Die Käserei Biglen sucht einen Käser. Seit dem
1. Mai geht die Milch der 15 Lieferanten zu je einem Drittel nach Arni, Oberhünigen und Tägertschi. Bis dahin verkäste Beat Hehlen die 1,7 Mio kg Milch der Bigler. Aus gesundheitlichen Gründen ist ihm das aber künftig nicht mehr möglich.
Beat Schüpbach, Präsident der Käsereigenossenschaft, bestätigt auf Anfrage, dass die Stelle des Lohnkäsers mehrmals ausgeschrieben wurde. «Es konnte bislang kein geeigneter Kandidat gefunden werden», so Schüpbach. Die aktuelle Lösung mit den drei benachbarten Verarbeitern läuft bis Ende Jahr. Dann muss eine definitive Lösung her.
Die Wertschöpfung sollte im Dorf bleiben
Einer der Lieferanten ist Werner Habegger. Er hofft, dass sich ein Käser finden lässt. «Nach wie vor bin ich der Ansicht, dass wir im Dorf selber käsen sollten, um die Wertschöpfung in der Region zu halten», ist er sicher.
Immer wieder spreche man von regionaler Produktion und gebe diese schliesslich dann doch mit solchen Massnahmen auf. «Einkaufen kann man alles, um dies im Laden wieder zu verkaufen», ergänzt Habegger, aber das, was im Dorf selbst produziert werde, gehe verloren.
Die Welt hört nicht beim Käsehändler auf
Im Käsiladen werden neben dem Emmentaler AOP auch diverse Spezialitäten aus dem eigenen Käsekessi angeboten. 40 Prozent des Umsatzes im Laden werden durch eigene Produkte gemacht, wie Beat Hehlen der «BauernZeitung» mitteilt.
Das Angebot schätze die Kundschaft, ist Landwirt Werner Habegger sicher. Das glaubt auch Ernst Flückiger vom Inforama. Er hatte vor zwei Jahren als geistiger Vater das Projekt einer Regiokäserei in Zollbrück lanciert (wir berichteten). Dieses scheiterte allerdings.
Flückiger ist sicher: «Dort, wo innovative Milchverarbeiter und -produzenten erkennen, dass sie im gleichen Boot sitzen, haben die hochwertigen, einheimischen Produkte am Markt gute Chancen». Er sieht deutliches Potenzial. «Die Welt hört für viele beim Käsehändler auf, man muss aber weiterschauen», sagt er.
Das Dorf ist gut gelegen
Biglen ist seiner Ansicht nach strategisch gut gelegen, vor den Toren Berns, denkt er laut, da sollte es möglich sein, mit einigen Produkten direkt an den Markt zu gelangen. «In der EU sieht man viele gute Beispiele», führt der Standortleiter des Inforama Emmental in Bärau aus.
Und schliesslich brauche es gute Käser. «Und wenn diese fehlen, wird es dramatisch», so Flückiger. Dann fliesse die Wertschöpfung in der Tat aus der Region ab, denn: «Die grossen Milchverarbeiter holen die Milch in den Dörfen sicher ab, die Frage ist nur, zu welchem Preis?»
Es braucht mehr als eine 42-Stunden-Woche
Dass wenig Anreiz für einen Käser bestehe, in einen klassischen Käsereibetrieb einzusteigen, lässt Flückiger nur teilweise stehen. «Jeder Chef eines KMU-Betriebs kennt die 42-Stunden-Woche nicht. Als Unternehmer braucht es einfach mehr.» Allerdings glaubt er, dass der Funke bei vielen noch nicht übergesprungen ist, zudem fehle es an Innovationskraft.
Käsereigenossenschaftspräsident Beat Schüpbach spricht ähnlich. Er sagt sogar, die
Bauern in der Region hätten
es wohl verschlafen, rechtzeitig zu handeln. Bessere Beispiele seien aus dem Kanton Luzern bekannt. Dort hätten sich in Projekten kleinere Käsereien zusammengeschlossen, mit Erfolg, wie er sagt.
Mit dem Argument: «Unsere Käsi läuft noch, wir haben ja noch einen Käser», habe man
hier jeglichen Handlungsbedarf versäumt, obwohl man sich der prekären Situation schon lange bewusst ist, so Schüpbach.
Die Bauern im Dorf wollen weiter Milch produzieren
Noch könnte man in der Käsi von Biglen produzieren. Doch dafür braucht es einen Käser. Dieser fehlt. Bald wohl auch andernorts. Im Ursprungsgebiet des Grosslochkäses gibt es noch weitere Betriebe mit Handlungsbedarf. Noch kann die Bevölkerung von Biglen Käse aus dem Lager des Käsekellers kaufen.
Lässt sich kein Nachfolger für Beat Hehlen finden, geht die Milch definitiv weg. Sollte der Dorfladen geöffnet bleiben, werden in dessen Regalen keine Milchprodukte vom Käser aus dem Dorf mehr stehen. Die Bauern wollen aber alle an der Milchproduktion festhalten. Hier stellt sich dann die Frage: «Um welchen Preis?»
Simone Barth