«Man kann die Fischzucht auf dem Kundelfingerhof durchwegs als Traditionshandwerk bezeichnen», sagt Martin Junker. Er ist seit eineinhalb Jahren Geschäftsführer des Kundelfingerhofs. Bis vor acht Jahren wurde hier noch Landwirtschaft betrieben. Seit den 80er-Jahren hat man sich immer mehr auf die Fischzucht spezialisiert, die Gebäude umgenutzt und die Landwirtschaft schliesslich ganz aufgegeben. So wurden beispielsweise die Betonsilos abgerissen und die Fundamente zu Fischbecken umfunktioniert.


Nachhaltig produzierter Fisch schmeckt besser

Schon die Römer nutzten die Kundelfinger Quelle, die mit einer Leistung von 6000 Litern pro Minute noch heute die grösste Quelle in der Nordostschweiz ist. 1915 wurden die ersten Fischteiche angelegt, damals zur Forellenzucht. Heute schwimmen Saiblinge, Bach-, Lachs- und Regenbogenforellen in den Teichanlagen, die sich über eine Fläche von 3,5 ha erstrecken.

Die Teiche sind alle miteinander verbunden, gespeist werden sie durch zwei Quellen. «Das Wasser hat das ganze Jahr über dieselbe Temperatur, nämlich 8 bis 10 C. Die Fische wachsen im kalten Wasser langsamer, dafür hat das Fleisch eine bessere Qualität, es ist fester», erklärt Martin Junker. Der Hitzesommer 2015 hatte im Übrigen keinen Einfluss auf die Wassermenge. «Weil die Quelle so gross ist, werden wir die Auswirkungen erst in etwa anderthalb Jahren spüren.» Da­rauf sei man vorbereitet.  

Handarbeit von A bis Z


Bis ein Fisch auf dem Kundelfingerhof sein Schlachtgewicht von 350 bis 400 g oder mehr erreicht hat, dauert es bis zu zwei Jahre. 100 Tonnen Fisch pro Jahr verarbeiten Martin Junker und seine 22 Mitarbeiter, darunter auch ein Lehrling. Der Arbeitstag beginnt früh, jeweils zwischen 4 und 5 Uhr morgens. Samstags, wenn in Schaffhausen Wochenmarkt ist, steht der Marktfahrer sogar noch früher auf. Die Fische werden mit Zugnetzen eingefangen, danach elektrisch betäubt und mit einem Kiemenschnitt getötet. Dann werden sie ausgenommen, filetiert und weiterverarbeitet – alles von Hand.

Eine ganz besondere Delikatesse sind die heiss geräucherten Forellen im alten Steinofen. «Für diese Arbeit braucht es viel Geschick und Erfahrung», betont Junker. Er ist froh um seinen Räuchermeister, der diese Arbeit seit über 30 Jahren macht. Pro Ofenladung gehen 220 Forellen rein. Geräuchert wird im Normalfall vier Mal pro Woche, um Spitzenzeiten wie jetzt sind es sechs bis acht Mal. Das sind dann bis zu 1760 Forellen pro Woche.

Abnehmer der geräucherten Fische sind Coop (Region Ostschweiz), Restaurants in der Umgebung und Private. Bei den Frischfischen sind es Coop, die Migros, Volg und Private. Mit Coop als Hauptabnehmerin pflegt der Betrieb eine über zehnjährige Partnerschaft.    

Täglich frischen Fisch auf dem Tisch


Martin Junker ist ursprünglich gelernter Bankangestellter. Seine Leidenschaft für Lebensmittel habe er erst vor einigen Jahren entdeckt. «Fische haben mich allerdings schon als Kind fasziniert.» Sein erstes Sackgeld verdiente sich Junker mit der Zucht und dem Verkauf seiner Aquariumfische. Die Leidenschaft für den Fisch als Lebensmittel sei erst später gekommen.


Selbstverständlich gibt es bei Martin Junker auch zu Weihnachten Fisch. «Fisch ist mir noch nicht verleidet, auch wenn ich ihn täglich esse.» Denn auf dem Kundelfingerhof besteht der Znüni aus geräuchertem Fisch und Brot. «Wir machen den Qualitätstest jeweils gleich selber», sagt Junker schmunzelnd.

Stefanie Giger