BauernZeitung: Herr Emmenegger, welcher ist Ihr Lieblingskäse?
GUY EMMENEGGER: Bei mir im Kühlschrank hat es viele verschiedene Schweizer Käsesorten. Aber es hat immer ein Stück Emmentaler und ein Stück Gruyère.
Sie stehen seit der Gründung der Switzerland Cheese Marketing AG 1998 der Organisation als Präsident vor. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
EMMENEGGER: Ich leitete damals eine Arbeitsgruppe, die Vorschläge ausarbeitete, wie das Käsemarketing nach der Aufgabe der Käseunion weitergehen sollte. Unser Ergebnis war, dass es eine Organisation braucht, die sich nicht für einen bestimmten Käse, sondern für Schweizer Käse im Allgemeinen einsetzen sollte. Wir haben damals die Umkrempelung des gesamten Systems vorbereitet.
Was hat sich seither verändert?
EMMENEGGER: Ich beurteile es als positiv, dass heute alle Akteure am Markt sozsagen freie Unternehmer sind und dadurch selbständiger entscheiden können. Ebenfalls als positiv würde ich die Käsevielfalt bezeichnen, die seit dem Ende der Käseunion stetig zugenommen hat. Auf der anderen Seite ist es seit dem Ende der Käseunion für den einzelnen Landwirt schwieriger geworden. Früher hatte ein Milchbauer Abnahmesicherheit durch den Bund zu einem vorgegebenen Preis. Trotzdem war dieses statische System weder noch länger haltbar noch zeitgemäss.
Geht es um Grenzöffnungen, wird der Käsemarkt oft als gutes und als schlechtes Beispiel herangezogen. Ist die Liberalisierung des Käsemarkts aus Ihrer Sicht ein Erfolg oder ein Misserfolg?
EMMENEGGER: Insgesamt in einer Saldorechnung ist die Liberalisierung ein Erfolg. Natürlich ermöglicht es zu einem nicht unwesentlichen Teil die Verkäsungszulage, dass wir im internationalen Wettbewerb überhaupt wettbewerbsfähig sind. Man darf nicht vergessen, dass zu Beginn der Liberalisierung der Euro über Fr. 1.50 stand. Diese gute Ausgangslage hat sich seither konstant verschlechtert, aber vor allem seit Mitte Januar dieses Jahres.
Verstehen Sie auch Kritiker der Liberalisierung des Käsemarkts?
EMMENEGGER: Ja. Seit der Öffnung des Käsemarkts haben auch die Billigimporte stark zugenommen. Das ist natürlich die Kehrseite der Medaille. Vor allem die sogenannten anonymen Importkäse, die im Gastro- und Industriebereich eingesetzt werden, haben massiv zugenommen.
Sie haben stets betont, dass die dezentralen Strukturen der Käseproduktion in der Schweiz nicht für Massenproduktion geeignet sind. Auf welchen Märkten sehen Sie im Ausland die grössten Marktchancen?
EMMENEGGER: Grundsätzlich sind vor allem kaufkräftige Märkte für uns interessant, weshalb wir vor allem in Europa und den USA präsent sind. Nicht zu vergessen sind aber auch die asiatischen Länder oder Südamerika, wo wir bereits einige Erfolge verzeichnen konnten. Mit der zunehmenden Kaufkraftsteigerung in Osteuropa sind wir auch dort vermehrt aktiv geworden.
Durch das Freihandelsabkommen mit China hat man sich ebenfalls zusätzliche Absatzmöglichkeiten erhofft. Wie sieht es damit aus?
EMMENEGGER: China ist sicherlich ein potenzieller Exportmarkt. Dort streben wir den obersten Premiumbereich an. Gleichzeitig ist es ein Markt, der stark umworben ist. Das restliche Europa und auch Neuseeland kämpfen sehr aktiv für Marktanteile.
Und für welche Produkte sehen Sie die grössten Chancen?
EMMENEGGER: In erster Linie sind das sicherlich unsere traditionellen Produkte, die geschmacklich interessant sind, wie beispielsweise der Gruyère AOP. Aber auch andere Käse können erfolgreich sein. Es besteht ausserdem Potenzial für Schweizer Käse im tieferen Preissegment, wie z. . der Switzerland Swiss oder auch Mozzarella. Der Vorteil der günstigeren Schweizer Käse ist, dass sie unsere Premiumprodukte nicht konkurrenzieren.
Die SCM investiert rund 40 Prozent ihrer Mittel in den deutschen Markt. Das durchschnittliche verfügbare Einkommen in Deutschland steigt seit Jahren kontinuierlich an. Hat die SCM hier Gespür für einen potenziellen Markt bewiesen oder auf geografische Nähe gesetzt?
EMMENEGGER: Erfolg braucht auch immer etwas Glück. Wir beschliessen in enger Zusammenarbeit mit den Sortenorganisationen, welche Märkte die grössten Wachstumschancen haben. Deutschland war von der Kaufkraft her schon immer interessant für uns. Seit einiger Zeit und mit zunehmendem Importdruck sind wir aber auch in der Schweiz mit unserem Marketing aktiv. Es ist wichtig, die Schweizer zu animieren, Schweizer Käse zu kaufen.
Nach wie vor fokussiert die SCM stark auf die EU. Besteht dadurch ein Klumpenrisiko?
EMMENEGGER: Dieses Risiko wurde in der Strategie natürlich berücksichtigt. Trotzdem müssen wir uns mit unseren Premiumprodukten nach der Kaufkraft orientieren. Wenn wir in der SCM Geld wie Heu hätten, könnten wir natürlich verstärkt in anderen potenziellen Märkten aktiv sein. So müssen wir unsere Gelder halt sehr sorgfältig und gezielt einsetzen.
Die Auswirkungen der Aufhebung des Euro-Mindestkurses lassen nach wie vor auf sich warten. Gleichzeitig ist die Käseproduktion im März im Vergleich zum Vorjahr um 2,8 Prozent gestiegen. Sind die Absatzaussichten doch nicht so schlimm wie befürchtet?
EMMENEGGER: Zurzeit lässt sich das noch nicht abschätzen. Ich hoffe natürlich, dass es nicht so schlimm ist wie befürchtet. Es gibt dafür gewisse Indizien. Die Aprilzahlen zeigen, dass mehr Käse exportiert wurde als im April des Vorjahres. Gleichzeitig ist aber der Durchschnittswert tiefer als im letzten Jahr, d. h. die Preise konnten noch nicht erhöht werden. Im Herbst wissen wir sicherlich mehr.
Was planen Sie nach der Aufgabe Ihres Präsidiums der SCM?
EMMENEGGER: Ganz arbeitslos werde ich nicht sein. Ich werde sicherlich noch Mandate in meiner Kanzlei behalten. Die SCM verlasse ich mit einem weinenden Auge. Es war mir eine Herzensangelegenheit, mich für Schweizer Käse einzusetzen.
Interview Julia Schwery