«Wir haben die schmerzliche Pflicht, Ihnen den Tod von Pfarrer Ernst Sieber mitzuteilen. Unser Stiftungsgründer ist in der Nacht auf Pfingstsonntag 91-jährig verstorben», gaben am 20. Mai die  Sozialwerke Pfarrer Sieber bekannt.

Eher eine Party als ein Abschied

Am vergangenen Donnerstagnachmittag, 31. Mai,  fand die Abdankung im Zürcher Grossmünster im Kreise der Familie, mit Gästen aus Politik und Obdachlosen statt. Ernst Sieber hätte seine helle Freude an der Trauergemeinde gehabt, schreiben die Sozialwerke auf ihrer Website, mit Zwischenrufen und Jauchzern hätten Siebers Freunde von der Gasse ihre Verbundenheit zum Verstorbenen gezeigt. Sprayer zeigten ebenfalls ihre Solidarität mit dem Verstorbenen indem sie eine zürcher S-Bahn mit seinem Namen versahen.

Gestern Samstag fand im Platzspitzpark in Zürich eine zusätzliche eine Feier statt. Die Einladung dazu erinnert weniger an einen Abschied als an eine Party: «Street-Pastor-Parade? ... am 2. Juni im Platzspitz (14 Uhr) Erhebt euren Hintern und lasst uns ein Zeichen setzen, dass dieser Pfarrer wichtige Werte gelebt hat.» Als Dresscode wurde ein weisser Schal gefordert, denn Pfarrer Sieber tauchte in der Öffentlichkeit oft mit einem weissen Schal auf. 

Karriere als Bauernknecht gestartet

Ernst Sieber, geboren am 24. Februar 1927 in Horgen, begann seine berufliche Laufbahn als Bauernknecht im Welschland und absolvierte die landwirtschaftliche Schule Strickhof ZH, die er 1947 erfolgreich abschloss. 1950 erlangte er auf dem zweiten Bildungsweg die Matura. Er entschloss sich zum Studium der Theologie, das er 1956 beendete. Der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Pfarrer setzte sich unermüdlich für die Menschen am Rande der Gesellschaft ein. Von 1991 bis 1995 politisierte er für die EVP im Nationalrat.

Zu seinen beruflichen Werdegang sagte Sieber 2014 in einem Interview mit dem Mirgros Magazin: «Ich bleibe ein Knecht. Damit bin ich immer gut gefahren. Das Predigen hatte ich schon vorher bei den Kühen im Stall geübt.» Ebenfalls in diesem Interview verriet er, was dereinst auf seinem Grabstein stehen werde: «Kämpft weiter, ich habs heiter.»

Pfarrer E. Sieber war mit der Sängerin Sonja Sieber-Vassalli verheiratet und hat mit ihr vier eigene und vier angenommene Kinder grossgezogen.

Esther Thalmann