gala
Pinova oder Topaz heissen die Apfelsorten, welche Hobbygärtnern empfohlen werden. Diese sind im Gegensatz zu den im Supermarkt erhältlichen Äpfeln weniger krankheitsanfällig, müssen also nicht gespritzt werden. Baut ein Hobbygärtner Gala, Golden Delicous, oder Maigold an, ist die Gefahr gross, dass schon bald der sogenannte Schorfpilz braune Flecken auf Blättern und Früchten hervorruft und viele der befallenen Früchte noch vor der Reife faulen.
Die Ansprüche des Grosshandels
Nicht jedes Bäumchen aus Pius Stägers Baumschule schafft es in einen Familiengarten, sei es aus Schönheitsgründen oder wegen mangelnder Nachfrage. Was übrig bleibt – etwa jeden fünften Baum ereilt dieses Schicksal, darunter auch Apfelbäume – verpflanzt Stäger nicht etwa in seine Obstplantage, sondern wirft es auf den Kompost. Die Früchte der resistenteren Hobbygarten-Sorten seien im Grosshandel nicht gefragt, sagt er. Doch warum greift der Grosshandel kaum auf diese zurück? Liegt es daran, dass viele dieser Sorten etwas mehr Säure enthalten als die marktgängigen?
Bei Coop, einem der Grosshändler, der Pius Stägers Äpfel vermarktet, heisst es: "Bei unserer Sortimentsgestaltung orientieren wir uns grundsätzlich an den Kundenbedürfnissen. Wir verkaufen nur die Sorten, die von den Kunden gewünscht und gekauft werden." Coop versuche immer wieder auch unbekannte Sorten einzuführen, aber grundsätzlich sei festzustellen, dass vor allem bekannte Sorten gekauft werden.
Solange das Konsumverhalten so bleibt, haben Pius Stägers Gartenobstbäumchen keine Chance, einst für den Grosshandel zu dienen. Stattdessen bleibt der Gala-Apfel mit seinem süsslichen Geschmack und seiner leuchtend roten Farbe einer der verführerischen Klassiker.
Deborah Vonwiller, lid