«Ich wollte nie einen Bauern», lacht Martina Schaller. Doch wie so oft im Leben kommt es anders als man denkt. Heute ist die junge Frau mit einem Bauern verheiratet und absolut zufrieden. Sie ist Mutter der neunjährigen Zwillinge Dominic und Lukas sowie dem sechsjährigen Damian. So ganz nebenbei hat sie von 2012 bis 2014 den offenen Kurs am Waldhof, Langenthal, besucht und im Frühling des letzten Jahres den Abschluss zur Bäuerin mit Fachausweis gemacht. «Es war eine gute Zeit», erzählt sie am heimischen Küchentisch in Dotzigen. In vielen Gesprächen habe sie gemerkt, dass es in anderen Familien die gleichen und ähnlichen Probleme gebe. So mussten die junge Bäuerin und ihre Schwiegermutter Lotti zu Beginn erst einen gemeinsamen Weg suchen. Aber: «Wir haben uns gefunden», freut sich Martina Schaller. Sie darf jederzeit auf die Unterstützung der älteren Generation zählen. Sei dies im Haushalt oder beim Backen.
Backstube und Munimast
Die gelernte Konditorin- Confiseurin hat auf dem Hof eine eigene Backstube eingerichtet. Jeweils dienstags und donnerstags verarbeitet sie rund 15 Kilo Mehl zu Brot für den Märitstand vor dem Haus. Auf Bestellung stellt sie Desserts und Kuchen her. Und während sie erzählt, merkt man, das ist ihre grosse Leidenschaft. Das kann sie vom Fensterputzen wahrlich nicht behaupten, antwortet sie lachend nach der unbeliebtesten Tätigkeit gefragt. Nebst Kindern, Backen und Haushalt ist Martina Schaller für Teile der Büroarbeit zuständig. Während der Kartoffelernte ist ihre Mithilfe auf dem Vollernter gefragt, und auch die Helfer wollen verpflegt werden.
Pausen müssen sein
Den Betrieb haben Martina Schaller und ihr Mann Markus im Jahr 2010 von dessen Eltern Lotti und Hans übernommen. Sie betreiben Munimast und ziehen Kälber und Fresser auf. Daneben werden auf 35 Hektaren Kartoffeln, Mais, Zuckerrüben und Futtererbsen angebaut. Ehemann Markus führt ausserdem für die Gemeinde die Grünabfuhr und geht für die Burgergemeinde holzen. Die Tage sind lang bei Schallers. Und man glaubt es der bescheidenen Bäuerin aufs Wort, wenn sie sagt: «Ich habe mich fast nicht dafür, einfach hinzusitzen, und nichts tun». Dennoch hat sie gelernt auf ihren Körper zu hören und die nötigen Pausen einzulegen.
Gehen oder doch bleiben
Martina Schaller ist als Bauerntochter aufgewachsen, auch wenn ihre Familie keinen eigenen Hof besass. Der Vater war beim Landwirtschaftsbetrieb des Wohn- und Pflegeheims Frienisberg angestellt und für die Kühe und Aufzucht verantwortlich gewesen. Zusammen mit ihrem Bruder musste sie dem Vater viel zur Hand gehen. Das «fägte» besonders in der Pubertät nicht sonderlich. Vor allem, wenn die Freunde in die Badi fuhren und Martina auf dem Betrieb mithelfen musste, erinnert sie sich. Sie nahm sich vor, nie einen Landwirt zum Mann haben zu wollen. Einige Jahre später im Ausgang traf sie Markus Schaller. «Es war Liebe auf den ersten Blick», lacht die 33-Jährige. Als sie aber erfuhr, dass der junge Mann Bauer ist, kamen Zweifel. Gehen oder bleiben, war die Frage. Doch da Amors Pfeil bereits getroffen hatte, entschied sie sich fürs Bleiben und die junge Liebe nahm ihren Lauf. Auch wenn Martina Schaller eine Frohnatur ist und viel und gerne lacht, hat sie die Schattenseiten des Lebens bereits öfters kennengelernt. Die Geburt der Zwillinge wurde durch gesundheitliche Probleme ihrer Eltern und des Bruders überschattet. Nebst den Kindern auch im Elternhaus zum Rechten zu schauen, sei eine grosse Belastung gewesen. Heute weiss sie nicht mehr, woher sie die Kraft für alles nahm. «Ich habe einfach funktioniert». Geholfen hat ihr die Unterstützung homöopathischer Mittel. Martina Schaller hat gelernt, nicht mehr so streng und perfektionistisch mit sich selber zu sein und auch mal den Fünfer gerade sein zu lassen.
Kinderlachen gibt viel
Ausserdem sagt sie: «Ich spüre mich recht gut. Ich schaue auch darauf, genügend Schlaf zu bekommen ». Sechs bis sieben Stunden müssen es schon sein, erklärt sie. Um auch mal den Kopf zu lüften und Kraft zu tanken, geht sie mit einer Freundin Fahrrad fahren, Schwimmen oder Joggen. Und auch sonst bewegt sie sich mit den Kindern viel draussen. Nebst dem Backen ist es Kinderlachen, das der besonnen Frau viel Freude bereitet. So hilft sie mit, das Kinderturnen im Dorf zu leiten. Wenn es die mal Zeit zulässt, taucht sie gerne in einen Krimi oder Roman ab. Doch lange ruhen kann Martina Schaller nicht. Bereits haben sie und ihr Mann das nächste Projekt im Hinterkopf. «Mein Traum ist ein Hofladen», strahlt die Konditorin übers ganze Gesicht. Konkrete Pläne gibt es bereits. Doch etwas lässt die Bäuerin noch zögern, ob dies wirklich der richtige Schritt ist. «Schaffe ich das?», fragt sie sich. Zu denken gibt ihr eine Kollegin, die vom Typ her ähnlich gestrickt sei wie sie selber, und geradewegs in ein heftiges Burnout geschlittert ist. Soweit möchte es Martina Schaller nicht kommen lassen und nimmt sich deshalb genug Zeit für die Entscheidung. Auch wenn Ehemann Markus sofort Nägel mit Köpfen machen möchte.
So fröhlich die junge Bäuerin auch ist, etwas bringt sie sofort in Rage. «Hintenrumgeschnurre und Lügen mag ich gar nicht. Da kann ich auch anders und bin dann nicht mehr so freundlich», erklärt sie. Zu denken geben ihr die immer neuen Vorschriften in der Landwirtschaft. Sie ist sich bewusst, dass die finanzielle Lage ihrer Familie durch die meist stabilen Preise für die Munimast nicht so prekär ist wie andernorts. Trotzdem macht sie sich wegen den ständig sinkenden Lebensmittelpreisen Sorgen. Und dass der Zwischenhandel so viel Geld herauspicke, ist ihr zuwider und lässt den Blick etwas verdüstern. Doch es dauert nicht lange, und das Lachen ist wieder zurück. Andrea Wyss
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