Was sich jetzt in den Reben als Folge von teilweise intensiven Befall des falschen Mehltaus abzeichnet, ist eine kleinere Katastrophe. Der falsche Mehltau hat nicht nur die Blätter epidemieartig befallen, auch jungen Gescheine und Trauben sind betroffen und weisen massive Schäden auf. Das seit anfangs Juni sehr nasse und warmfeuchte Wetter hat beste Lebens- und Entwicklungsbedingungen für die gefürchtete Pilzkrankheit geschaffen. Diese hat nun grossflächig mit voller Wucht wie seit Jahrzehnten nicht mehr zugeschlagen. 

Ein trostloses Bild

In vielen Rebparzellen in den Ostschweizer Weinbaugebieten sieht es entsprechend nicht nur auf dem Laub, sondern auch bei den Trauben trostlos aus. Vom Pilz befallene Trauben sind bereits abgestorben und eingetrocknet. Oftmals ist gar der gesamte Behang betroffen, so dass es bereits Totalausfälle gibt. Dieser Befall hat die kommenden Ernteaussichten stark beeinträchtigt und man rechnet gesamthaft mit massiven Mindererträgen. Es sind auch gewisse Unterschiedene bei den Sorten zu beobachten. So zeigen sich der Räuschling oder gewisse Blauburgunder-Klone deutlich resistenter als Chardonnay oder Riesling Sylvaner.

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Explosionsartiger Ausbruch innerhalb einer Woche

Bereits am 28. Juni sprach der Oberhallauer Pflanzenschutzberater Hansueli Graf von einem Wechselbad von feuchter Hitze und kühlnassen Phasen, welche noch eine Woche mit weiteren  feuchtwarmen Phasen mit hoher Luftfeuchtigkeit und langer Blattnassdauer andauern wird. «Jetzt ist nicht der richtige Moment, auf Risiko zu gehen, denn die Pflanzenschutz-Saison dauert noch eine Weile», warnte er.

Eine Woche später sprach er dann bereits von einer sich anbahnenden Katastrophe. Mit den Pflanzenschutzmassnahmen stiess man rasch an Grenzen, denn wegen der Nässe konnten die Parzellen oftmals nicht mehr befahren werden. Auch die Bioproduzenten sind betroffen, weil sie zusätzliche Fahrten machen mussten.

 

Optimale Voraussetzungen

Die Sporen des falschen Mehltaus überwintern am Boden auf den abgefallenen Blättern. Sobald im Frühling sich die Sporen ausreichende erwärmt und befeuchtet sind, bilden die primären Sporangien Zoosporen, welche durch Regentropfen oder Wind freigesetzt und in Aerosolen auf die jungen Rebenblätter gelangen werden.  

Grundsätzlich erfordert eine Infektion ein Regenereignis mit einer Benetzungs-Dauer von 15 Minuten bis 2 Stunden und Temperaturen von 15 bis 25°C. Nach einer Inkubationszeit von 5 bis 6 Tagen sind die ersten Symptome erkennbar, sofern die Temperaturen zwischen 18 und 25°C liegen. Höhere oder auch tiefere Temperaturen können die Inkubationszeit deutlich verlängern.

Seit anfangs Juni scheinen nun diese Voraussetzungen voll gestimmt zu haben, so dass sich der falsche Mehltau  rasend schnell ausbreiten konnte. Jetzt mit dem Beginn des Weichwerdens bei den weissen Sorten sowie dem Farbumschlag bei den roten Sorten wird der Befall auf die Trauben ausgebremst, so dass sich für noch nicht befallene Traubenteile oder ganze Trauben das Risiko massiv abnehmen wird.

 

Grosse Unterschiede in einzelnen Parzellen

Es fällt auf, dass man bereits in einzelnen Parzellen oder auf kleine Distanzen beachtliche Unterschiede im Befall durch den falschen Mehltau sieht. Nebst Pflanzenschutzmassnahmen werden aber auch präventive Massnahmen zur Bekämpfung des falschen Mehltaus empfohlen. Dazu gehören ein Niedrighalten des Bodenwuchses, gut durchlüftete Traubenzonen, was mit einem gezielten Auslauben bewerkstelligt werden muss. Lagen mit einem frühen Sonneneintritt oder mit grösserem Windzug sind eher besser dran wegen des rascheren Abtrocknens.

Doch die aktuell überall anzutreffenden Schadbilder lassen aufhorchen und widersprechen teilweise diesen Theorien. Dies zeigt beispielsweise ein Parzelle in Trüllikon, wo gerade die gut unter den Blättern geschützte Trauben kaum einen Befall zeigen, aber nur wenige Meter entfernt gut ausgelaubte und durchlüftete Traubenzonen deutlich stärker befallen sind. Dabei wurden in der ganzen Parzelle dieselben Pflanzenschutzmassnahmen ausgeführt.

«Sauber ausgelaubte Trauben, welche direkt vom Regen getroffen und ständig nass geworden sind, haben mehr als andere im Bereich unter dem geschützten Laub gelitten», stellt der Truttiker Rebmann und Weinmacher Niklaus Zahner bei einer ersten Gesamtbeurteilung fest. Insbesondere zeigt sich auch, dass mehltauresistente Sorten (PiWi)  durchgebrochen sind. Auch bei solchen Sorten musste der Pflanzenschutz intensiviert werden, um den falschen Mehltau auf dem Laub wie an den Trauben in Schach zu halten, was aber auch nicht überall gelang.